War das schon alles?. Andrea Tuma
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Название: War das schon alles?

Автор: Andrea Tuma

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Секс и семейная психология

Серия:

isbn: 9783347072817

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СКАЧАТЬ Wir funktionieren weiter, zu leben haben wir aufgehört.

      Nach außen lassen wir uns nichts anmerken. Wie sollten wir schließlich diesen inneren Zustand anderen erklären, haben wir ihn doch selbst noch nicht richtig erfasst? Wer hat schon Verständnis für unser Unglücklichsein, wenn es uns doch äußerlich an nichts fehlt? Noch dazu, da wir selbst nicht verstehen, was mit uns gerade passiert. Also beißen wir die Zähne zusammen, setzen eine heitere Miene auf und hoffen, dass dieses unangenehme Gefühl wie ein Sommergewitter vorüberzieht.

      Verdrängen wir die innere Unzufriedenheit zu lange, versuchen wir, uns davon abzulenken oder sie zu ignorieren, greift irgendwann unsere seelische Führung ein. Bis dahin kann aber viel Zeit vergehen. Mit viel Aktivität im Außen und wenig Zeit für Innenschau gelingt es oft über Jahre, manchen sogar über Jahrzehnte, alle unerwünschten Impulse, Empfindungen und Fragen, die im Inneren auftauchen, zu unterdrücken. Der bewusste Wille scheint mächtiger zu sein als das Wollen der Seele. Über weite Strecken glauben wir felsenfest, dass alles in Ordnung ist und es keinen Grund zur Sorge gibt. Einzig die Tatsache, dass wir uns immer öfter ausgelaugt und erschöpft fühlen, stört ein wenig unsere Illusion vom glücklichen Leben, kostet es doch viel Energie, ständig innere Zustände und Bedürfnisse, bewusst oder unbewusst, zu verleugnen.

      Es mag einen Grund oder viele Gründe, einen Anlass oder mehrere Anlässe geben, die zur Umorientierung und Weiterentwicklung bewegen. Sie reißen uns aus der Trance der Routine. Es ist nicht mehr möglich, sich dagegen zu wehren, egal, wie stark unser Wille ist. Wir haben das Gefühl, diese äußeren Ereignisse würden uns völlig aus der Bahn werfen, und übersehen, dass wir schon lange nicht mehr in der Bahn waren.

      Plötzliche Wendungen in unserem Leben treffen uns im ersten Moment wie ein Schock. Völlig erstarrt sehen wir anfangs keine Perspektive, wie es weitergehen soll. Warten wir aber erst einmal ab, bis der erste Sturm sich gelegt hat, so können wir allmählich hinter die Kulissen des Offensichtlichen blicken und die Botschaft, die hinter den Ereignissen steht, erkennen. Wir verlieren beispielsweise den Job und damit ein ganzes Stück Sicherheit. Hinzu kommt ein Gefühl der Unzulänglichkeit und der Wertlosigkeit – in einer Gesellschaft, in der Leistung alles ist. Diese Kündigung könnte ein gemeiner Schachzug des Schicksals sein. Oder aber die Chance für eine berufliche Neuorientierung. Es ist unsere Wahl, wie wir den Ereignissen in unserem Leben begegnen.

      Gab es da nicht schon lange den Wunsch nach beruflicher Veränderung? Haben wir uns nicht nach einer Aufgabe gesehnt, bei der wir zeigen können, was alles in uns steckt? Träumen wir nicht schon seit Jahren von unserer eigenen kleinen Firma? Gedanken, die in der Vergangenheit immer wieder aufgetaucht sind und möglichst rasch wieder verdrängt wurden.

      Bei manchen Ereignissen und Entwicklungen finden wir schnell heraus, wohin das Leben uns führen will. Bei anderen offenbaren sich Sinn und Bedeutung nicht so unmittelbar. Oft vergehen Jahre, bis wir rückblickend erkennen, wozu etwas gut war. Und in manchen Fällen werden wir auch am Ende unseres Daseins noch keine Antwort haben. Letztlich geht es im Leben aber nicht darum, alles mit dem Verstand zu begreifen, auch wenn wir das gerne würden. Tief in unserem Inneren kennen wir die Wahrheit hinter den Dingen und Ereignissen. Ob sie uns bewusst wird, steht auf einem anderen Blatt.

      Die Seele möchte wachsen, sich entwickeln und entfalten. Dies kann sie vor allem dann, wenn Umstände dazu zwingen, uns mit unseren Ängsten auseinanderzusetzen. Erst wenn wir an Grenzen geraten, können wir die Erfahrung machen, wie wir diese kraft unserer essenziellen Energie überschreiten. Wir lernen aus diesen Erfahrungen, gewinnen Stärke und Selbstvertrauen, kommen in Verbindung mit dem großen Potenzial in uns, das viel zu oft brach liegt. Auf diese Weise sammeln wir Mut für den weiteren Weg. Auch wenn uns das in jenen Momenten oft nicht bewusst ist.

      Es liegt an uns, ob wir Rückschläge und Enttäuschungen als persönliche Demütigungen oder als Aufforderung betrachten, einen neuen Weg einzuschlagen. Verlässt uns der Partner oder die Partnerin, können wir uns ungeliebt fühlen und in Selbstmitleid baden oder es als eine Einladung sehen, endlich zu lernen, uns selbst zu lieben. Eine schwere Krankheit kann zur totalen Resignation führen, oder wir wachsen an der Erfahrung und nutzen die Phase eingeschränkter Leistungsfähigkeit, um unsere Lebensweise zu überdenken.

      Silvia, eine Kollegin von mir, hatte vor einigen Jahren einen schweren Autounfall. Ein Reifen platzte bei mehr als 100 km/h auf der Autobahn. Sie verbrachte fast zwei Monate im Krankenhaus und musste danach mehrere Monate in eine Rehabilitationsklinik. Sie war Alleinerzieherin von drei Kindern, arbeitete als Sozialpädagogin und versuchte sich nebenbei ein Standbein als Lebensberaterin aufzubauen. Der Vater der drei Kinder war schon vor Jahren samt Sekretärin nach Mallorca ausgewandert und weigerte sich, den vollen Unterhalt zu zahlen. Ihr neuer Partner war zwar sehr liebevoll, drückte sich aber prinzipiell vor jeder Verantwortung und Verpflichtung. Sie kümmerte sich um alles alleine und versuchte den Kindern nicht nur Mutter zu sein, sondern auch den Vater zu ersetzen. Alle Aufgaben im Haushalt erledigte sie selbst, daneben spielte sie Chauffeurin für die Kinder, brachte sie zu Freunden, holte sie vom Musikunterricht ab oder fuhr sie zur Tanzstunde. Danach ging sie noch mit dem Hund spazieren. Ihr Leben bestand ausschließlich darin, sich um andere zu kümmern und für andere da zu sein. Sie selbst blieb dabei völlig auf der Strecke. Am Ende leider im wahrsten Sinne des Wortes, nachdem sich ihr Wagen zweimal überschlagen hatte und im Straßengraben liegen blieb.

      Der Unfall zwang sie, sich, aber auch ihr Umfeld zu ändern. Sie konnte über lange Zeit keine einzige ihrer Pflichten erfüllen. Im Gegenteil, sie war auf die Hilfe anderer angewiesen. Sie begann ihr Leben zu reflektieren, beendete die Beziehung zu einem Mann, der nur auf der Sonnenseite des Lebens leben wollte, und forderte mehr Unterstützung und Selbstständigkeit von ihren Kindern, die teilweise ja schon fast erwachsen waren. Und weil sie gar keine andere Wahl hatte, lernte sie endlich auch, Freunde und Familie um Hilfe zu bitten. Heute sieht ihr Leben völlig anders aus. Sie ist nach eigener Aussage dankbar für die Lektion, die ihr das Leben erteilte. Im Nachhinein erkannte sie, dass es bereits vor dem Unfall viele Anzeichen für die Notwendigkeit eines Richtungswechsels gegeben hatte. Sie missachtete sie aber stets.

      Das ist sicher ein sehr drastisches Beispiel. Meist kommen die Impulse nicht mit einer solchen Wucht auf uns zu. Doch alle Krisen, Schicksalsschläge und Enttäuschungen haben eines gemeinsam: Sie sind Hinweise unserer Seele, dass etwas in unserem Leben nicht so läuft, wie es uns entspricht. Wenn wir nicht gezwungen werden, beginnen wir die Reise zu uns selbst oft gar nicht erst. Nicht bei Sonnenschein machen wir uns auf den Weg, sondern wenn es regnet. Solange alles in freundlichem Licht erstrahlt, denken wir, dass das Leben schon fix und fertig ist. Alles ist, wie es sein soll. Und am besten verändert sich nichts. Der Sinn unseres Lebens liegt aber nicht darin, es sich bequem zu machen und zu warten, bis die Zeit auf Erden abgelaufen ist. Deshalb scheint die Sonne nicht auf Dauer. Sie verschwindet aber auch nie dauerhaft. Und wie herrlich ist es, nach ein paar Regentagen die Sonnenstrahlen zu genießen.

       Wenn die Seele den Aufbruch einleitet

      Wer sich auf den Weg machen will, braucht Bereitschaft, Wille und Mut. Vor allem aber Vertrauen, dass, was immer entlang des Weges wartet, eine wichtige und wertvolle Erfahrung ist, die uns wieder ein Stück näher zum wahren Selbst bringt. Gerade dann, wenn wir meinen, keine Zeit und Energie für Veränderungen zu haben, ist der beste Zeitpunkt zu beginnen. Wenn wir in Umständen gelandet sind, die uns an unsere Grenzen gebracht, unsere Sicht auf die Welt erschüttert und uns klar und deutlich zu verstehen gegeben haben, dass es so, wie es war, nie wieder sein würde. Dann ist der Zeitpunkt des Aufbruchs gekommen.

      Der Wunsch der Seele nach einem deutlichen Richtungswechsel zeigt sich zuerst im Inneren. Am Anfang steht ein Gefühl. Ohnmacht, Überforderung, Frustration, Wut, Unruhe, Traurigkeit oder Leere, sie alle können eine innere Krise auslösen, die völlig unabhängig von äußeren Gegebenheiten allein auf eine Spannung zwischen dem Wollen der Seele und unserem bewussten Willen zurückzuführen ist. Alles, was vorher sicher erschien, ist nicht mehr sicher. Alles, was vorher klar war, ist nicht mehr klar. Eine СКАЧАТЬ