Название: Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten
Автор: John August
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Детские приключения
Серия: Arlo Finch
isbn: 9783401809021
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Wo findet man einen Atlas? Es war wie eines dieser sich um sich selbst drehenden Rätsel von Dad, so als würde man Wörterbuch in einem Wörterbuch nachschlagen.
Fox’ Quellen zufolge war der Atlas irgendwo in Fallbach. Darüber hinaus wusste Fox nur zu berichten, dass der Atlas angeblich von einer Eule und einer Schlange bewacht wurde. Aber handelte es sich dabei um Eule und Schlange im eigentlichen Sinn oder war damit eine Art Geist gemeint? Fox war sich nicht sicher.
»Vielleicht ist es eine Chimäre«, sagte Wu. »Ein Wesen, das halb Eule und halb Schlange ist.« Das brachte ihn auf eine Idee. »Die fressen beide Ratten, vielleicht können wir ihr also eine zu fressen geben und so an ihr vorbeikommen. Eine Ratte treiben wir schon irgendwo auf, wetten?«
Jaycee fehlte die Geduld für Wus Ideen. »Was redest du da? Wir fragen einfach. Irgendjemand wird schon wissen, wo er ist.«
»Und was, wenn sie es uns nicht verraten wollen?«, fragte Arlo.
Jaycee zuckte mit den Schultern. »Darum kümmern wir uns dann. Wir können nicht einfach rumstehen und uns über Sachen den Kopf zerbrechen, die noch gar nicht passiert sind.« Mit diesen Worten marschierte sie den Hügel hinab in Richtung Fallbach.
Bei der Planung dieser Expedition hatte sich Arlo gefragt, wie Jaycee wohl mit den Herausforderungen der Long Woods umgehen würde. Würden die Woods sie überwältigen? Würde sie durchhalten? Dabei hatte er nicht bedacht, wie gut seine Schwester auf solche Situationen vorbereitet war. Wie er war sie immer die Neue in der Schule gewesen, hatte sich immer schnell auf neue Regeln eingestellt. Sie war vielleicht noch nie in diesem verzauberten Wald gewesen, aber sie hatte sich in Philadelphia und Chicago zurechtgefunden. Sie war alleine nach China geflogen. Sie hatte mehr von der richtigen Welt gesehen als Arlo.
»Sie hat recht«, sagte Arlo zu Wu. »Das sehen wir dann.«
Arlo und Wu bedankten sich bei Fox und folgten dann Jaycee den Weg hinab in die Stadt. Als Arlo sich umdrehte, war Fox schon verschwunden.
Fallbachs Hauptstraße war nicht mehr als ein schmaler Streifen Matsch. Wackelige Häuser mit zwei oder drei Stockwerken beugten sich über die Straße, da und dort von Bohlenbrücken miteinander verbunden. Elektrische Kabel führten zu quietschenden Windrädern und zu mit Klebeband zusammengehaltenen Sonnenkollektoren auf den Dächern. Beidseits der Straße standen Karren und Tische, auf denen sich Essen, Waffen und Fundgut türmten. Arlo sah mechanische Schreibmaschinen, Eisenkreuze, Spanferkel, Zaubertrankgläser, mittelalterliche Lauten, ein Rechenbrett, Puppen, Handkreisel und ein Videospiel von Atari: E.T. – Das Spiel.
Die Anbieter und Käufer sahen allesamt menschlich aus, sämtliche Ethnien waren vertreten. Viele hatten Tiere bei sich: Hunde, Hühner, zweiköpfige Eidechsen an Leinen. Der größte Teil der Feilscherei fand auf Englisch statt, aber die Akzente ließen darauf schließen, dass nicht alle Muttersprachler waren.
»Wohnen diese Menschen hier?«, fragte Wu.
»Einige schon, denke ich«, sagte Arlo. Mithilfe der wenigen auffindbaren Schriftstücke über die Long Woods hatte er zwischen den Longborns – Leuten, die in den Long Woods geboren waren – und jenen unterscheiden gelernt, die erst später im Leben hergekommen waren, den Streichern. Fallbach war offensichtlich die einzige dauerhafte Niederlassung in den Long Woods, sodass es zu einem Zentrum für den Handel geworden war – dem legalen und dem anderen.
Allmählich wurde das Gedränge so groß, dass Arlo kaum noch seine Wanderschuhe sehen konnte.
»Hütet euch vor Taschendieben«, warnte Jaycee.
Arlo spürte, dass etwas an seinem Rucksack zerrte. Er wirbelte herum und sah eine weißhaarige Frau mit braunen Zähnen, die in neun Richtungen zeigten. Sie stürzte sich auf ihn und schnupperte an seiner Jacke.
»Du bist in der Nähe eines Geists gewesen!«, zischte sie. »Einem mit Pelz. Ich kann ihn an dir riechen.« Ihre Augen hatten unterschiedliche Farben, Grün und Braun, so wie seine. Sie ist auch ein Tooble, wurde Arlo klar.
Jaycee drängte sich zwischen sie. »Hau ab! Weg!«
Das alte Weib wich nicht zurück. »An dir ist er auch. Immer noch warm! Muss ganz nah sein. Wo ist er?«
Arlo sah schnell die Straße entlang zur Anhöhe hinauf, wo sie Fox zurückgelassen hatten. Die alte Frau folgte seinem Blick. Sie lächelte und pfiff dann durch die Zähne. Plötzlich waren zwei jüngere Frauen in schmuddeligen Kapuzenpullis bei ihr. Ihre Töchter?, fragte sich Arlo.
»Holt eure Käfige, Mädchen. Es gibt Beute.« Damit bahnten sich die drei Frauen ihren Weg durch die Menge aus der Stadt.
»Sollen wir Fox warnen?«, fragte Wu.
»Er hat gesagt, dass er nicht bleiben würde«, antwortete Arlo. »Er kommt klar.« Arlo sagte das mit einer Zuversicht, die er eigentlich nicht hatte. »Kommt schon. Wir müssen die Eule und die Schlange finden.«
»Ich kann euch hinbringen«, erklang es hinter ihnen mit schwacher Stimme. »Die Eule und die Schlange. Ich bringe euch hin.«
Die Stimme gehörte zu einem jungen Mädchen, das so winzig war, dass Arlo es zuerst gar nicht bemerkt hatte. Sie konnte nicht älter als fünf sein. Sie trug einen Schlafanzug mit Zeichentrickautos, rosafarbene Regenstiefel und eine Strickmütze der Cleveland Browns, die den größten Teil ihres glatten schwarzen Haares bedeckte.
»Du weißt, wo sie sind?«, fragte Arlo. »Die Eule und die Schlange?«
Bevor das Mädchen antworten konnte, fragte Wu: »Ist es eine Chimäre? Halb Eule und halb Schlange?«
Das Mädchen wirkte auf einmal verwirrt.
»Hör zu«, sagte Jaycee. »Du kriegst von uns einen Schokoriegel, wenn du uns zu ihnen bringst.« Die Augen des Mädchens leuchteten.
»Es ist mehr ein Protein- als ein Schokoriegel«, sagte Wu.
Jaycee warf ihm einen wütenden Blick zu und er fuhr eilig fort: »Aber sie sind gut. Sie schmecken echt wie Schokoriegel.«
Arlo richtete seine Aufmerksamkeit ganz auf das Mädchen. »Kannst du uns zu der Eule und der Schlange bringen?«
Das Mädchen griff nach Arlos Hand und zog ihn voran. Sie war flink und schlängelte sich mühelos durch die Menge. Arlo sah sich mehrere Male um, um sicherzugehen, dass Jaycee und Wu auch Schritt hielten.
Sie verließen die Hauptstraße und tauchten in eine schmale Gasse ein. Es roch nach Kochfett und der Rauch brannte in seinen Augen. Plötzlich hielt das Mädchen vor einer schief in den Angeln hängenden Tür. Sie waren keine fünfzig Meter weit gegangen.
»Hier«, sagte sie und deutete auf die Tür.
»Hier wohnen die Eule und die Schlange?«, fragte Arlo. »Dadrin finden wir sie?«
Das konnte nicht stimmen. Selbst für Fallbach-Verhältnisse sah das Gebäude heruntergekommen aus. Ein stark tätowierter Mann mit Erbrochenem im Bart lehnte bewusstlos an der Wand, neben ihm lagen menschliche Zähne im Dreck. Hinter der СКАЧАТЬ