Название: Ende offen
Автор: Peter Strauß
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежная публицистика
isbn: 9783347020290
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Kapitel 3.4: Wettbewerb ist ein Prinzip der Natur. Der entfesselte Wettbewerb aber ist zerstörerisch. Zusammenarbeit ist der bessere Weg.
Kapitel 3.5: Bei der Globalisierung wird mit zweierlei Maß gemessen. Im weltweiten Maßstab haben wir heute ein System, das dem bei uns im neunzehnten Jahrhundert entspricht: Die Großbürger (der Westen) lebt auf Kosten der Arbeiter (die für uns produzierenden Länder). Unsere Arbeit im Westen wird durch Gesetze geschützt, während die Arbeiter in den uns beliefernden Ländern wie Sklaven gehalten werden. Wir laden unsere Probleme dort ab, wo sich keiner dagegen wehren kann.
Kapitel 3.6: Banken leisten nur mittelbar etwas für die Gesellschaft, indem sie Geschäfte ermöglichen. Ihr Eigenhandel und ihre Möglichkeit zur Geldschöpfung nützen nur ihnen selbst.
Kapitel 3.7: In den Neunziger Jahren glaubten wir, Privatisierung und Deregulierung seien die Patentrezepte für mehr Wohlstand für alle. Heute beginnen wir zu erkennen, dass der Neoliberalismus erheblich zur Ungleichverteilung beigetragen hat.
Kapitel 3.8: Nahezu jedes Leben ist ein Leben auf Kosten anderer. Jeglicher Reichtum beruht auf der Armut anderer. Reiche und Großkonzerne haben Verdienstmöglichkeiten, die der Durchschnittsbürger nicht hat.
Kapitel 3.9: Die Verteilung des Geldes über die geleistete Arbeit hat ausgedient. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte haben wir die Möglichkeit, weniger zu arbeiten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen stellt eine große Chance für einen Systemwechsel dar.
Kapitel 3.10: Wir kultivieren unsere Gier, messen alles in Geld und wundern uns nun, dass keine faire, moralische, wohlwollende Welt entsteht, in der alle zusammenarbeiten.
Kapitel 3.11: Es gibt immer mehr Regeln. Diese erzeugen aber nicht mehr Gerechtigkeit, sondern meist nur mehr Bürokratie. Viele Systeme, die unser Leben bestimmen, bestehen seit dem Zweiten Weltkrieg unverändert. Strukturen, die vor siebzig Jahren passend waren, sind mittlerweile überholt.
Kapitel 3.12: Dasselbe gilt für unsere Demokratie. Wir ersticken in einem statischen System und sollten uns überlegen, wie unser Staat an unser heutiges Leben angepasst werden kann. Auch können wir unser Staatssystem weiterentwickeln, weil die Bürger heute mündiger sind als zu Zeiten, als das Grundgesetz entstand. Dazu gehört, dass wir uns mehr für unsere Interessen einsetzen müssen. Die Zeiten, in denen der Staat für uns alles regelte, sind vorbei.
Kapitel 4: Wir haben die Verantwortung für unser Handeln und sind vielleicht zum ersten Mal in der Lage, unsere Welt mit all unserem Wissen besser zu gestalten.
Kapitel 4.1: Unser intensives Selbst-Bewusstsein, das uns von den Tieren unterscheidet, hat uns von der Herrschaft der Triebe und des Instinktes befreit. Wir nehmen uns als Urheber unserer Handlungen wahr. Sowohl diese Freiheit als auch die Verantwortung können wir nicht mehr abgeben. Unsere Fähigkeit, uns in Hierarchien einzuordnen, hängt ebenso mit diesem Wandel der Denkstrukturen zusammen wie unsere Religiosität. Nach der Bewusstwerdung traten äußere Instanzen wie Götter, religiöse Führer und lokale Herrscher an die Stelle des früher lenkenden Instinkts.
Kapitel 4.2: Wir haben mehr Möglichkeiten, als man uns glauben machen will. Die Welt ist nicht alternativlos, und sie ist auch nicht die beste aller möglichen Welten.
Kapitel 4.3: Die Individualisierung hat uns in Entfremdung und Anonymität geführt, aber der Höhepunkt ist überschritten. Unser Ziel ist Individualität in Gemeinschaft.
Kapitel 4.4: Wir können Entwicklungen bremsen oder beschleunigen, indem wir Erkenntnisse verbreiten und die richtigen Themen in den Fokus rücken. Bisher gestalten wir unsere Reifung kaum, sondern lassen sie geschehen. Das birgt das Risiko, dass uns unsere Technologie über den Kopf wächst.
Kapitel 4.5: Wir sollten die Bildung und Reifung aller Menschen weltweit fördern. Der Fokus sollte auf den Kindern liegen, denn sie sind die erste Generation, die ohne den Schatten der alten, falschen Werte aufwachsen kann.
Kapitel 4.6: Oft sehen wir uns als die Familie Müller, die Deutschen, die Angestellten oder die Mittvierziger, weil die Evolution uns Anlagen für das Leben in Gruppen mitgegeben hat. Die Erkenntnis, dass wir eine geeinte Menschheit sind, kann über unser Fortbestehen entscheiden.
Kapitel 4.7: Zusammenarbeit ist die Zukunft, und Hierarchie wird dazu immer weniger benötigt. Wir werden kaum noch urteilen. Grundlage dafür ist ergebnisoffene, ehrliche Kommunikation.
Kapitel 4.8: Anders als früher muss und wird eine zukünftige Systemveränderung friedlich verlaufen – weil wir reif dafür sind. Wir werden auch heute unlösbar erscheinende Probleme lösen – weil wir reifer werden und sich unsere Werte ändern.
Kapitel 4.9: Falls wir in fünfhundert Jahren noch existieren, wird vieles anders sein. Wir können viel mehr erreichen, als wir denken.
2 Welzer, 2018
3 Munition und Giftgas auf dem Meeresgrund, gesunkene Atom-U-Boote, neue Kriegsgefahren, der weltweit zu beobachtende „Rechtsruck“, Beschleunigung des Klimawandels durch Schmelzen allen Eises und Methaneises, Mikroplastik in der Nahrungskette, vergiftetes Grundwasser durch Überdüngung der Äcker.
4 https://ourworldindata.org, abgerufen am 23.02.2019
5 Klein, 2013: „Weil die Evolution sehr langsam ist, das Tempo der Zivilisation dagegen rasant. […] In einigen Punkten mögen wir uns biologisch angepasst haben, aber die Steinzeit steckt uns weiterhin in den Knochen.“
6 Mit dem Begriff Steinzeit meine ich hier den Zeitraum des Pleistozäns, der vor zweieinhalb Millionen Jahren begann und mit der Sesshaftwerdung und der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht etwa 1 1.500 v. Chr. endete.
7 Schmidbauer, 1972, S. 89: „Doch wenn auch Lernfähigkeit und Einsicht die Steuerungsfunktion der Instinkte übernommen haben, bleiben doch die emotionalen Kategorien des menschlichen Erlebens bis heute von der Adaptation [sic] an die kleinen, besitzlosen Gruppen der Jäger und Sammler geprägt.“
8 Ich setze „Erziehung“ in diesem Buch durchgängig in Anführungszeichen, weil ich nicht der Ansicht bin, man müsse an Kindern ziehen, damit etwas aus ihnen wird. Daher will ich dieses Wort nicht so gebrauchen. Ähnliches gilt für das Wort „beibringen“, wenn man es im ursprünglichen Wortsinn betrachtet. Sie drücken den Zynismus aus, mit dem „Erziehung“ und Schulunterricht früher meist stattfanden. Wenn wir nicht mehr „Neger“ oder „Mohr“ sagen, sollten wir aus denselben Gründen auch die Worte „beibringen“ und „Erziehung“ nicht mehr benutzen.
9 Schmidbauer, 1972, S. 10
10 Dieser Satz geht möglicherweise auf einen Ausspruch von Abraham Lincoln (1809 - 1865, 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika) zurück: "Wenn ich acht Stunden Zeit hätte um einen Baum zu fällen, würde ich sechs Stunden die Axt schleifen."
2 Woher wir wirklich kommen
Wir haben oft den Eindruck, ohne unsere technischen Errungenschaften wären wir kaum überlebensfähig. Das ist nicht richtig, denn wir wären längst ausgestorben, wenn wir nicht an unsere Umwelt angepasst wären. Wir sind nicht unzulänglich und müssen nicht dauernd verbessert werden. Wir sind für diese Welt richtig und ohne Hilfsmittel vollständig lebensfähig – allerdings nur im steinzeitlichen Zustand und unter den damaligen Umständen. Wir sind nicht an das Leben in einer Zivilisation СКАЧАТЬ