Название: Ende offen
Автор: Peter Strauß
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежная публицистика
isbn: 9783347020290
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Wir brauchen eine koordinierte Veränderungskultur, die uns als Gemeinschaft versteht. Wir haben jahrzehntelang darauf gesetzt, dass der Egoismus der Einzelnen im Zusammenspiel auf den Märkten alles regulieren werde. Heute zeigt sich, dass dies nicht funktioniert. (Das erläutere ich in Teil 3 des Buches.) Die Menschen sind gut beraten, den Rückstand auf den anderen „Wissensgebieten“ aufzuholen.
Unsere Staatssysteme zielen auf die Schaffung von Rahmenbedingungen für den technologisch-wirtschaftlichen Fortschritt. Es könnte eine neue Aufgabe für Regierungen sein, mit mindestens derselben Intensität die geistig-soziologische Weiterentwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft zu fördern. Jetzt wird der eine oder andere Leser einwenden, dass eine höhere Gewichtung geistigen Wachstums Geld kostet, das wir nicht für andere Dinge ausgeben können, und wir daher die Veränderung nicht angehen sollten, weil sie unser Wirtschaftswachstum gefährde. Ja, eine solche Entwicklung kostet Geld und damit einen Teil unseres jetzigen und teilweise vermeintlichen Wohlstandswachstums. Und es verhält sich wie mit jeder anderen Investition: Zuerst kostet sie Geld, und in der Zukunft wird sie sich auszahlen. Zu kurz gedacht klingt der Einwand: „Ich habe keine Zeit, die Axt zu schärfen, weil ich Holz hacken muss.“10
Wir denken kurzfristig
Wir sind in unserem Empfinden sehr im Jetzt verhaftet und vergessen dabei, in wie vielen Belangen eine Zukunft anders aussehen könnte als die Gegenwart. Täten wir das, so würde sich die scheinbare „Alternativlosigkeit“ der heutigen Zeit stark relativieren.
In früheren Zeiten kam es häufiger vor, dass Menschen über ihre Lebensspanne hinaus dachten und planten: Michelangelo arbeitete bis zu seinem Tod maßgeblich am Petersdom und plante den halbfertigen Bau noch einmal komplett um – fertiggestellt wurde er erst eine Lebensspanne nach seinem Tod. Die Zusammenhänge des damaligen Lebens hatten gegenüber den heutigen nicht nur Nachteile. Die größere Beständigkeit hat auch Großes hervorgebracht. Derartig langfristig angelegte Projekte sind in unserer Gesellschaft zurzeit nicht denkbar.
Chancen
Wenn es uns in fünfhundert Jahren noch gibt, haben wir eine große Chance, dass wir als Menschheit in Frieden zusammenleben, ohne Hunger, Armut, Ausbeutung, Zerstörung und Kriege. Dies ist durchaus in Reichweite, wenn es uns gelingt, unsere falschen Verhaltensweisen mit der Zeit abzulegen und unsere Gesellschaft so zu strukturieren, dass unsere menschlichen Eigenarten keinen Schaden anrichten können. Das beinhaltet, dass wir jede Neuerung daraufhin prüfen, ob sie materiellen, moralischen, psychologischen oder soziologischen Schaden nach sich ziehen kann. Täten wir das konsequent, so würden wir vollständige Nachhaltigkeit erreichen. In Romanen und Filmen wird die ferne Zukunft häufig derart dargestellt und erscheint uns glaubwürdig.
Mein Eindruck ist, dass einerseits vielen von uns bewusst ist, dass wir etwas ändern müssen, wenn wir langfristig als Menschheit überleben und den Planeten erhalten wollen. Ich denke, viele stellen sich die ferne Zukunft so vor, dass wir dann alle Abfälle vollständig recyceln, keine Rohstoffe mehr abbauen müssen und vollständig mit regenerativer Energie leben. Vermutlich glauben auch viele, dass Hunger und Armut spätestens in einigen Jahrhunderten abgeschafft sein werden und wir langfristig den ärmeren Ländern zu mehr Wohlstand verhelfen können. All das halte auch ich für möglich. Andererseits besteht kein direkter Bezug zwischen dieser Annahme und unserem Handeln in der heutigen Zeit. Die von uns erhofften Veränderungen werden nicht „einfach so“ kommen, wenn wir weiterleben wie bisher. Wenn wir an eine bessere Zukunft glauben, müssten wir jetzt anfangen, die Weichen dafür zu stellen.
1.4 Zusammenfassung des Buches
Der Umfang des vorliegenden Buches rührt von dem ehrgeizigen Anliegen her, die komplexen Zusammenhänge zu schildern, die unser Leben und unsere Zukunft bestimmen. Diese wollte ich nicht unzulässig vereinfachen. Damit Sie immer den „roten Faden“ behalten, nenne ich Ihnen im Folgenden die zentralen Gedanken der einzelnen Abschnitte.
Kapitel 2.1: Unsere Vorherrschaft auf dem Planeten ist eine Tatsache, aber nicht zu rechtfertigen. Wir sollten danach streben, unseren „Fußabdruck“ zu minimieren.
Kapitel 2.2: Die Suche nach Glück und die Vermeidung von unangenehmen Gefühlen lenkten uns in der Vorzeit im Sinne der Arterhaltung. Unsere Eigenschaften, die wir heute negativ oder positiv bewerten, sind von der Evolution erzeugt worden und in ihrem Sinne richtig. Den Erfordernissen unseres heutigen Zusammenlebens sind sie allerdings oft nicht mehr angemessen.
Kapitel 2.3: Gier ist natürlich, doch ihre Wirkung hat sich durch die Veränderung unserer Lebensgewohnheiten, unsere Kultur und Gesellschaft stark gewandelt. Durch die Möglichkeit des Besitzes führt Gier zu Macht. Diese wird früher oder später immer missbraucht – in der Politik wie in der Wirtschaft.
Kapitel 2.4: Mangelndes Urvertrauen, Rastlosigkeit und Unverbundenheit sind typische Merkmale vieler Menschen in der westlichen Zivilisation. Dies ist Resultat einer gewachsenen „Erziehungs“kultur, die bereits im Kleinkindalter vieles von dem zerstört, was wir zum Leben brauchen.
Kapitel 2.5: Unsere stark ausgeprägte Aggressivität ist nicht „böse“, sondern hat den Zweck der Arterhaltung. Liebesfähigkeit und Aggressivität sind untrennbar miteinander verbunden. Dennoch kann unsere hohe Aggressivität zu einer Sackgasse der Evolution werden.
Kapitel 2.6: Rechtsradikalismus, Ausgrenzung und die Suche nach Sündenböcken sind Ausdruck eines fehlgeleiteten Revierverhaltens und sind vielfach instrumentalisiert worden. Was können wir als Gesellschaft tun, um diesen Tendenzen Einhalt zu gebieten?
Kapitel 2.7: Gewalt sät Gewalt. Ein Krieg ist nicht vorbei, wenn der Friedensvertrag geschlossen wird. Die Folgen wirken nicht über Jahrzehnte nach, sondern über Jahrhunderte. Traumatisierungen werden dabei mittels „Erziehung“ auf die nächsten Generationen übertragen. Aggressivität und Gewalt dienen in Krisenzeiten der Arterhaltung, aber sie verhindern Differenzierung und damit das Erreichen einer höheren Entwicklungsstufe.
Kapitel 2.8: Unsere geistige Entwicklung hat uns Bewusstsein und Individualität gebracht, aber auch das Mitgefühl gestärkt. Der letzte große Entwicklungsschub begann mit der Renaissance und hat zu unserer heutigen Gesellschaft geführt. Grundlage war die Verbreitung der Erkenntnis von Ursache und Wirkung. Dies hat nicht nur unsere Technologie ermöglicht, sondern auch zu großen Verwerfungen geführt – in der Psyche jedes Einzelnen. Die Individualisierung hat zu Entfremdung geführt und hatte ihren Höhepunkt in den Weltkriegen.
Kapitel 2.9: Alle unsere Eigenschaften erfüllen einen Zweck. Wir sind von Natur aus richtig. Wir müssen nicht verbessert werden, um lebensfähig zu sein. Wir tun nichts grundlos. Statt Handlungen anderer als gut oder böse zu bewerten, sollten wir sie zu verstehen versuchen. Wir machen Fehler. Wir sind verschieden. Erlaubt ist, was keinem schadet. Wir sind auf dem Weg zur Freiheit.
Kapitel 3: In unserer Zeit haben sich eine Menge Missstände angesammelt, die wir beseitigen sollten, weil sie sonst uns beseitigen.
Kapitel 3.1: Unser Energie- und Ressourcenverbrauch ist immens. Die Maßnahmen zur CO2-Reduktion greifen viel zu kurz. Unsere Wirtschaft setzt nach wie vor auf Transporte. Wir verbrauchen jegliche Natur um uns herum. Dies können wir nicht unbegrenzt so weiter betreiben.
Kapitel 3.2: Wir können unseren Wohlstand steigern und die Umwelt und die Ressourcen schonen, indem wir weniger wegwerfen. Nebenbei müssen wir dann auch weniger arbeiten.
Kapitel 3.3: Wirtschaftswachstum СКАЧАТЬ