Wild. Ella Blix
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Название: Wild

Автор: Ella Blix

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Детские приключения

Серия:

isbn: 9783401808857

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СКАЧАТЬ Armband, tat, als müsste sie sich die Schuhe zuschnüren und stopfte die Uhr in ihre linke Socke. Wenigstens etwas, dachte sie.

      Flix

      Der Geruch ging gar nicht. Kaum dass er die Tür geöffnet hatte, hielt er die Luft an. Erst nach einer Weile atmete er vorsichtig wieder ein. Obwohl die Hütten erst im letzten Sommer renoviert worden waren, roch es nach jahrzehntelang ungelüftetem Keller, nach ganz hinten im Kühlschrank vergessenem Joghurt und feuchter Traurigkeit. Es roch nach organisierten Jugendfreizeiten und Heimweh. Diese Hütte hatte eindeutig zu viel erlebt und zu wenig davon verarbeitet.

      Es kostete ihn Überwindung, einzutreten und die Tür loszulassen, die sich sofort knarrend hinter ihm schloss. Er ließ den Rucksack fallen und verschränkte die Finger ineinander, drehte die Handflächen nach vorne und drückte, bis es knackte.

      Draußen auf der Lichtung brannte die Sonne und alles badete im Licht. Hier drinnen war es dunkel. Reflexartig tastete er nach dem Lichtschalter, und als er keinen fand, fiel es ihm wieder ein: In den Schlafhütten gibt es keinen Strom. Das hatte im Infobrief gestanden.

      Nur durch das Fenster gleich neben der Tür drang etwas Licht nach drinnen – und durch ein weiteres helles Viereck gegenüber der Tür. Ein weiteres winziges helles Viereck. Mit wenigen Schritten durchmaß er den Raum und riss das Fenster auf, das eine uneingeschränkte Aussicht auf … den Wald bot. Kurz sah er hinaus, dann lehnte er sich enttäuscht an die Wand neben dem Fenster. Was hatte er erwartet? Seeblick?

      Als seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, inspizierte er den Rest des Raumes. Direkt neben ihm gab es eine weitere, kleinere Tür, die höchstwahrscheinlich zum Klo führte. Er wollte sie noch nicht öffnen, noch nicht herausfinden, was genau das Wort Komposttoilette, das Frau Jorek stolz und gleich mehrfach benutzt hatte, eigentlich bedeutete. Es klang nach einem riesigen Misthaufen.

      Okay, weiter.

      Drei Betten. Schön verteilt an drei Wänden. Über jedem hing ein Regal, am Fußende stand eine Art Hocker Schrägstrich Nachttisch Schrägstrich Keine-Ahnung-Was.

      Es dauerte einen Moment, ehe er begriff, dass die Zimmerwand, an der er gerade lehnte, eine exakte Kopie derer war, auf die er schaute. Ein Bausatz, dachte er hämisch. Hausbau für Anfänger. Anfangswand: Tür links, Fenster rechts, zwei Seitenwände, Endwand: Tür links, Fenster rechts. Dach drauf. Klokabuff außen dran. Fertig.

      »Richte dich schon mal ein«, hatte Frau Jorek gesagt, nachdem sie ihn nach einer ewigen Wanderung hier abgestellt hatte. »Ich muss die anderen holen.«

      Die anderen. Die musste sie wahrscheinlich nicht am Bahnhof einsammeln, die wurden bestimmt von ihren Eltern gebracht. Als Flix seinen Vater gefragt hatte, ob er ihn fahren würde, hatte der die Zeitung gesenkt und gelacht. »Als ob ich dafür Zeit hätte!« Und, während er die papierne Buchstabenmauer wieder zwischen ihnen errichtete: »Du hast dir das eingebrockt, mein Sohn, jetzt sieh zu, wie du dich da wieder rauslavierst.«

      Sein Vater benutzte dauernd solche Worte. Evaluieren, präferieren, rauslavieren. Hauptsache, es klang wichtig.

       Richte dich schon mal ein.

      Als könnte man sich in diesem Klonding einrichten.

      Er sah erneut aus dem Fenster. Bäume, Bäume, Bäume, so weit das Auge reichte, und hier drinnen – offenbar damit man keine Sekunde lang vergaß, wo man war – bestand auch alles aus Baum. Die Betten: aus Baum. Der Tisch: aus Baum. Die komischen Stühle, die eher Stämme mit Lehne waren und so wuchtig aussahen, dass sie sich garantiert keinen Millimeter verschieben ließen: Baum. Und nicht zu vergessen: die Baukastenwände. Er legte den Kopf schief. Wie viele Bäume ergaben eine Wand, wenn man sie übereinanderstapelte und an den Ecken miteinander verzahnte?

      Sechs Wochen. Hier!

      Allein der Name des Camps: Feel Nature. Pseudo-Wellness-Psycho-Mist!

      Er sog die warme Waldluft ein, die durch das Fenster neben ihm hereinströmte. Ja gut, das roch nicht schlecht, nach Gras und so, trotzdem hätte er viel dafür gegeben, jetzt Smog zu riechen. In Berlin zu sein, an seinem eigenen Fenster zu stehen, das acht Meter höher lag als dieses hier, unter sich die pulsierende Leipziger Straße, das Rauschen der Autos, das Kreischen der Alarme. Stattdessen das hier.

       Feel Nature.

      Natur brauchte er nicht, sie machte seinen Kopf zu voll – all das Grün und Braun und die Vögel hinderten ihn am Denken. Und fühlen wollte er sie erst recht nicht. Vor allem nicht in Form von muffigen Holzhütten und schon gar nicht in Form von Insekten.

      Er hasste Insekten. Spinnen besonders, auch die durchsichtigen mit den killerlangen Beinen, wie die, die über dem Bett neben der Eingangstür lauerte.

      Dieses Bett wäre seine erste Wahl gewesen, es stand in perfekter Position, um schnell abhauen zu können. Wer wusste schon, mit was für Schlägertypen sie ihn hier einquartierten. Aber gut. Eher würde er sich den Weg notfalls freiprügeln, als unter einer Spinne schlafen. Er entschied sich für das Bett an der rechten Wand, dessen Kopfende gleich unter dem zweiten Fenster lag.

      Mit dem Fuß kickte er seine Sporttasche mit allem, was die Inspektion durch Frau Jorek überstanden hatte, in Richtung Bett, lief hinterher und ließ sich auf die Matratze fallen. Die war überraschend bequem und schien, immerhin, neu zu sein. Na, nicht ganz neu. Aber da er erst in der zweiten Gruppe war, die dieses bescheuerte Resozialisierungsprojekt aufgedrückt bekommen hatte, war die Chance groß, dass die Matratze noch nicht durchsuppt war von Schweiß und Gestank und anderen Dingen, über die er nicht näher nachdenken wollte.

      Er stopfte sich das noch unbezogene Kissen unter den Kopf und betrachtete das Regalbrett direkt über sich (auch aus Baum, klar, ein grobes Brett im Grunde nur, man sah die Astlöcher). Vermutlich sollte das Teil als Schrankersatz dienen, denn Schränke gab es nicht. Immer schön transparent bleiben und bloß keine Privatsphäre aufkommen lassen.

      Er zog die beiden Zettel, die Frau Jorek ihm in die Hand gedrückt hatte, hervor, und faltete den ersten auf.

      Willkommen bei Feel Nature!

      Auch wenn du nicht freiwillig hier bist – wir freuen uns auf die Zeit mit dir.

      Heute, am Tag eins deines Aufenthalts, gehen wir es langsam an:

      Komm an, richte dich ein und lern die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen.

      Um 16: 30 Uhr gibt es eine Kennenlernrunde vorm Haupthaus, um 18 Uhr essen wir zu Abend.

      Bis nachher!

      Sophia Jorek, Gunnar Wildner und Lara Uhlich

      Sophia Jorek hatte er sofort erkannt, als sie ihn am Bahnhof abgeholt hatte. Er hatte ihr Bild schon auf der Website des Camps gesehen. Pädagogische Leitung stand darunter. Allerdings wirkte sie jünger als auf dem Foto. Sie hatte, was er schön fand, weit auseinanderstehende Augen. Wie Juliane.

      Er dachte an Julianes Gesicht, ihre Haare, daran, wie sie sich bewegte, und sofort stürmte Sehnsucht seinen Körper, jede einzelne Zelle. Er dachte an ihren Blick, als er ihr beichtete, was er getan hatte. Er schmerzte ihn immer noch, dieser Blick. Er war so ein Idiot gewesen. Und jetzt saß er hier, in der Pampa, ohne Kontakt zu ihr. Er hasste sich.

      Flix СКАЧАТЬ