Suchtkrank - Bis alles zerbricht?. Karsten Strauß
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Название: Suchtkrank - Bis alles zerbricht?

Автор: Karsten Strauß

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Секс и семейная психология

Серия:

isbn: 9783347029668

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СКАЧАТЬ denn dann? Gibt es eine Alternatve? Es wird doch immer wieder dazu aufgefordert, den Kampf gegen die Krankheit aufzunehmen?!

      Kämpfen als solches ist völlig in Ordnung, manchmal muss man eben kämpfen. Einfach untergehen, sich kampflos dem Schicksal ergeben, das ist oft nicht das, was einen weiterbringt.

      Es ist aber ein feiner und entscheidender Unterschied, ob ich zum Beispiel den inneren Schweinehund bekämpfe oder mir anschaue, welche guten und wichtgen und gesund machenden positven Anteile in mir stecken. Der Focus, die Aufmerksamkeits- und Tätgkeitsrichtung und die Bedeutung verändern sich dadurch. Den inneren Schweinehund lasse ich einfach links liegen und widme mich den wirklich wichtgen Dingen: meinen Stärken und meinen gesunden Anteilen. Ich schließe Freundschaft mit mir, mache Frieden mit mir - auch der längste Krieg endet mit einem Frieden, wie wir wissen. Und um Freundschaft und Liebe zu kämpfen, das lohnt allemal.

      Das Wunderbare dabei: es gibt kein gegen, sondern ein für, es gibt keine Toten.

      Und noch etwas ist wichtg: solche Denkbilder wie der „innere Schweinehund“ verschieben unsere Perspektve. Sie verleiten uns dazu, die verantwortliche Substanz aus den Augen zu verlieren und so zu tun, als müssten wir nur vernünftig handeln, um wieder gesund zu werden.

      Dass vernünftiges, kluges und umsichtges Handeln, eigenverantwortliches und vielleicht überhaupt verantwortliches Handeln durch die konsumierte Substanz ja gerade verhindert wird, das wird dann schnell vergessen. Der Zwang der Substanz, deren pharmakologische Macht, spielen dann keine Rolle mehr und der Mensch muss dann eigentlich nur noch vernünftig sein und mit dem Mist auffiören.,.also genau das, was einem abhängig Kranken und jedem Kranken verwehrt ist: mit Krankheit einfach mal so eben auffiören (siehe weiter oben).

      „Intrinsische Motìvatìon“

      Bei dieser Art der Arbeit könnte gleich eine weitere sehr verbreitete, tradierte Ansicht renoviert werden. Sie lautet: der Hilfe Suchende muss intrinsisch motviert sein, also aus tìefer innerer Überzeugung mit festem Willen etwas für sich persönlich tun wollen. Vielfach wird der Versuch unternommen, diese Motvaton abzuprüfen: mit Zugangsvoraussetzungen zu Therapieangeboten, zeitlichen und bürokratschen Hürden, geschickten Fragestellungen oder gar der Auflage, bis zum Therapiebeginn keinen Stoff mehr zu konsumieren.

      Ganz ehrlich: dieser 100%-Motvatons-Typ ist mir noch nicht untergekommen. Geht eigentlich auch gar nicht, schon wegen der Ambivalenz. Und wenn man sich die tollen Wirkungen verschiedener Substanzen ansieht, erschließt sich mir auch nicht so recht, wieso jemand diese so angenehm empfundenen Wirkungen aus tefster Seele zum Teufel wünschen sollte. Nein, in meiner doch ziemlich langen Erfahrung mit Substanz konsumierenden und abhängig kranken Menschen habe ich eigentlich immer nur wirksame äußere Einflüsse gesehen: meckernde Eltern, unzufriedene Partner, spöttelnde Kollegen, sich zurückziehende Kinder und Freunde, oder drohende berufliche, straßenverkehrstechnische oder juristsche Komplikatonen - das waren die Antriebe, es vielleicht mal mit etwas anderem zu versuchen. Zusammen mit der Nutzung von Ambivalenz und Ressourcen ist das aber eine absolut gesunde und tragfähige Ausgangslage, finde ich.

      Und es ist notwendig, dringend notwendig und geboten, alle Möglichkeiten zu nutzen, mit einem abhängig kranken Menschen in Kontakt zu kommen und zu helfen. Denn alle Krankheiten ziehen nicht nur den Betroffenen selbst, sondern stets auch in höchst unterschiedlichem Umfang sein Umfeld in Mitleidenschaft. Die Abhängigkeitserkrankung macht das in besonders hartnäckiger und leider auch nachhaltger Art und Weise. Tina Franken gewährt uns hierzu in ihrem Beitrag bedrückende Einblicke in das Leben Angehöriger eines alkoholkranken Familienvaters.

      „co-abhängig“

      Bevor Sie vielleicht jetzt gleich zu Tina Frankens Beitrag weiter blättern, möchte ich noch einen Begriff klären, der Angehörigen von abhängig kranken Menschen gerne um die Ohren gehauen wird: Co-Abhängigkeit. Vielleicht ahnen Sie es schon: wir benutzen weder diesen Begriff, noch die dahinter liegende Sichtweise, weil wir sie für eine Unverschämtheit halten, die zudem jeder fachlichen Grundlage entbehrt. Das will ich gern erläutern.

      Abhängigkeit, so haben wir gesehen, ist eine schwere chronischrezidivierende Erkrankung. Solche Erkrankungen fordern die Umgebung des Erkrankten ohnehin in besonderer Weise. Abhängig Kranke verstehen es regelmäßig, ihre Nächsten in das Krankheitsgeschehen einzubinden. Partner, Kinder, Verwandte und Freunde tun dann alles Menschenmögliche, um die Symptome zu lindern, dem Kranken zu helfen, wo sie nur können. Dabei werden sie oft genug an ihre Grenzen geführt, manchmal auch darüber hinaus, werden verarscht, angelogen, bestohlen, um ihr Mitleid betrogen - und bleiben doch immer nah dran, lassen sich nicht abschrecken, helfen und kümmern sich. Selbstlos, engagiert, jederzeit für den Kranken da. Sie sind ein Vorbild an Mitmenschlichkeit. Sich um andere kümmern, zum anderen halten, ihn nicht fallen lassen, auch wenn es weh tut - das sind Qualitäten, die wir im Alltag allzu oft vermissen.

      Krank. Du bist krank. Das bekommt derjenige zu hören, der sich kümmert und den die Krankheit des Partners, des Elternteils, des Verwandten oder Freundes bekümmert. Da hilft einer mal nach bestem Wissen und Gewissen und dann das: krank. Du bist schwer krank, weil du das tust. Denn Abhängigkeit ist eine schwere Erkrankung und also ist Co-Abhängigkeit auch eine, schlägt zumindest in dieselbe Kerbe.

      Was erlauben wir uns da eigentlich?

      Natürlich macht man Fehler, natürlich ist nicht alles, was auf den ersten Blick gut aussieht, auch gut für den abhängig Kranken. Aber das ist normal, selbst Fachleute irren oft genug angesichts der Abhängigkeitserkrankung und haben gewaltge Schwierigkeiten mit einer adäquaten Therapie - die so genannte Rückfallquote spricht Bände.

      Wo bleibt die Wertschätzung für die menschliche Leistung der Helfenden, selbst dann, wenn sie irren?

      Wo bleibt die Anerkennung und bitte auch die Entlastung, wenn der abhängig Kranke die Grenzen mal wieder krankheitsbedingt überschreitet?

      Statt dessen definieren wir den Helfenden selbst als krank. Das ist sachlich falsch und menschlich mies.

      2 Hirschhausen, Das Pinguin-Prinzip, ZDF neo, 2010, Quelle: https://youtu.be/Az7lJfNiSAs

      3 Defizitmethode heißt, der Focus wird auf das gelegt, was bei einem Menschen nicht normgerecht funktoniert, wo er Mängel hat, unreif ist, wo nicht adäquate Reaktonsmuster gesehen werden. Verkürzt gesagt, besteht die therapeutsche Interventon bei dieser Strategie in dem Versuch der Reparatur, Nachbesserung und Nachreifung, wie es so schön heißt.

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