Suchtkrank - Bis alles zerbricht?. Karsten Strauß
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Название: Suchtkrank - Bis alles zerbricht?

Автор: Karsten Strauß

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Секс и семейная психология

Серия:

isbn: 9783347029668

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СКАЧАТЬ und einfach bedeutet: Sie müssten neue Vereinbarungen lernen, bestmmte Helligkeitskontraste anderen Linien zuordnen und diese dann zu anderen Dingen ordnen, die möglichst einen Sinn, einen Informatonsgehalt für Sie ergeben.

      Es ergibt sich die Frage: welche Interpretaton von Linien ist die wahre, die richtge, welche Vereinbarung der Deutung des Geschriebenen ist richtg? Die Antwort ist klar und einfach: jede. Es kommt nur darauf an, wo man geboren ist, wo man lebt und welche Vereinbarungen dort getroffen wurden, um Kommunikaton möglich zu machen und/oder sie zu erleichtern.

      Sprache ist also eine Vereinbarung über Deutungen und Interpretatonen in bestmmten Zusammenhängen.

      Mit Sprache - geschrieben, gesprochen oder gedacht - erfassen und beschreiben wir sämtliche Dinge um uns herum und in uns selbst. Das macht jeder von uns. Und selbst bei gleicher Sprache sieht jeder von uns die Welt mit seinen eigenen Augen - etwas anderes ist nicht möglich, wir können nicht aus uns und unserem Körper hinausund in einen anderen Menschen hineintreten. Bestenfalls können wir immer nur wir selbst sein.

      Ich habe eben mal nachgeschlagen, wann dieser Marc Aurel eigentlich gelebt hat (römischer Kaiser, 26. April 121 bis 17. März 180), dessen weise Erkenntnis jetzt doch tatsächlich schon fast 2.000 Jahre alt ist: „Alles was wir hören, ist eine Meinung und keine Tatsache. Alles was wir sehen, ist eine Perspektve und keine Wahrheit.“

      Die aktuelle Kommunikatonsforschung bestätgt ihn. Sie hat darüber hinaus noch ein Feintuning vorgenommen, indem sie die Differenzierung in verbale (= Sprache), paraverbale (= Stmme, Stmmlage usw.) und nonverbale (= der nicht über Sprache vermittelte Rest, sich miteinander auszutauschen) Kommunikaton eingeführt hat. Sprache, so wird gesagt, mache maximal nur rund zwanzig Prozent unserer gesamten menschlichen Kommunikaton aus.

      Vergegenwärtigen wir uns einmal kurz, in welcher Welt wir leben: Im Jahr 2018 wird die Erde von rund 7,8 Milliarden Menschen bevölkert. 1958 waren es erst etwa 2,8 Milliarden. Unser kleines Raumschiff bietet den Menschen nur auf dem festen Boden die notwendigen Lebensbedingungen und der beträgt lediglich knapp 30 % der Gesamtoberfläche. Es gibt Menschen, die in Kulturen leben, die aus grauer Steinzeit zu stammen scheinen, Menschen, die in Gegenden leben, die schon Strom kennen, es gibt Menschen, die in so genannten hochentwickelten Städten leben, und es gibt jede Menge Zwischenformen. Viele hundert Jahre Menschheitsgeschichte sind heute noch lebendig und gleichzeitg auf diesem Planeten vorhanden. Je nach Definiton kommunizieren Menschen heute in bis zu 7.000 unterschiedlichen Sprachen, Dialekte nicht eingerechnet, was bei Schwäbisch und Ostfriesisch ziemlich unverständlich ist.

      Weder Wikipedia, noch sonst ein Auskunftswerk traut sich, eine Zahl zu nennen, wie viele unterschiedliche Kulturen, Religionen und Weltanschauungen es gibt. Jede dieser Kulturen, Religionen und Weltanschauungen prägt Menschen, indem ihnen Vereinbarungen gegeben werden, nach denen sie ihr Leben ausrichten können, sollen oder sogar müssen. Und jeder Mensch für sich ist und bleibt ein Individuum, ein einzelnes einmaliges Ereignis, ein einzelnes einmaliges Leben - mit seiner einzigartgen individuellen Sichtweise auf sich selbst und die Welt. Äußeres Zeichen seiner Einzigartgkeit sind zum Beispiel sein Fingerabdruck und sein genetscher Code. Keine zwei der 7,8 Milliarden Menschen sind völlig identsch, selbst eineiige Zwillinge nicht.

      Kommunikaton ist die Brücke, die Verbindung zwischen den Individuen, zwischen den teils gewaltgen, teils kaum merklichen, den beständigen und den flüchtgen Unterschieden zwischen Menschen und deren Wahrnehmungen und Sichtweisen. Angesichts der Fülle der Verschiedenheiten können die häufigen Fehlschläge in der menschlichen Kommunikaton kaum mehr verwundern.

      Einer der hartnäckigsten und in seinen Auswirkungen fürchterlichsten ist das Gerangel um die „Wahrheit“, um das „objektv Richtge“, um das „Recht haben“. Viele Millionen Menschen sind dem schon zum Opfer gefallen und es waren nicht nur religiös motvierte Kriege, die so wahnsinnig viele Leben ausgelöscht haben.

      Ob Militär, Religion, Wirtschaft oder Politk, ob Banker, Politker, Journalisten, Juristen, Päpste, Generäle oder der schräge Nachbar von Gegenüber - wir wissen schon längst, dass es „die eine Wahrheit“ nicht gibt, erleben das tagtäglich.

      Wir wissen, dass alles, aber wirklich alles, was wir miteinander kommunizieren, lediglich Vereinbarungen sind und keine Wahrheiten. Und wir wissen, dass es sehr sehr viele Vereinbarungen zum gleichen Thema geben kann, je nachdem, wer sie trifft und was damit erreicht werden soll. Und natürlich ist eine Definiton, auch eine wissenschaftliche, nichts anderes als eine Vereinbarung.

      Was hat das mit unserem Thema zu tun?

      Alles.

      Weil wir Sprache benutzen, um Krankheiten oder Störungen, Befindlichkeiten und Missempfindungen zu beschreiben. Und damit die entsprechenden Vereinbarungen meinen. Immer in der Hoffnung, das Gegenüber (Partner, Krankenschwester oder Arzt) kann mit unserer Beschreibung das „Richtge“ anfangen.

      Weil es eine Definitonssache ist, was wir unter einer Abhängigkeitserkrankung verstehen wollen. Und Definitonen, auch Krankheitsdefinitonen, unterliegen nicht nur einer fachlichen Einschätzung, sondern auch dem, was man „Zeitgeist“ nennt (es gibt auch sogenannte „Modediagnosen“), Macht- und nicht zuletzt wirtschaftlichen Interessen. Das ist bei der Definiton der Abhängigkeitserkrankung nicht anders. Zu den wirtschaftlichen Interessen gehören übrigens nicht nur industrielle (z.B. Gerätehersteller), sondern auch Unternehmen, bei denen der finanzielle Gewinn nicht an erster Stelle stehen sollte (Krankenhäuser zum Beispiel), und natürlich ebenfalls Ärzteverbände, die Pharma-Industrie und jeder einzelne Arzt, der sein Unternehmen (Praxis) führt, das bei unausgewogener Betriebswirtschaft in die Pleite gehen kann.

      Weil es einer Vereinbarung bedarf, wenn wir Akupunktur als Heilkunde bezeichnen (in diesem Fall einer juristschen Vereinbarung).

      Weil das Image einer heilkundlichen Methode über die Jahre wechseln kann, genau so, wie das Image einer Krankheit. Zum Beispiel waren Depressionen lange nicht hoffähig, heute hat man fast den Eindruck, sowas wie eine kleine depressive Verstmmung gehört als Reakton auf die immer härter werdenden Alltagsanforderungen zumindest in der modernen westlichen Welt zur Standardausstattung psychischer Befindlichkeit.

      Akupunktur hat sich von einer verschrienen Außenseitermethode mit Humbug-Image zu einer sehr ernst genommenen Alternatve manch klassischer Behandlungsmethode entwickelt. Und das insbesondere bei der Behandlung der Abhängigkeitserkrankung.

       EINE ANDERE, ANGEMESSENE SICHT AUF DIE ABHÄNGIGKEITSERKRANKUNG UND INTERVENTIONSMÖGLICHKEITEN

      Eben weil alles eine Frage von Vereinbarungen ist, muss ich Ihnen erläutern, wie meine ganz persönliche Sicht auf den Gegenstand dieses Buches ist: eine moderne Sicht auf die Abhängigkeitserkrankung und Interventonsmöglichkeiten.

      Sucht

      Sucht, Abhängigkeit, stoffliche Süchte, schädlicher Gebrauch, körperliche und psychische Abhängigkeit, Co-Abhängigkeit, substanzungebundene Sucht - oje, wer soll sich da noch zurecht finden?

      Seit bald 40 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Abhängigkeitserkrankungen auf der praktschen Ebene. Ich darf sagen, dass ich in allen möglichen Bereichen gearbeitet habe: Streetwork, aufsuchende Arbeit, Drogenberatung, AIDS & Drogen, Drogenknast, statonärer Entzug, Kurzzeittherapie, Eingliederungshilfe, Amtsarzt, Psychiatrie, ambulante Therapie und anderes, vom ehrenamtlichen Helfer bis zum Chefarzt einer Fachklinik. Ich durfte sehr viel lernen. Vor allem habe ich einen pragmatschen Blick auf abhängig kranke Menschen und deren Umfeld gelernt, dies- und jenseits gängiger Definitonen. Ich habe gelernt, dass jeder Mensch seine Krankheit individuell durchlebt und eine individuelle Interventen braucht.

       Chronisch-rezidivierende Erkrankung СКАЧАТЬ