Die esoterische Botschaft der Märchen. Manfred Ehmer
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Название: Die esoterische Botschaft der Märchen

Автор: Manfred Ehmer

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Религия: прочее

Серия: Edition Theophanie

isbn: 9783748281856

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СКАЧАТЬ Waffe trifft er ihn, wie der Blitz einen Baum spaltet (….). Danach begibt sich Indra dorthin, wo die Wasserfluten verborgen und eingesperrt sind. Wie ein Zimmermann das Holz, so spaltet er die Wolken und befreit die Regenströme, die sich nunmehr ungehindert auf die Erde ergießen.“21 Indra erscheint hier wie ein gigantischer Regenmacher; die Einkleidung seines Drachenkampfes in einen Naturmythos tritt klar zutage und weist auch auf das hohe Alter dieser Geschichte hin.

      Spuren von Drachenmythen finden sich auch im Alten Testament; jedoch tritt der Drache hier unter Namen wie Tannin, Leviathan, Rehab, Behemoth auf, bald als Verkörperung riesiger Meertiere, bald allegorisch als Israel feindliche Geschichtsmächte wie Babylon, das Perser-, Meder- Alexanderreich, dann als Gegner im persönlichen Lebenskampf. Unter den Schutz Gottes soll man sich stellen, denn von ihm wird gesagt: „Über Löwen und Ottern wirst du gehen, und junge Löwen und Drachen niedertreten.“ (Psalm 91/13) Apokalyptisch erscheint der Drache im Buch Daniel als Verkörperung gottloser Weltreiche (Dan.7), um dann in der Offenbarung des Johannes sich ganz mit dem Endzeitmythos zu verbinden: „Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel, und sie siegten nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel.“ (Offenbarung des Johannes 12/7–8)

      Der Erzengel Michael ist hier an die Stelle Indras getreten; denn in der Gestalt des Drachentöters zeigt sich ebenso viel Archetypisches wie im Drachen selbst. In der griechischen Mythologie haben wir, als ein Beispiel unter vielen, den Lichtgott Phoibos Apollon, dem das Heiligtum zu Delos geweiht war und der das Orakel von Delphi in Besitz nahm, das zuvor unter der Macht alter Urmuttergöttinnen stand. Aber zuerst musste Apollon in Delphi den dort hausenden furchtbaren Drachen Python töten. Im Homerischen Hymnus an den Pythischen Apollon heißt es:

       Nahe dabei fließt schön ein Quell. Der Herrscher Apollon

       tötete dort die Drachin mit seinem gewaltigen Bogen,

       ein gar riesiges, feistes und wildes Untier,

      das vieles Elend schuf den Menschen im Lande ….22

      In der germanisch-nordischen Mythologie schließlich tritt der Drache als Ungeheuer von sagenhafter Gestalt häufig auf, kosmologisch als die weltumringende Midgardschlange, gegen die der Gott Thor zu kämpfen hat, eschatologisch als der drohende Drache Niddhöggr in den Tagen der Götterdämmerung. Daneben sehen wir den Drachen als Schatzhüter und als Inhaber magischen Wissens, oder es sind zaubermächtige Riesen wie der berüchtigte Fafnir, die sich in einen Lindwurm verwandeln können. Vielleicht kann man hier regelrecht von einer geheimen Drachenweisheit und einer Drachenmagie sprechen. Das Bild des den Goldhort bewachenden Drachens begegnet uns noch in J. R. R. Tolkiens großartigem Märchen DER KLEINE HOBBIT, wo mit Bilbos Konversation mit Smaug ein hervorragendes Beispiel für Drachenpsychologie gegeben wird.

      Magische Motive tauchen auch in der nordischen Sigurd-Sage auf, dem Urbild der Siegfried-Geschichte: das Baden im Drachenblut macht unverwundbar; der Verzehr des Drachenherzens lässt den Helden plötzlich die Vogelsprache verstehen. Das Drachenhortlied ist in der Liederedda enthalten, die eine wohl aus Deutschland stammende Sigurdsage benutzt hat. Zwei Felsritzungen in Södermannland südlich des Mälarsees zeigen uns Abbildungen zu der Geschichte: wir sehen da einen Fischotter; sodann das Ross Grani, das eine Last auf dem Rücken trägt und an einen Baum gebunden ist, auf dem zwei Vögel sitzen; ferner Sigurd, wie er das Drachenherz brät und einen Finger in den Mund hält – die Runeninschriften unter den Bildsteinen lassen erkennen, dass sie um das Jahr 1020 geritzt wurden. Die dargestellte Situation wird in der Edda so geschildert: „Sigurd nahm Fafnirs Herz und briet es an einem Zweig. Als er glaubte, dass es gar sei, und der Saft aus dem Herzen schäumte, da fasste er es mit einem Finger an, um zu versuchen, ob es fertig sei. Er verbrannte sich und fuhr mit seinem Finger in den Mund. Als Fafnirs Herzblut ihm auf die Zunge kam, da verstand er die Vogelsprache.“23

      Gute Drachen scheinen rar zu sein; durchweg stellt der Lindwurm das Niedere, das Gegnerische, zu Bezwingende dar. Vielleicht deswegen, weil das Reptil, die Echse, der Saurier, allesamt Urformen des Drachens, evolutionär niedere Lebensformen als der Mensch darstellen? Hat sich der Mensch im Drachenkampf mit seiner eigenen evolutionären Vergangenheit auseinanderzusetzen? Wie im Falle des Einhorns scheint sich die Frage nach der historischen Realität des Drachens zu erübrigen. Man könnte ja wohl mutmaßen, dass der Mensch als Spezies viel älter ist als bisher angenommen wurde – dass er vielleicht noch Augenzeuge der Riesenechsen der Kreidezeit war, mit denen er furchtbare Kämpfe zu bestehen hatte? Eine reizvolle Spekulation, aber größere Bedeutung besitzt die esoterische Bedeutung des Drachens.

      Esoterisch gesehen stellt der Drache geradezu den entgegengesetzten Pol zum Einhorn dar. Verkörpert das Einhorn das höhere, das geistig-göttliche Selbst, die Monade, so ist der Drache ein Sinnbild für die niedere Astralnatur des Menschen. Der Kampf des Einhorns mit dem Drachen und der letztendliche Sieg über diesen bedeutet die Bezwingung des niederen astralen Selbst durch den höheren, seiner Göttlichkeit bewusst gewordenen Geistesfunken. Das muss nicht bedeuten, dass Drachen „böse“ sind, sondern sie stehen eher – wie alles Astrale –„jenseits von Gut und Böse“, darin der ewig schaffenden und zerstörenden Natur ähnlich. Die „Weisheit der Drachen“, auch ihre magische Kunstfertigkeit, ist reine Astralweisheit. Diese mag für niedere Naturmagie gut brauchbar sein, lässt sich aber mit der spirituellen Weisheit des Einhorns nicht vergleichen. Die gnostische Sekte der Ophiten in den Tagen des Frühchristentums sah den weltumgürtenden Drachen Leviathan als Sinnbild für den die Erde umringenden Astralgürtel mit seinen zwölf Tierkreiszeichen. Und sie wusste wohl, dass gerade diese Weltenschlange der eigentliche „Herrscher dieser Welt“ war, dessen Zugriff es sich auf dem Wege stufenweiser Einweihung zu entziehen galt.

       Der Greif

      Der Greif ist ein fabelhaftes Mischwesen aus dem Altertum, mit dem Leib eines Löwen, Adlerkopf, Flügeln und Krallen; er begegnet uns später noch als Wappentier, auf Gemmen und in der römischen Kunst auf Sarkophagen. In der griechischen Sage dachte man ihn am rhipäischen Gebirge hausend, wo er die Goldschätze des Nordens gegen die Arimaspen verteidigte, ein mythisches einäugiges Volk nahe am Polkreis. Als Goldwächter wurden die Greifen auch in Indien, Äthiopien und in anderen Ländern lokalisiert. Er war ein Sinnbild für Hoheit, Macht und wegen des durchdringenden Blicks für Wachsamkeit. Zwei wahrhaft königliche Tiere, der Adler und der Löwe, vereinigten sich in diesem Fabeltier zu einer Synthese.

      Der Greif erscheint ursprünglich in der Kunst Mesopotamiens, von wo er in die unter orientalischem Einfluss stehende archaische Kunst Griechenlands eindringt; dort galt er als dem Apollon und der Artemis geheiligt. Der Greif war bereits in der kretisch-mykenischen Kunst verbreitet, wie etwa das berühmte Greifenfresko im Thronsaal von Knossos zeigt; das Motiv selbst war um 1500 v. Chr. aus dem Orient über Syrien nach Kreta gekommen, und im Orient liegen denn auch die Ursprünge dieses Fabelwesens.

      Über persische und islamische Sagen wird es dem Abendland erneut bekannt gemacht; in der mittelgriechischen Buchmalerei finden wir ihn unter den Tieren der Arche, und der fabulöse PHYSIOLOGUS, eine Art mythische Tierkunde der späten Antike, nennt ihn zusammen mit dem Einhorn. In der sehr verbreiteten Alexandersage ist es ein mächtiger Greif, der Alexander den Großen nach seinem Tod hinauf in den Himmel trägt. Die Urform des Greifen haben wir in dem altsemitischen Krb bzw. Kerub zu sehen, aus dem im Judentum der Cherub wurde, eine der ältesten Darstellungen mythischer Tiere, die wir kennen. Die ursprünglichen ka-ribu waren machtvolle Schutzfiguren, die überall im Nahen und Mittleren Osten gefunden werden, das älteste sumerische Zeugnis ist rund 6000 Jahre alt. Mit ihnen stehen die riesigen assyrischen Kreaturen in Zusammenhang, mit geflügelten Körpern von Löwen, Adlern, Stieren, Sphinxen und menschlichen Gesichtern, die allerorten die Portale der Tempel flankierten.

      Kein Zweifel: diese Wesen СКАЧАТЬ