Название: Die esoterische Botschaft der Märchen
Автор: Manfred Ehmer
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Религия: прочее
Серия: Edition Theophanie
isbn: 9783748281856
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Über den Wundervogel Phönix wird uns folgendes berichtet: „Einen Vogel aber gibt es, der sich selbst verjüngt und neu erschafft. Die Assyrer nennen ihn Phönix. Weder von Korn noch von Kraut, sondern von den Tränen des Weihrauchbaums und dem Saft des Balsamstrauchs lebt er. Hat er ein Alter von fünfhundert Jahren erreicht, so baut er sich auf den Zweigen der Steineiche oder im Wipfel der schwanken Palme mit seinen Klauen und dem reinen Schnabel ein Nest. Sobald er sich darin ein Lager aus Sennesblättern und zarten Rispen der Narde, am Zimtrindenstücken und gelblicher Myrrhe bereitet hat, setzt er sich hinein und endet sein Dasein in Wohlgerüchen. Darauf soll zu einem gleich langen Leben aus dem Leib des Vaters ein kleiner Phönix hervorgehen. Wenn diesem die Jahre Kraft verliehen haben und er der Last gewachsen ist, dann befreit er die Zweige des hohen Baums von der Bürde des Nestes, trägt fromm seine Wiege und des Vaters Grab durch die leichten Lüfte zur Stadt des Sonnengotts und setzt es dort vor der heiligen Pforte des Sonnentempels nieder.“28
Das Urbild des Phönix stammt aus Ägypten. Der griechische Name Phoinix ist nur ein Lehnwort für die Bezeichnung eines heiligen Vogels, den die Ägypter Benu oder Boine nannten; ursprünglich als Bachstelze, dann als Reiher dargestellt, galt er als Wesen, das bei der Erschaffung der Welt auf dem Urhügel erschienen war. Er wurde als eine Erscheinung des Sonnengottes Re gesehen und hatte in Heliopolis, der Kultstadt dieses Gottes, eine eigene Wohnstätte. Später indes wurde er mit dem Osiris, der stirbt und wiederaufersteht, gleichgesetzt. Wiederauferstehung und Neugeburt ist der Grundsinn der Phönix-Mysterien. Der Phönix ist ein Auferstehungs-Symbol und bedeutet esoterisch die Geburt eines neuen spirituellen Ich aus den Schlacken des alten Ego. Als Sinnbild des durch den Tod sich erneuernden Lebens wurde der Wundervogel mit vielerlei Umdeutung von Griechen und Kirchenschriftstellern übernommen; allein von den Römern stammt die Neufassung der Sage, die besagt, der Phönix würde sich alle 500 Jahre in einem Feuersturm selbst verbrennen und sodann aus der Asche neu aufsteigen; als Heimat des Fabeltiers wurden nun so sagenumwobene Länder wie Arabien oder Indien genannt.
Seit dem 2. Jh. n. Chr. übertrugen die Kirchenväter das Bild des Phönix auf Christus. Wir dürfen daher auch im Phönix ein Sinnbild des Inneren Christus-Lichts sehen. Aber auch in zahlreiche Märchen ist das Phönix-Motiv eingedrungen. Oft erhält der Held den Auftrag, diesen Wundervogel aus einem fernen Land zu holen, ihn seiner goldenen Federn zu berauben oder ihm Geheimnisse zu entlocken. Dabei hat sich der Phönix, gleich dem Greifen oder dem Einhorn, oft zu einem dämonischen Wesen gewandelt; hieran sieht man, wie in den Volksmärchen der ursprüngliche esoterische Sinn der Ursymbole oftmals völlig verloren ging.
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