Название: Bis ihr sie findet
Автор: Gytha Lodge
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
Серия: Detective Chief Inspector Sheens ermittelt
isbn: 9783455006216
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Das Summen seines Telefons war ihm halb willkommen, ein Vorwand, die Aufbereitung der Daten zu verschieben. Ein Grund, die Phantasie zu verdrängen, dass er den Finanzverwalter mit beiden Händen an seinem schwabbeligen Hals packen wollte.
Topaz. Rief sie an, um das Mittagessen abzusagen? Er erinnerte sich vage, dass sie sich in Sportkleidung mit zurückgekämmtem Haar in aller Herrgottsfrühe mit einem Kuss von ihm verabschiedet hatte.
Er wusste nicht mehr genau, was sie vorgehabt hatte. Früher als üblich trainieren offensichtlich. Danach würde sie irgendwo einen Kaffee trinken gehen. Eins dieser Treffen, die halb Geschäftstermin, halb privater Plausch waren.
»Hey, T«, sagte er. »Alles okay?«
»Sie haben sie gefunden.«
Es war ein eigenartiger Moment. Er hörte die Emotion in ihrer Stimme, konnte sie jedoch nicht genau einordnen. Er wusste, wen sie meinte, ohne dass sie es aussprechen musste. Die Vorstellung, Topaz könnte ihm berichten, sie habe all die Jahre gelebt und sich nur versteckt, ließ ihn kurz schwindeln.
»Ist sie …«
»Sie hat den Zeltplatz nie verlassen.« Jetzt hörte er die Schärfe in ihrer Stimme. »Man hat Überreste in der Nähe des Flusses gefunden. Sie ist es. Sie ist …«
Die folgende Pause war lang und schrecklich. Es war aussichtslos, seine Frau auf irgendeine sinnvolle Weise trösten zu wollen, doch er versuchte es trotzdem.
»Oh, Topaz«, sagte er. Und dann: »Ich komm dich abholen.«
Ein feuchter Atemzug.
»Sorry … ja. Bitte. Wir sollten runterfliegen. Es gibt bestimmt Flüge …«
Connor zögerte, dachte an den Finanzverwalter und den Kampf, den er unweigerlich verlieren würde, wenn er jetzt wegfuhr. Aber dieser Gedanke wurde von der Erinnerung an einen heißen, dunstigen Sommer und ein Mädchen mit einer Korona aus blondem Haar durchschnitten.
»Klar. Ich sag die Sitzungen morgen ab. Wir sollten hinfahren.«
Er legte auf und stand eine Weile reglos da.
Sie war also beim Fluss …
Er dachte darüber nach, was das bedeutete. Dann klappte er den Laptop zu und begann, seine Sachen wieder einzupacken.
4. Aurora
Freitag, 22. Juli 1983, 18:15 Uhr
»Wir haben es im letzten Sommer entdeckt, als wir hier draußen Benners’ Geburtstag gefeiert haben.« Topaz kletterte die bröckelige Uferböschung hinunter. Coralie war wie gewohnt direkt hinter ihr, stolperte auf ihren dünnen Beinen wie ein Fohlen, immer kurz davor hinzufallen. Benners, Connor und Jojo waren noch nicht eingetroffen, aber Topaz konnte es offenbar nicht abwarten, Brett herumzuführen.
Brett schien durchaus zufrieden damit, sich alles zeigen zu lassen. Er folgte den beiden so dicht, dass er sie mit der ausgestreckten Hand berühren konnte, wenn er denn wollte. Aurora glaubte, dass er es wollte. Alle wollten das.
Aurora ging in einigem Abstand hinterher, trunken von Hitze und Sonnenschein. Sie folgte ihnen nur, um zu folgen. Als sie am Rand des Ufers stolperte, erinnerte Brett sich daran, dass sie da war, und drehte sich um. »Warst du schon mal hier?«
»Nein.«
»Aurora …« Sie hörte die Schärfe in der Stimme ihrer Schwester.
Coralie sah sie an und flüsterte: »Super, das Kind der Liebe ist auch hier …«
Topaz hatte sich umgedreht. Unsicher versperrte sie ihnen mit ihrem Körper den Weg. Hinter ihr breitete eine riesige Buche ihre Äste aus, ihre Wurzeln ragten bis in den glitzernden Fluss.
»Kein Wort zu Mum und Dad, ist das klar?«, sagte Topaz.
»Warum sollte ich ihnen irgendwas erzählen?« Aurora blickte zu dem Baum auf und lächelte. »Er ist schön.«
»Das ist mein Ernst.«
Sie blickte in die undurchdringlichen blauen Augen ihrer Schwester. In diesem Moment war sie wie ein scharfkantiger Fels. Wie aus unnachgiebigem Stein gehauen. Gemeißelt und verwittert.
»Natürlich erzähl ich ihnen nichts.«
»Dann kommt.« Brett trat vor und legte eine Hand auf Topaz’ dunkle, bronzefarbene Schulter. Sie gab nach und drehte sich wieder um.
»Hier entlang.«
Sie tauchte mit dem Kopf unter ein Dach aus glänzenden Blättern und verschwand im Halbdunkel. Aurora ließ Coralie und Brett vorgehen und streckte die Hand aus, um das dichte grüne Blattwerk zu berühren.
»Es ist heiß hier.« Sie beugte sich vor. »Hast du Durst?«, flüsterte sie dem Baum zu.
Dann duckte auch sie sich unter die Blätter. Im Schatten des Baumes war der Boden kahl und dunkelbraun, nur lockere Erde und glatte Wurzeln sowie ein einzelner strauchartiger Sprössling direkt unten am Stamm.
Topaz bog zwei seiner Äste beiseite. Dahinter befand sich eine düstere Kammer, wo der Fluss die Uferböschung ausgehöhlt hatte.
»Cool!«, sagte Brett und trat einen Schritt vor.
»Guck es dir an«, sagte Topaz. »Es kann immer nur eine Person reinkriechen.«
Aurora beobachtete, wie Brett seine breiten Schultern seitlich verschob und sich durch die Öffnung zwängte.
»Was ist da drinnen?«, fragte Aurora. Es sah aus wie der Bau eines Tieres. Ein Dachs, ein Kaninchen. Vielleicht ein Otter.
»Privatsachen«, sagte Topaz sofort. »Sachen, über die du den Mund halten musst. Verstanden?«
Aurora zuckte die Schultern. »Okay.«
Und dann tauchte Brett mit schmutzigem Gesicht und leuchtenden Augen wieder auf.
»Mann. Das ist ja ein ordentlicher Vorrat. Woher habt ihr den?«
Topaz grinste ihn an.
»Von einem Freund von Jojos Bruder. Dem ist ein Deal geplatzt, und er schuldete seinem Lieferanten Geld. Benners hat alles zum Selbstkostenpreis gekauft.«
»Mit welchem Geld?«
»Er hat seine Alten darum gebeten«, schaltete Coralie sich ein. »Die haben nichts gerafft. Er hat behauptet, es wäre für ein neues Auto. Er hat für fünfzig Pfund irgendeine Schrottkarre gekauft, und der Rest ist dafür draufgegangen.«
»Meine Fresse.« Brett lachte und rieb sich das Gesicht. »Das reicht ja für eine Menge Partys.« Sein Blick fiel auf Aurora. »Das musst du dir angucken.«
»Nein, muss sie nicht«, erwiderte Topaz. Sie hatte die Arme vor dem Körper verschränkt und starrte ihre Schwester СКАЧАТЬ