Das Leben ein wenig angenehmer gestalten. Endlich Schluss mit Schweiß und Nervereien.
Um genau dieses Glück geht es nun in dem Gespräch mit Jesus. Was ist das eigentlich: „Glück?“ Und wie komme ich dazu? – Jesus hat darauf eine Antwort: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und der gäbe dir lebendiges Wasser. Jesus deutet an, dass es etwas gibt im Leben, was als Geschenk erkannt und angenommen werden will. Außerdem: Dass dieser Sachverhalt mit seiner Person zusammenhängt. Die Tür zum Glück steht also ganz weit offen. Worum es geht, ist der Glaube! Doch dazu kommt es erst einmal nicht. Die Frau verfällt nämlich nun auf eine Verhaltensweise, die unseren Strategien von Lebensbewältigung verdammt ähnlich ist, und sie trotz Holzeimer als moderne Frau ausweist. Das Wort „verdammt“ ist übrigens durchaus wörtlich zu nehmen: Statt in die Gegenwart des Glücks zu treten, legt sie Verhaltensweisen an den Tag, die dazu geeignet erscheinen, sich weitest möglich vom Glück zu trennen! Es sind jene Strategien, die zu ihrem (und unserem!) Alltag so selbstverständlich dazugehören wie das Atmen: Es geht um Selbstbestimmung, Bedürfnisbefriedigung und Techniken, um diese zu erreichen. Sie sollen die Steigbügelhalter zum Glück sein und wirken doch unweigerlich als Sargnägel zur Stabilisierung des Unglücks.
Jesu Angebot, der Frau etwas zu schenken, das in der Beziehung zu seiner Person ergriffen wird, löst in der ganzen Art, wie sich die Frau dieser rätselhaften Wirklichkeit nähert, nur Fragezeichen aus. Diese Wahrheit ist ihr ganz und gar verborgen. Und so reagiert sie, wie man eben dem Fremden und Rätselhaften gegenüber reagiert. Sie mauert erst einmal. Sie schützt ihre Person gegenüber dem Fremden. Sie grenzt sich ab und sagt: „Hör mal, was haben wir zwei eigentlich miteinander zu schaffen? Zwischen uns ist eine ganz klare Trennlinie. Jeder muss für sich sein eigenes Glück finden.“ Was hier zwischen zwei Volksgruppen, zwischen Samaritanern und Juden abläuft, kennen wir auch zwischen unterschiedlichen Alters-, Bevölkerungs- und Milieugruppen. Und wir kennen es insbesondere im Bezug auf Gott und den Menschen: „Gott ist im Himmel und du auf der Erde.“ Dieser Satz wird jetzt verstanden als die Parole der großen Trennung: Jeder macht sein eigenes Ding!
Lebensglück ist eine Sache, die der selbstbestimmte, auf sich gestellte Mensch von sich aus nicht mit Gott in Verbindung brächte. Stattdessen sucht man fieberhaft, wie durch Eigeninitiative die Voraussetzungen geschafft werden, dass sich Glück einstellt. Ursache und Ziel dieser Bewegung zum Glück liegen, so denkt der Mensch, in einem selbst. Die Ursache dieser Bewegung sind die Bedürfnisse, die wir haben, der Lebensdurst, der uns nicht stillstehen, der uns nach Befriedigung, nach Stillung streben lässt und all die Dinge verbannen möchte, die einer möglichst effizienten Bedürfnisbefriedigung entgegenstehen. Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen! So soll der Zug zum Glück ins Rollen kommen. Und die Frau meint das ganz ehrlich: Wenn ich erst einmal nicht mehr den beschwerlichen Gang zum Brunnen machen muss… Wenn ich nicht mehr zu Fuß zur Schule gehen brauche… Wenn ich nicht mehr allein bin, sondern einen Partner habe… Wenn ich erst mein Haus gebaut habe und nicht mehr von Vermietern abhängig bin…
Lebensglück ist eine Sache, die der selbstbestimmte, auf sich gestellte Mensch von sich aus nicht mit Gott in Verbindung brächte.
All diesen Plänen zum Glück wohnen im Grunde die gleichen Voraussetzungen inne:
1. Ich bin meines Glückes Schmied
2. Es geht um die Befriedigung punktueller Bedürfnisse und
3. Das Glück ist durch eine von mir selbst beherrschbare Verfahrensweise realisierbar. Wir nennen das „Technik“. Wir haben alles im Griff. Alles unterliegt unserem Zugriff.
Darum auch die Unruhe der Frau: Wie macht man das mit dem Wasser? Welche Technik steht dahinter? Herr, hast du doch nichts, womit
du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser? Die Technik sichert die ersten beiden vermeintlichen Glücksstrategien ab: Ich bin meines Glückes Schmied. Ich befriedige meine Bedürfnisse. Nun gib mir noch schnell die dazu nötige Technik an die Hand, die Methode, die es mir autonomen, selbstbestimmten Menschen möglich macht, alles unter Kontrolle zu bekommen, mein Glück selbstständig zu verwirklichen.
Das menschliche Glücksprogramm scheint irgendwie, durch einen verborgenen Virus korrumpiert, schlussendlich zum Absturz führen zu müssen.
Merken Sie, wie man in dieser Konstellation, wenn man sie einmal von außen betrachtet, unwillkürlich Platzangst bekommt? Auf der einen Seite Jesus mit der weit ausgestreckten Hand, in der das Geschenk Gottes liegt. Das Beziehungsangebot: Alles, was ich habe und bin, gebe ich für dich. Ich bin für dich da! Vertrau mir! – Und auf der anderen Seite dieser hektisch hortende Mensch, dieses klaustrophobisch in sich selbst verkrümmte und abgeschottete Wesen, das zwanghaft aus sich selbst leben will, statt sich der Quelle des Lebens anzuvertrauen. Der ständig seine Bedürfnisse meditiert und nach Techniken sucht, um sie zu befriedigen. Was für ein irres Bild, zumal es ständig untermalt ist von dem selbstgewissen Ruf: „Ich gehe geradewegs zu auf mein Glück. Und ich habe alles unter Kontrolle.“
Dieses Bild ist grotesk. Es ist düster. Die Situation ist völlig verquer. Das menschliche Glücksprogramm scheint irgendwie, durch einen verborgenen Virus korrumpiert, schlussendlich zum Absturz führen zu müssen. Und noch im Absturz ruft der autonome Mensch: „Ich habe alles unter Kontrolle.“ – Das ist wahre Dunkelheit. Hier fährt der Karren ungebremst vor die Wand!
Aber nun: Drei Worte, die die Situation kippen lassen: „Ruf deinen Mann!“ Drei Worte, die die ganze Illusion vom selbstbestimmten, kontrollierten, auf Bedürfnisbefriedigung zielenden Leben zerplatzen lassen, wie eine Seifenblase. Jesus stellt manchmal Fragen, die wirken wie ein gezielter Schuss beim Schiffe versenken. Sie heben die gesamte Statik einer Lebenskonzeption aus den Angeln: Schuss – Treffer – versenkt! Jesus bringt die verborgene Wahrheit ans Licht: Es ist nicht so weit her mit der Kontrolle. Es klappt nicht so reibungslos mit der Bedürfnisbefriedigung. Das Konzept vom Menschen als Steuermann auf seiner eigenen Reise zum Glück lässt sichtbare Risse erkennbar werden.
Fünf Männer hast du gehabt… Fünf Männer, die alle sicher ursprünglich als Weg zum Glück gedacht waren. Jede dieser Beziehung wurde in dem Enthusiasmus gestartet, dass der es nun endlich sei. Jeder als Indiz für den unstillbaren Lebensdurst, jene Sehnsucht nach Zuhause: Angenommen sein, geliebt werden. Und nun stehen sie da, als großes Mahnmahl des Scheiterns. Dieser unerfüllten Sehnsucht nach Beziehung. Enttäuschung über das Leben selbst. Sie bilden eine lange Kette, gemeinsam zeugend für die Zerbrechlichkeit der persönlichen Existenz.
Fünf Männer hast du gehabt… – Ich frage Dich: Was sind Deine „fünf Männer“? Sind es die fünf geschönten Einkommensteuererklärungen, durch die das zusätzliche Geld „erwirtschaftet“ wurde, um das Leben noch ein bisschen angenehmer zu gestalten? Sind es jene fünf Unaufrichtigkeiten, die zu dem Karrierevorteil führen sollten, weil diese Dich gegenüber Deinen Kollegen СКАЧАТЬ