Mordnacht. Dieter Weißbach
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Название: Mordnacht

Автор: Dieter Weißbach

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783869066455

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СКАЧАТЬ kein Schlag in den Bauch?«

      »Weil da nichts ist.«

      »Ich meine, warum meinst du, hat er keinen Schlag in den Bauch bekommen?«

      »Ich denke, dass das einfach nicht nötig war. Erstens ist er nicht besonders groß, und zweitens muss er einen leicht nach vorne gebeugten Gang gehabt haben.«

      »Denkst du.«

      »Ja, denk ich. Nein, das seh ich. Schau dir nur mal die Brustwirbelsäule an. Eine ziemlich ausgeprägte Skoliose. Komisch ist übrigens auch, wie er angezogen ist. Schlafanzug statt Unterwäsche. Beinahe so, als wollte er nur noch mal schnell vor die Tür gehen.«

      »Aber das hat man doch öfter bei alten Leuten, dass die sich nicht mehr die Mühe machen, sich noch groß umzuziehen. Trainingsanzug drüber, Schal, Mantel, fertig. Sieht doch eh keiner, was drunter ist. Erich, hast du nicht grad die Manteltaschen untersucht?«

      »Einen Moment. Ich schreib nur noch schnell fertig.«

      »Wieso nimmst du eigentlich nie ein Diktiergerät mit? Ist doch viel einfacher.«

      »Ich schreib lieber.«

      »Und was schreibst jetzt da?«

      »Jetzt grad? Wo wir ihn gefunden haben … Sag mal, du bist doch hier daheim. Ist das jetzt eine Fichte oder eine Tanne?«

      »Keine Ahnung. Aber das ist doch egal jetzt.«

      »Gut, dann schreib ich ›hinter einem Nadelbaum‹.«

      »Aha«, sagte Özokan. »Aber warum schreibst du eigentlich ›hinter‹ dem Baum? Woher willst du wissen, wo bei einem Baum hinten ist? Der schaut doch von alle Seiten gleich aus.«

      »Ganz einfach. Hinten ist immer da, wo’s …«

      »Meine Herren, bitte! Das ist ein Mord. Ein bisserl mehr Ernsthaftigkeit. Also, Erich, was war drin?«

      »Moment. Ich hab‘s aufgschriebm.«

      »Erich!«

      »Okay. Ein Schlüsselbund, ein paar einzelne Hustenbonbons, ein Packerl Taschentücher. Und in der Innentasche Geldbeutel samt Ausweis, Kreditkarten und dem ganzen Blempel.«

      »Und? Wer ist es?«

      »Erwin Zimmerl, geboren 24.12.1941 in Farchant, wohnhaft Esterbergstraße … das ist gleich da unten, wo wir parken.«

      »Hast du das auch aufgeschrieben?«, fragte Özokan.

      »Nein, g‘merkt, Aff, türkischer.«

      »Wann, sagst du, ist er geboren?«, fragte Tilman.

      »Ja, hab ich auch grad bemerkt. Und was hat’s ihm gebracht? Nichts.«

      »So ist es«, bestätigte Veigl. »Wird alles überschätzt.«

      »Eben. Sag ich doch, alter Mann.«

      »Kollegen«, Paulig wandte sich an die Uniformierten, »ruft mal bitte einer in der Dienststelle an und meldet den zweiten Toten? Die sollen jeden herschicken, den sie haben. Nicht dass da noch einer liegt. Und bringt die Leute zurück auf den Weg. Falls da noch mehr liegen, möchte ich eine klare Spurenlage. Und macht ihnen klar … nein, lieber nicht. Am besten, ihr sagt nichts, nicht dass die dann erst recht anfangen, auf eigene Faust zu suchen. Obwohl, die machen ja sowieso, was sie wollen. Ja, Tilman?«

      »Du meinst doch nicht wirklich, dass da noch einer liegt?«

      »Nein, eigentlich nicht. Aber erst war’s einer, jetzt sind’s zwei. Warum nicht noch ein Dritter?«

      »Du denkst jetzt aber nicht …?«

      »Im Moment denk ich noch gar nichts. Ich fahr jetzt erst mal ins Präsidium. Gipfeltreffen. Rufst du die Yasmin an und sagst Bescheid?«

      »Mach ich.«

      Auf dem Weg hinunter zum Parkplatz begegneten ihr weitere Schaulustige. Die beiden Polizisten waren weg. Als sie an den ersten Häusern vorbeifuhr, sah sie deren Auto. Fleißig, dachte sie, vielleicht geht’s ja schneller als gedacht. Während sie nach ihrer Sonnenbrille kramte, kam ihr der Fall eines Bergbauern in den Sinn, der vor gut fünfzehn Jahren direkt unterhalb der Alpspitze seine beiden Ehefrauen umgebracht hatte. Stockinger hieß der Mann, Alfons Stockinger. Die Presse hatte ihn den »letzten Bergbauern« genannt. Es war ihr bislang größter Fall gewesen, über Wochen der Aufmacher im ganzen Land. Dann war es plötzlich vorbei gewesen, und niemand hatte je wieder darüber geredet. Damals wunderte sie sich zum ersten Mal, wie schnell das ging mit dem Vergessen. Lebte er eigentlich noch? Er hatte die Taten immer bestritten. Und eigentlich hatten sie nichts in der Hand gehabt. Heute hatte selbst sie Zweifel, ob er es war.

      Am Bahngleis fuhr sie links. Seit Jahren hatte sie keinen Grund mehr gehabt, diesen Weg zu nehmen, nicht mehr, seit es den Tunnel gab. Sie war gespannt, was sich wohl verändert hatte.

      An einer der Zufahrtsstraßen zum Neubaugebiet Zugspitzstraße fiel ihr ein älteres Ehepaar auf. Eine hoch aufgeschossene Frau mit Kopftuch und Sonnenbrille, der Mann im Rollstuhl, stocksteif, wie festgezurrt. Paulig sah, wie die Lippen der Frau sich bewegten, von ihm keine Reaktion. Ob sie sich wohl jemals vorgestellt hatten, dass es einmal so enden würde? Noch während sie darüber nachdachte, war sie am Ziel.

      Polizeidirektor Joseph Neuner erreichte kurz nach Paulig die Dienststelle.

      »Kommen Sie von den Hinterbliebenen?«, fragte sie.

      »Wieso?«

      »Ehrlich gesagt, Sie schauen so aus.«

      »Ja, von seiner Frau.«

      »Frau Summer?«

      »Ja.«

      »Und bei Frau Zimmerl? Ist da auch schon jemand?«

      »Nein, der hat keine Frau und auch sonst keine Angehörigen. Zumindest sind keine bekannt.«

      »Er lebt allein?«

      »Ja.«

      »Vielleicht taucht ja noch jemand auf. Soll ja öfter vorkommen, wenn’s was zum Erben gibt.«

      »Wieso meinen Sie, dass es da was zu erben gibt?«

      »Nur so. Wie war’s bei Frau Summer? Wie geht’s ihr?«

      »Das können Sie sich ja denken. Nicht gut. Meine Frau bleibt noch so lange bei ihr, bis die Kinder da sind. Die Tochter lebt in München, und der Sohn ist Arzt in Füssen. Die sind gleich losgefahren. Wissen Sie«, fügte er erklärend hinzu, »wir kennen uns schon seit der Schulzeit, auch die Frauen.«

      »Auch den Herrn Zimmerl?«, fragte Paulig ohne nachzudenken.

      »Ja.« Bevor er weiterredete, zupfte er an seiner Nase und zog zugleich die Augenbrauen hoch, etwas, das Paulig noch öfter an ihm beobachten würde. »Haben Ihre Leute schon etwas herausgefunden? Gibt es schon eine erste Spur?«

      »Nein, noch nicht. Wir gehen aber erst einmal davon СКАЧАТЬ