Mordnacht. Dieter Weißbach
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Название: Mordnacht

Автор: Dieter Weißbach

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783869066455

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СКАЧАТЬ beiden Arbeiter vor, am besten gleich heute, damit die nicht zu viel Zeit zum Nachdenken haben. Bei denen müssen wir ansetzen. Wirst sehen, die knicken schon noch ein.«

      »Aber die behaupten auch steif und fest, dass sie von nichts wissen.«

      »Jaja, sag ich ja, Druck aufbauen. Die geben schneller auf, als du denkst. Oder glaubst du, dass die ewig den Kopf hinhalten für ihren Chef. Lass die mal eine Nacht … Wer hat die eigentlich so schnell wieder heimgeschickt?«

      »Der Erich hat mit denen geredet.«

      »Der Erich. So … Ich muss jetzt leider. Kann er mir ja unterwegs erzählen. Aber tust du mir schon mal den Gefallen und fängst sie wieder ein? Aber diesmal nicht als Zeugen, die sollen ruhig Angst bekommen.«

      »Das sagst du so einfach. Der Erich hat die ja nicht einfach so wieder gehen lassen. Die hatten einen Anwalt dabei, dreimal darfst du raten, wen.«

      »Den von ihrem Chef? Den, wie heißt er gleich noch mal …?«

      »Erraten.«

      »Tja, was tut man nicht alles für verdienstvolle Mitarbeiter. Aber da haben wir es doch schon. Welcher Zeuge kommt gleich mit einem Anwalt. Das stinkt doch. So, jetzt muss ich aber wirklich, die anderen warten schon. Und halt mich auf dem Laufenden.«

      »Mach ich. Und viel Glück. Was ist das eigentlich für eine Leiche da unten in Farchant?«

      »Männlich, vermutlich erschlagen. Mehr weiß ich auch noch nicht. Ciao, Yasmin.«

      »Äh, Christine …?«

      Während ihre Mutter noch davon träumte, einmal eine Oberärztin als Tochter zu haben, war Yasmin Schäfer-Kaan längst klar, dass, zumindest in diesem Leben, daraus wohl nichts werden würde. Sie war zwar gut in der Schule, und sie hätte sich ein Medizinstudium auch vorstellen können, aber der erforderliche Notendurchschnitt schien ihr dann doch etwas zu ambitioniert. Dem heiteren Beruferaten ihrer Mutter begegnete sie weiter leidenschaftslos. Deren Vorstellungen von der Zukunft ihrer Tochter kamen und gingen wie die Serienheldinnen der Daily Soaps, die sie schaute. Schon bald würde Mutter Kaan wieder etwas Neues einfallen. Im Moment liefen, soweit Yasmin das überblickte, drei Serien, die die Blaupausen für ihre Zukunft lieferten. Die letzte Staffel einer himmelschreienden Klinikserie, eine Winzerserie, aus der sie die Rolle der Gutsherrin übernehmen sollte, und »Richterin Holm«. Der Numerus clausus für Jura war machbar, das Studium anspruchsvoll, die Richterserie zwar auf unterstem Niveau, aber die Richterin echt und sogar richtig gut. Also beschloss sie, ihrer Mutter eine Freude zu machen, und studierte Jura. Zumindest machte es Spaß, die Geschichte so zu erzählen. Richtig war, dass der Beruf ihr entsprach, dass es Yasmin Kaan – der Schäfer kam erst später hinzu – lag, etwas zu durchdringen, an etwas dran zu bleiben, wenn es kompliziert wurde, sich hineinzufuchsen, all das, was man gemeinhin unter Ehrgeiz versteht. Waren es die Gene, wie ihr Vater meinte? Oder lag es an der konsequenten und vorausschauenden Erziehung ihrer Mutter, wie diese nicht müde wurde zu betonen? Oder doch eher am Nachnamen, was auch immer der im Konkreten heißen mochte, auf jeden Fall Verpflichtung, Erwartungen erfüllen, Stärke zeigen. Sie hatte ihn gehasst. Ein Mädchen, das von seiner Mutter Kaan gerufen wurde. Eine Kaan tut das nicht, eine Kaan tut jenes nicht. Wenn sie etwas gut gemacht hatte, eine echte Kaan eben, Kaan als Lob und Kaan als Tadel, Kaan in allen Lebenslagen. Aber als sie heiratete und ihn problemlos hätte loswerden können, behielt sie ihn.

      Auf Staatsanwältin kam sie, weil ihr das Konkrete gefiel, die Möglichkeit, für etwas zu kämpfen, Stellung zu beziehen, auf der richtigen Seite zu stehen und nicht zuletzt wegen der lebendigen Vorlesungen des Oberstaatsanwalts Bernhauer. In einem seiner Vorträge hörte sie auch von Christine Paulig, der Hauptkommissarin mit der höchsten Aufklärungsquote im Freistaat. Legendär, wie sie aus Protest über das skandalös milde Urteil für einen von ihr überführten Doppelmörder ihren Job schmiss und erst Jahre später zurückkam. In der Zwischenzeit hatte sie eine Security-Firma gegründet, wieder verkauft und eine Zeit lang auf Mallorca gelebt.

      Als Yasmin Schäfer-Kaan quasi bei ihr anfing, merkte sie eines sehr schnell: dass es eine feine Sache war, ein abgeschlossenes Jurastudium in der Tasche zu haben, aber etwas ganz anderes, ein Gespür zu entwickeln. Beinahe bestürzend war die Erkenntnis, dass da noch etwas anderes sein musste als Fleiß, etwas, das man nicht studieren konnte, das keiner Logik folgte, sich auf nichts stützte. Der Begriff »Instinkt« griff zu kurz, gefiel ihr aber noch am besten, passte er doch zu einem anderen der wegen ihrer Alleingänge gefürchteten – der Jagdlust. Vielleicht bedingte das eine ja das andere. Sie selbst blieb, trotz ihres martialischen Nachnamens, lieber auf der sicheren Seite, jener der Paragrafen.

      3

      L ufti Häusler war es gewohnt, früh aufzustehen. Nicht einfach mal schnell im Jogginganzug, sondern korrekt mit Mantel, Hut und Schal holte er seine Frühstückssemmeln, die Zeitung und einmal in der Woche eine große Tüte Knödelbrot (Brot nicht, das kaufte seine Frau). Den kleinen Zeitungsstand gleich links neben der Tür hatte der Bäcker ihm zuliebe extra eingerichtet. Vorher hatte er seine Frühstückslektüre immer im Supermarkt gekauft, aber der war vor einigen Jahren an den Ortsrand gezogen, Richtung Garmisch, ins äußerste Eck. Er hätte sie natürlich auch einfach abonnieren können. Doch da wäre er sich nie sicher gewesen, ob und wann, und wenn, in welchem Zustand er sie bekommen würde.

      Er saß bei seiner zweiten Tasse Tee, als zwei Polizeiautos auf der Partenkirchner Straße kurz hintereinander ihre Sirenen abschalteten. Er dachte an das Nächstliegende – einen Unfall am Bahnübergang.

      »Weißt du, was da los ist?«, fragte Elvira aus der Küche.

      »Ein Unfall wahrscheinlich«, antwortete er ohne aufzusehen.

      »Bitte sei so gut und schau auf die Eier, nicht, dass die hart werden.«

      »Interessiert dich gar nicht, was da los ist?«

      »Morgen steht’s eh in der Zeitung. Aber wenn’s dich beruhigt, ich geh sowieso gleich ins Holz.«

      Wieder war nur das feine Ticken der Stubenuhr zu hören und das Umblättern der Zeitung, für Elvira ein sicherer Gradmesser für die Stimmung im Haus.

      »Du, Karl-Friedrich?«

      »Elvira?«

      »Es sind heut übrigens weiße Eier, die mit den braunen Schalen waren aus. Macht das was?«

      »Solange ich sie nicht mitessen muss.«

      »Ich hab nur gemeint, nicht dass du dich wunderst.«

      »Keine Sorge, ich wundere mich schon nicht. Hab gar nicht gewusst, dass es die überhaupt noch gibt.«

      »Doch, doch, die gibt’s schon noch. Aber schon mehr die braunen.«

      Nach den beiden Eiern, die er etwas schneller löffelte als sonst, marschierte er los. Die Zeitung hatte er entgegen seiner Gewohnheit noch vor den Sterbeanzeigen zusammengefaltet.

      Am Bahnübergang war nichts Auffälliges zu sehen, nichts, das auf einen Unfall deutete, aber auch kein Rabe, der sich ihm vertraulich näherte und dann aufflog, oder etwa ein Bild, das ihm ohne zu fragen in den Sinn gekommen wäre, nichts, was ihn darauf vorbereitet hätte.

      Er schaute sich noch einmal um und ging weiter Richtung Berg. Er mochte den Gedanken, Angenehmes mit Sinnvollem zu verbinden, es gab ihm ein gutes Gefühl und seinem Schritt Kraft. Einfach spazieren zu gehen wie andere in seinem Alter, war nicht seine Art und wäre auch kaum möglich gewesen. Sein Leben, obwohl es lange СКАЧАТЬ