Sweetland. Michael Crummey
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Название: Sweetland

Автор: Michael Crummey

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

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isbn: 9783963114458

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СКАЧАТЬ zu akzeptieren, ließ ihm fast gönnerhaft die Freiheit, sich wie ein Narr zu benehmen, wie ein Hofnarr in Jesses Königreich der Genauigkeit.

      Jenseits des Landeplatzes befand sich ein stillgelegtes Windenhaus, und man hatte von der Winde bis hinunter zum Wasser über die ganzen sechzig Meter eine Reihe von Leitern in die Klippen geschraubt, die in seltsamen Neigungen den Konturen der Felswand folgten. Die Fever Rocks waren der Zugang für den Leuchtturmwärter, lange bevor Hubschrauber eine Option waren, dabei wurden die Vorräte und Materialien mit der Winde von den Booten nach oben gezogen. Die Leitern wurden als Notzugang zum Leuchtfeuer noch immer gewartet, falls es für den Hubschrauber zu neblig war. Sie wirkten, als wären sie vom Cartoonzeichner Dr. Seuss konstruiert und gebaut worden. Seit Generationen waren die Jugendlichen der Insel hinausgerudert, um als Mutprobe über die Leitern hinaufzuklettern. Sweetland hatte es selbst einmal geschafft, er und Duke und Pilgrim, mitten in der Nacht und stockbetrunken. Bei dem Anblick wurde ihm noch immer etwas schwindlig, fast sechzig Jahre danach.

      Der Pfad führte in eine Gegend mit Buschwald und verlief oberhalb einer in den Inselrücken gekerbten Schlucht, von dort weiter bis zu deren südlicher Spitze. Auf diesem Weg pflegte der Leuchtturmwärter zum Leuchtfeuer am Südende oberhalb der Mackerel Cliffs zu kommen, was in früheren Zeiten eine fünfstündige Fahrt mit der Pferdekutsche war. Sweetland schaffte es mit dem Quad in einer guten Stunde. Der Weg wurde nur noch selten genutzt und war fast überwuchert, die Fichten rückten immer näher. Die beiden mussten hintereinander gehen, ­Jesse voran, und die feuchten Äste durchnässten beim Gehen ihre ­Ärmel.

      Clara hatte dem Jungen die Haare schneiden lassen, als sie in St. John’s waren, Nacken und Seiten kurz. Sweetland konnte den Doppelwirbel an Jesses Hinterkopf sehen. Dazwischen standen ein paar Haare hoch, ein unberechenbares Büschel, das seinen eigenen Weg ging, seit er genug Haare zum Kämmen hatte. Bevor Jesse laufen konnte, hatte sich Sweetland diese Haare immer um den Finger gewickelt, damit sie steil aufragten und wie eine Feder im Kopfschmuck der Cowboyfilme aussahen, die er sich zusammen mit Duke in den alten Kinos von Toronto angeguckt hatte. Er nannte ihn Mamas kleinen Indianer.

      Jetzt ertrug es der Junge nicht mehr, wenn ihn jemand am Kopf berührte, und Sweetland befürchtete, dass er womöglich schuld daran war. Nur mit Mühe konnte er sein Bedürfnis unterdrücken, den Arm auszustrecken und das Haarbüschel glatt zu streichen.

      Die Schlingen waren am Fuß von Fichten ausgelegt, wo Wildwechsel den Weg kreuzten. Sie waren an einen Erlenstock gebunden, den er fest in den Boden gerammt hatte, die silberne Schlinge unter Gestrüpp versteckt. In der ersten Falle lag ein Kaninchen und Sweetland kniete sich hin, um Jesse dabei zu helfen, den Draht vom Hals zu ziehen. Dann band er ein Stück Schnur um die Pfoten, damit der Junge das Tier über der Schulter tragen konnte.

      Sie gingen fast zwei Stunden, bevor sie zum Mittagessen anhielten und sich auf einer Lichtung hinter dem Tal niederließen. Die Dachspitze von der Hütte der Priddles halb verborgen zwischen den Fichten und Birken weiter unten. Das Lärmen der Tölpel, die auf der Landspitze von Music House brüteten, hallte zu ihnen hoch. Ihre Bemühungen wurden mit vier Kaninchen belohnt und Sweetland legte sie ins Gras zu ihren Füßen, fette Tiere, seidig glänzend und glupschäugig. Er holte die Sandwiches heraus und sie aßen ein paar Minuten schweigend. Als Jesse aufgegessen hatte, sang er ein bisschen, schmetterte die Details einer längst vergangenen Katastrophe heraus, obwohl es keine Vorführung sein sollte. Das Publikum war unwichtig, wie Sweetland wusste. Das Lied Teil einer privaten Landschaft, die gelegentlich in die Außenwelt hervorkam.

      Sweetland suchte in der Tasche nach einer Dose Pfirsiche, das einzige Obst, das der Junge aß. Nur aus der Dose, nur von Del Monte. Sweetland hatte zu Hause einen ganzen Schrank voll. Er öffnete den Deckel und reichte die Dose weiter, als das Lied zu Ende war.

      » Pop sagt, dass jetzt nur noch du und Loveless bleiben wollen «, sagte Jesse.

      Sweetland blickte zu dem Jungen, der sich auf die Dose konzentrierte und das Obst mit einem Plastiklöffel in den Mund schaufelte. Er hatte bisher kein einziges Mal über das Thema gesprochen. Sweetland war es so vorgekommen, als wäre die Umsiedlung niemals von der wunderlichen Verstandeslandschaft des Jungen registriert worden, obwohl dies inzwischen seit Jahren das Hauptgesprächsthema in der Bucht war. » Werde ich weggehen müssen? «, fragte Jesse. Er blickte noch immer in die Dose, während er aß.

      » Nicht, solange ich noch da bin «, sagte Sweetland.

      Der Junge schöpfte sich den Rest des Obstes in den Mund, kippte dann die Dose, um den Saft zu trinken. Es war ohnehin unmöglich zu sagen, wie er darüber dachte.

      » Also «, sagte Sweetland. » Du bist erst gestern mit der Fähre zurückgekommen, oder? «

      » Mom hat mich zum Arzt nach St. John’s gebracht «, sagte er. Als wäre das für Sweetland neu.

      » Und was hat dir der Arzt gesagt? Du bist zurückgeblieben, oder? Asozial? Abhängig? Psychisch labil? Psychopathisch? «

      » Nein «, sagte der Junge.

      » Nun, warum bist du dann den ganzen Weg zu ihm nach St. John’s gefahren? «

      Er zuckte mit den Schultern. » Keine Ahnung. «

      » Deine Mutter ist diejenige, die sich mal untersuchen lassen sollte. «

      » Sie geht auch zu ihm «, sagte Jesse. » Sie geht nach mir rein. «

      Sweetland lächelte. » Tut ihr aber herzlich wenig Gutes, oder? «

      » Ich weiß nicht «, sagte der Junge.

      Er war zu weit gegangen, dachte Sweetland, und sagte: » Beachte mich einfach nicht. « Als Entschuldigung.

      » Das tue ich auch nicht. «

      Er atmete laut aus, blickte ins Tal hinunter. Selbst Sweetland fand, dass es manchmal ein ganz schön langweiliges Leben für den Jungen war, eingesperrt in seinem Kopf. Umgeben von Greisen und ausgedachten Freunden. Und wie auf Kommando sagte Jesse: » Hollis ist einmal nach St. John’s gefahren, um den Arzt zu besuchen. «

      » Wo hast du denn davon gehört? «

      » Hollis hat es mir erzählt. «

      Sweetlands Bruder, über den der Junge sprach. Seit fünfzig Jahren oder länger tot. » Ist das so? «, fragte Sweetland.

      » Ein Jahr war er fast den ganzen Winter über in St. John’s. «

      Sweetland stand auf und fing an, ihre Sachen einzupacken. » Werd jetzt mal fertig «, sagte er. Ein Gefühl wie krabbelnde Käfer auf der Haut, das er nur loswurde, wenn er sich bewegte. » Wir haben Besseres zu tun, als hier herumzusitzen und zu quatschen. «

      Sie nahmen die Kaninchen in Sweetlands Küchenspüle aus. Jesse auf einem Stuhl, um sie an den Hinterpfoten hochzuhalten, während Sweetland mit einem Messer das Fell über den Knöcheln einschnitt, es dann über den ganzen Körper zog, Zenti­meter für Zentimeter. Mahagonifarbenes Fleisch und gemasert wie Holz. Die fleckigen Innereien rutschten in die Edelstahlspüle.

      Das Telefon klingelte und Jesse sprang vom Stuhl, um den Hörer abzunehmen, doch Sweetland hielt ihn zurück, da er befürchtete, es könnte Clara sein. » Wasch dich «, sagte er. » Es ist Zeit, zum Abendbrot nach Hause zu gehen. «

      Der Junge wusch sich die Hände unter dem Wasserhahn, während das Telefon noch eine Weile klingelte. Er sagte: » Holst du morgen Holz? «

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