Boat People. Sharon Bala
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Название: Boat People

Автор: Sharon Bala

Издательство: Автор

Жанр: Контркультура

Серия:

isbn: 9783963114441

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СКАЧАТЬ Schultern. Pass auf.

      Es war für Kumi nicht ungefährlich, gleichzeitig zu laufen und zu reden. Wenn sie sich über etwas aufregte, vergaß sie oft alle Vorsicht.

      Kumi verzog das Gesicht, aber sie blieb stehen. Sie hielt sich am Tresen fest und sagte: Zufrieden?

      Danke. Grace ging zur Spüle. Sie fragte sich, woher denn dieses plötzliche Interesse gekommen war. Ihre Großmutter hatte, als sie noch am Leben war, nie über den Krieg gesprochen, auch nicht über ihr Leben davor. Auch ihre Mutter hatte, außer ein paar gelegentlichen Nörgeleien an der Powell Street, nie davon gesprochen.

      Grace werkelte unter dem fließenden Wasser und sagte laut: Du machst dir unnötig Gedanken. Das Land gehört jetzt jemand anderem.

      An der Powell Street standen jetzt Kleinbrauereien und Kaffeeröstereien, moderne Apartments und bezahlbare Sozialwohnungen. Keine Spur mehr von der japanischen Gemeinde, die einst hier geblüht hatte.

      Es geht ums Prinzip, sagte Kumi.

      Der Fernseher ging aus und die Mädchen kamen hereingepoltert. Grace wies auf den Geschirrspüler und sagte: Bitte ausräumen. Zu ihrer Mutter sagte sie: Lass das mal. Das bringt nichts.

      War es Langeweile?, überlegte sie. Der Alzheimer hatte Kumi alle ihre Lieblingsbeschäftigungen gestohlen – Kreuzworträtsel, Sudoku, Stricken –, und wenn sie las, konnte sie nur noch den anspruchslosen Plots in mittelmäßigen Romanen folgen.

      Meg riss den Geschirrspüler auf, der sich mit einer wuchtigen Heißluftwolke entlud. Die Zwillinge waren schon immer sehr klein gewesen, kaum sechs Pfund bei der Geburt, und in der Grundschule immer die Kleinsten. Aber in den letzten sechs Monaten hatten sie sich gestreckt. Sie waren jetzt groß und langgliedrig und hatten ihre zusätzlichen fünfzehn Zentimeter noch nicht richtig unter Kontrolle. Sie schritten aufreizend langsam zwischen Geschirrspüler und Küchenschränken hin und her, immer nur mit einem Teller, und leerten die beiden Spülkörbe so umständlich wie nur möglich.

      Wie war euer Tag heute?, fragte Grace.

      Schön.

      Habt ihr irgendwas gemacht? Und nicht nur vor dem Fernseher gehockt?

      Wir waren draußen, sagte Brianne.

      Wo wart ihr?

      Weiß nich’, sagte Brianne. Im Park. Um den Block rum. Einfach rausgegangen.

      Habt ihr heute nichts anderes gemacht?

      Nichts, sagte Megan.

      Die Unterhaltung versandete und Grace wünschte, sie hätte die Mädchen einfach bei ihren Videospielen gelassen. Das war ihre Rache dafür, dass sie sie gezwungen hatte, ihr zu helfen.

      Steht mal gerade, sagte Grace.

      Die Mädchen beugten sich immer nach vorn. Über den Computer, über das Videospiel, über ihre eigene Brust, als wollten sie sie schützen.

      Wollt ihr denn aussehen wie zwei bucklige Hexen?, fragte Grace.

      Die Mädchen machten noch größere Buckel und alberten der Mutter erst recht was vor. Sie schlugen mit den Armen um sich, gingen tierisch grunzend aufeinander los, sprangen mit wild ausschlagenden Beinen in der kleinen Küche herum.

      Schluss jetzt mit diesem Unsinn!, schnauzte Grace sie an. Oder wir kriegen nie was zu essen.

      Is’ mir doch egal. Meg richtete sich auf und warf ihr Haar zurück.

      Brianne knallte die Schranktür zu, Grace zuckte erschrocken zusammen.

      Kumi war aus der kleinen Küche verjagt worden und lief jetzt mit großen Schritten am Esstisch auf und ab, wobei sie mit einer Hand über die Stuhllehnen fuhr.

      Alles wurde im Stillen gemacht, sagte Kumi. Die meinten, sie würden uns schützen.

      Können wir uns später darüber unterhalten?, fragte Grace.

      Kumi hielt mitten im Schritt inne. Später? Es gibt kein Später. Jetzt ist es Zeit aufzurechnen, was die uns angetan haben.

      Bei den Worten was die uns angetan haben zuckte Grace erneut zusammen.

      Denk doch an Obaachan, sagte Grace. Der Gedanke an die Großmutter würde hier vielleicht helfen. Die hätte das nicht gewollt.

      Die haben uns alles weggenommen. Unsere Häuser, unsere Arbeit, unsere Würde. Kumi zog einen Stuhl heran und setzte sich mit hängenden Schultern seitlich darauf. Unsere Kindheit.

      Wer hat alles weggenommen?, fragte Meg.

      Ganz richtig. Ihr Mädchen solltet euch auch daran beteiligen.

      Ich denke nicht …

      Woran beteiligen?, fragte Brianne und machte den Geschirrspüler zu.

      Kommt, Mädchen, sagte Kumi. Ihr könnt mir in der Dachkammer helfen.

      NEBENVORSTELLUNG

      Priya und Gigovaz wurden an der Rezeption der Einwanderungs- und Flüchtlingsbehörde von einer jungen Frau begrüßt. Das war Charlika Jones, die Dolmetscherin vom Tamilischen Bund, die sie vor einer Woche in Esquimalt kennengelernt hatten. Sie trug schulterlanges Haar und ein goldenes Nasenpiercing. Mollig kompakt und geradeheraus in ihrer Art, sagte sie ihnen sofort, dass sie sie Charlie nennen sollten, sie habe den Namen ihres Ex behalten. Zu mehr hätte er nicht getaugt.

      Priya schätzte, dass sie ungefähr gleichaltrig waren. Charlie sprach sowohl fließend Kanadisch als auch authentisch Tamil. Sie gehörte zu der Generation der dritten Kultur, die ihre Identität problemlos wechseln konnte wie ein Paar Schuhe. Wenn Charlie nach Sri Lanka fährt, dachte Priya, reden die Leute sie nicht auf Englisch an, wie sie das bei mir tun.

      Die Lobby dieses Regierungsgebäudes war eine extravagante Art-déco-Show mit geschliffenen Glastüren, Marmorwänden und mehrfarbigen Terrazzo-Fliesen mit Sonnenmotiv. Das war die Art von Bauwerk, bei dem das Budget zugunsten des ersten Eindrucks weit überzogen worden war. Die Räume, in denen die Haftüberprüfungen abgehalten wurden, waren garantiert schmucklos und bedrückend.

      Es war viertel vor zehn, und ihre Klienten sollten zu ihrem ersten Termin erscheinen. Der Tamilische Bund hatte Gigovaz in Esquimalt neun Namen gegeben: fünf Erwachsene und vier angehörige Minderjährige. Neun willkürlich ihnen zugeordnete Menschen. Neun von 503 Asylsuchenden, die das Pech hatten, in ein Land zu kommen, das gerade schlecht gelaunt war. Priya hatte beim Frühstück die Nachrichten gehört. Kanada ist ein souveräner Staat, hatte Minister Blair gesagt. Wir werden unsere Grenzen vor Gangstern und ausländischen Kriminellen schützen, und vor denen, die es darauf abgesehen haben, unsere Großzügigkeit zu missbrauchen.

      Sie warteten auf den Bus des Justizvollzugs, der mit ihren Mandanten auf dem Weg hierher war. Gigovaz hielt sich seine Zeitung, die Globe and Mail, vors Gesicht, Charlie hatte sich einen Einwegbecher mit Kaffee geholt. Priya hatte nichts zur Hand und versuchte krampfhaft, beim unumgänglichen Small Talk die Finger stillzuhalten.

      Schönes Wochenende gehabt?, sagte sie.

      Wir hatten am Samstag unsere Jahresvollversammlung. Charlie verdrehte die Augen. Ein Haufen Sri-Lanker, die fünf Stunden СКАЧАТЬ