Jesus war kein Europäer. Kenneth E. Bailey
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Название: Jesus war kein Europäer

Автор: Kenneth E. Bailey

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783417228694

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СКАЧАТЬ Kapitel behandelt vor allem die Geschichten der vier Frauen im Stammbaum Jesu im Matthäusevangelium, und insbesondere die Frage, warum die vier Frauen erwähnt werden. Dann werde ich Josef näher betrachten und seine wichtigste Tat. Beim Nachdenken über die Weihnachtsgeschichte werden beide Aspekte oft übersehen.

      Nur wenige werden sich die Mühe machen, den Stammbaum Jesu in Matthäus 1 zu lesen. Doch dem Leser, der sich nicht abschrecken lässt, werden einige wichtige Überraschungen begegnen. Erstaunlicherweise erwähnt Matthäus neben den Männern auch die Namen von vier Frauen. Im Nahen Osten werden in Ahnenreihen üblicherweise nur Männer erwähnt. Jesus Sirach beginnt seine Aufzählung (Sir 44–50) mit den Worten: „Preisen wir nun die berühmten Männer, unsere Väter der Abstammung nach.“ (V. 1; EÜ), und Lukas 3,23-38 zählt sechsundsiebzig Männer auf, ohne dass eine einzige Frau erwähnt wird. Warum nennt Matthäus neben den vierzig Männernamen auch vier Frauen?

      Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich zu betrachten, was über diese Frauen bekannt ist. Tamar wird als Erste erwähnt. In der vorchristlichen Literatur wird sie als Aramäerin betrachtet (Jub 41,1). Nach 1. Mose 38,1-30 war Tamar mit dem ältesten von drei Brüdern verheiratet, der jedoch kinderlos verstarb. In solch einem Fall wurde damals von der Familie des Bruders erwartet, die Witwe mit diesem zu verheiraten. Diese „Leviratsehe“ wird in 5. Mose 25,5-10 beschrieben. Alle Kinder, die die Witwe anschließend zur Welt brachte, galten als rechtmäßige Erben des ersten Ehemannes. Diese Form der Ehe hatte auch „mit der Unterstützung und dem Schutz der Witwe“ zu tun.42 Tamar wurde ordnungsgemäß mit dem zweiten Bruder verheiratet, der ebenfalls starb (unter unglücklichen Umständen). Da der dritte Bruder noch zu jung zum Heiraten war, versprach Tamars Schwiegervater Juda, die Familie werde sie mit dem dritten Bruder verheiraten, sobald dieser alt genug sei. Tamar wartete und wartete. Der dritte Bruder wurde erwachsen, doch das Versprechen wurde nicht eingelöst.

      Da heckte Tamar einen wagemutigen Plan aus. Als sie hörte, dass ihr Schwiegervater zu einer bestimmten Tageszeit eine bestimmte Straße entlangkommen würde, kleidete sie sich wie eine Prostituierte, verhüllte jedoch ihr Gesicht und setzte sich an die Straße, die Juda entlangkommen sollte. Er kam auch tatsächlich auf sie zu und sprach sie an: „Auf, lass mich zu dir eingehen!“ (V. 16). Sie fragte ihn, was er bereit sei zu zahlen, und er bot ihr eine Ziege an. Tamar ging darauf ein, bat ihn aber als Garantie für sein Versprechen um seinen Stab und Siegelring. Er stimmte zu, schlief mit ihr, hinterließ die vereinbarten Pfande und zog seines Wegs, ohne zu ahnen, wer sie war. Bei seiner Heimkehr schickte er die Ziege, doch niemand konnte die „Prostituierte“ auf der Straße finden. Nun wurde Tamar schwanger und die Nachricht von ihrem Zustand kam ihrem schuldigen Schwiegervater zu Ohren. Juda war wütend und verlangte, sie solle verbrannt werden. Als Tamar zu ihrer Hinrichtung gebracht wurde, schickte sie ihrem Schwiegervater den Siegelring, den Stab und eine Botschaft: „Von einem Mann, dem dies gehört, bin ich schwanger“ (V. 25). Juda erkannte sofort seinen Siegelring und seinen Stab und erklärte: „Sie ist im Recht mir gegenüber, deswegen weil ich sie meinem Sohn Schela nicht gegeben habe“ (V. 26). Tamar wurde durch einen kühnen, wagemutigen Plan zum Recht verholfen. Offenbar hatte sie leider keine anderen Mittel und Wege, ihre Rechte durchzusetzen. Nach den Gesetzen aus dem 3. Buch Mose hatten Juda und Tamar Inzest begangen und hätten gesteinigt werden müssen (3Mo 20,12). Die Geschichte zeigt uns eine mutige nicht jüdische (?) Frau, die fest entschlossen war, ihre Rechte geltend zu machen, selbst wenn sie dazu zu regelwidrigen Methoden greifen musste. Erstaunlicherweise wird sie als Vorfahrin von Jesus genannt.

      Als zweite Frau wird Rahab erwähnt, die in der gesamten Bibel als Hure bezeichnet wird. Sie wohnte in Jericho, als die Israeliten unter Josuas Führung die Stadt eroberten. Vor der Belagerung schickte Josua zwei Spione voraus (Jos 2). Rahab hatte den Mut, die Spione zu retten, als deren Leben durch ihre Landsleute bedroht war. Dafür versprachen sie Rahab, sie zu verschonen, wenn sie die Stadt einnehmen würden. Obwohl sie also Nichtjüdin und Prostituierte war, entdeckte sie, dass der Gott der Israeliten der eine, wahre Gott ist, und entschied sich, ihm allein zu dienen. Sie traf eine unglaubliche Glaubensentscheidung und setzte dafür ihr Leben aufs Spiel. Auf der Grundlage ihres neuen Glaubens handelte sie gegen ihre Gemeinschaft sowie gegen deren Götter und Anführer. Auch sie taucht in Jesu Stammbaum auf. In diesem Fall zeigt uns die Geschichte eine geläuterte unmoralische, nicht jüdische Frau mit einem mutigen Glauben.

      Bei der dritten Frau handelt es sich um eine Moabiterin namens Rut. Eine hebräische Familie aus Bethlehem zog nach Moab, wo ihre beiden Söhne moabitische Frauen heirateten. Nach einiger Zeit starben der Vater sowie seine zwei Söhne. Die Familie bestand nun nur noch aus Noomi, der Mutter, und ihren beiden Schwiegertöchtern, gebürtigen Moabiterinnen. Klugerweise erkannte Noomi, dass sie nur überleben konnte, wenn sie nach Bethlehem zurückkehrte, wo sie noch einige entfernte Verwandte hatte. Bei Noomis Abreise beschloss eine der moabitischen Frauen, in ihrem Heimatland zu bleiben. Die andere, Rut, erklärte mit inzwischen berühmten Worten, sie werde mit Noomi gehen, komme was wolle: „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will auch ich sterben, und dort will ich begraben werden“ (Rut 1,16-17).

      Die beiden kehrten nach Bethlehem zurück, wo Rut einen wohlhabenden entfernten Verwandten aus Noomis Familie kennenlernte und heiratete. Manche behaupten, Rut habe Boas verführt und außerehelichen Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt, was beschönigend als „sein Fußende aufdecken“ beschrieben werde (Rt 3,6-9.14). Dafür gibt es kaum Argumente. Der Text berichtet, dass Boas sich an einem Tag nach der Getreideernte hinlegte und einschlief. Als Rut sich ihm in der Nacht näherte, „deckte [sie] sein Fußende auf“ und schlief zu seinen Füßen. Irgendwann wachte er auf, fand eine Frau zu seinen Füßen auf, fragte sie, wer sie sei, und erhielt die Antwort: „Ich bin Rut, deine Magd. So breite den Saum deines Gewandes über deine Magd aus, denn du bist Löser!“ Sie bat ihn um die Leviratsehe. Seine ehrenhafte Antwort lautete, er werde seiner Pflicht nachkommen, und er lobte sie dafür, „nicht den jungen Männern nachgelaufen“ zu sein. Am Ende heiratete er sie und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

      Die einfache Lesart des Textes ist sicher die beste. Rut dachte sich, wenn sie dem schlafenden Boas die Füße aufdeckte, würde er von allein aufwachen, wenn er kalte Füße bekam, und sie konnte ganz unter vier Augen mit ihm reden – ein brillanter Plan. In einer kurzen Fußnote verwirft Raymond Brown die Andeutung, es könnte etwas Unmoralisches vorgefallen sein.43 Jedenfalls wurde Rut so die Großmutter von König David. Diese dritte Frau in Jesu Stammbaum war eine Nichtjüdin, die von Anfang bis Ende ihrer Geschichte eine Heilige ist. Sie legt Glauben, Liebe, Hingabe, Intelligenz und Mut an den Tag. Ohne sie wäre David nie geboren worden.

      Die vierte Frau in Matthäus’ Ahnentafel ist Batseba, die Matthäus nicht mochte. Wie sonst ließe sich der Umstand erklären, dass sie zwar in der Liste aufgeführt wird, Matthäus sich aber weigerte, ihren Namen zu nennen? Die Vorstellung, dass er ihren Namen nicht kannte, ist absurd. Er nannte sie einfach „die Frau des Uria“. Warum diese Umschreibung? Auch dahinter verbirgt sich eine Geschichte.

      Im Nahen Osten sind Männer und Frauen ausnehmend zurückhaltend, was das Entblößen ihres Körpers angeht. Doch in dieser Geschichte (2Sam 11,1–12,25) wartete Batseba, bis ihr (hetitischer) Ehemann als Soldat für Israel in den Krieg gezogen war. Dann beschloss sie, vor einem offenen Fenster in Richtung Königspalast ein Bad zu nehmen. Warum sollte sie ihr Leben mit einem einfachen ausländischen Söldner verbringen, wenn sie in den Palast nebenan bei König David einziehen konnte? Wenn sie dazu nichts weiter tun musste, als am offenen Fenster zu baden, warum sollte sie es dann nicht versuchen?

      Keine anständige Frau, ganz gleich welcher Kultur, würde so etwas tun. In einem traditionellen Dorf im Nahen Osten haben nur mächtige Personen ein zweites und drittes Geschoss in ihrem Haus. Solche Menschen können nach unten und in die Häuser, Innenhöfe und Fenster ihrer Nachbarn sehen. Der Rest der Stadt kann ihre Privaträume nicht sehen. Davids Jerusalem war klein (fünf bis sechs Hektar) und überall sehr eng bebaut. Archäologen haben in Jerusalem ein „großes Bauwerk aus Stein“ aus der Zeit Davids freigelegt, das möglicherweise sein Palast war. СКАЧАТЬ