Jesus war kein Europäer. Kenneth E. Bailey
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Название: Jesus war kein Europäer

Автор: Kenneth E. Bailey

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783417228694

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      Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Lukas berichtet unter anderem über die Geburt Jesu, dass die Heilige Familie nach Bethlehem reiste, wo sie in einem Privathaus aufgenommen wurden. Das Kind wurde geboren, in Windeln gewickelt und im Wohnraum in der Futterkrippe „zu Bett gebracht“ (so wörtlich; griech.: anaklinō), die entweder in den Boden eingelassen war oder aus Holz bestand und in den Familienwohnraum geholt wurde. Nun fragt sich der Leser natürlich, warum sie nicht im Gästezimmer untergebracht wurden? Weil es bereits mit anderen Gästen belegt war. Die Gastfamilie nahm Maria und Josef freundlich im Familienzimmer ihres eigenen Hauses auf.

      In diesem Fall hätte man die Männer während der Geburt selbstverständlich hinausgeschickt und die Hebamme und andere Frauen aus dem Ort hätten bei der Geburt geholfen. Nachdem das Kind geboren und gewickelt war, legte Maria es in einer Futterkrippe mit frischem Stroh schlafen und deckte es mit einer Decke zu. Als Erwachsener wurde Jesus später von den einfachen Menschen gern gehört (Mk 12,37). Schon bei seiner Geburt erfuhr er diese Annahme. – Und was war mit den Hirten?

      Die Geschichte von den Hirten untermauert das Bild, das ich bisher gezeichnet habe. Hirten im Palästina des ersten Jahrhunderts waren arm, und rabbinische Überlieferungen stigmatisierten sie als unrein.38 Das mag seltsam erscheinen, da Psalm 23 mit den Worten beginnt: „Der HERR ist mein Hirte.“ Es ist nicht klar, wie es zu dem Bedeutungswandel kam: vom Hirten als positives Sinnbild zu einem Berufsstand, der als unrein angesehen wurde. Der Hauptgrund scheint darin zu bestehen, dass die Herden Privateigentum auffraßen.39 In der rabbinischen Literatur gibt es fünf Aufzählungen „geächteter Berufe“, und Schafhirten tauchen in drei dieser fünf Aufzählungen auf.40 Diese Listen stammen aus nach-neutestamentlicher Zeit, könnten jedoch Gedankengut widerspiegeln, das schon zur Zeit Jesu vorhanden war. Auf jeden Fall waren Hirten ungebildete Menschen aus einer niedrigen sozialen Schicht.

      In Lukas 2,8-14 waren die ersten, die die Botschaft der Geburt Jesu hörten, gewöhnliche Hirten: Menschen der untersten sozialen Schicht. Sie hörten die Botschaft und fürchteten sich. Anfangs jagte ihnen wahrscheinlich der Anblick der Engel Angst ein, doch später wurde ihnen aufgetragen, das Kind zu besuchen! Wäre das Kind tatsächlich der Messias, würden die Eltern sie als Hirten sicherlich abweisen, wenn sie das Kind besuchen wollten. Wodurch würden die Hirten sich davon überzeugen lassen, dass sie willkommen waren?

      Die Engel rechneten mit dieser Angst und teilten den Hirten mit, sie würden das Kind in Windeln gewickelt finden (genauso, wie einfache Hirten ihre neugeborenen Kinder versorgten). Außerdem erfuhren sie, es werde in einer Futterkrippe liegen! Das heißt, sie würden das Christuskind in einem gewöhnlichen Bauernhaus vorfinden. Er lebte nicht im Haus eines Statthalters oder im Gästezimmer eines wohlhabenden Händlers, sondern in einem einfachen Haus mit zwei Zimmern, wie sie es selbst bewohnten. Das waren wirklich gute Nachrichten! Vielleicht würde man ihnen dort nicht sagen: „Ihr seid unrein! Macht euch aus dem Staub!“ Dies war ihr Zeichen, ein Zeichen für arme Schafhirten.

      Mit dieser besonderen Ermutigung machten sich die Hirten auf den Weg nach Bethlehem, trotz ihrer Niedrigkeit (vgl. Lk 1,52). Beim Eintreffen erzählten sie ihre Geschichte, und alle staunten darüber. Als sie wieder gingen, „priesen und lobten [sie] Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten“ (Lk 2,20). Das Wort alles umfasste sicherlich auch die Qualität der Gastfreundschaft, die sie bei ihrer Ankunft erlebt hatten. Anscheinend hatten sie die Heilige Familie in einer völlig angemessenen Unterkunft vorgefunden, nicht in einem schmutzigen Stall. Wenn sie bei ihrem Eintreffen einen stinkenden Stall, eine verängstigte junge Mutter und einen verzweifelten Josef vorgefunden hätten, hätten sie gesagt: „Das ist unerhört! Kommt mit zu uns nach Hause! Unsere Frauen werden sich um euch kümmern!“ Und binnen fünf Minuten hätten die Hirten die kleine Familie in ihre eigenen Häuser gebracht. Die Ehre des gesamten Dorfes hätte auf ihren Schultern gelegen und sie hätten die Verantwortung gespürt, ihre Pflicht zu tun. Der Umstand, dass sie wieder von dannen zogen, ohne die junge Familie mitzunehmen, bedeutet wohl, dass die Hirten den Eindruck hatten, keine bessere Gastfreundschaft bieten zu können, als sie der Familie bereits entgegengebracht worden war.

      Die Menschen des Nahen Ostens haben eine außergewöhnliche Fähigkeit, ihre Gäste zu ehren. Das wird bereits in der Geschichte von Abraham und seinen Gästen klar (1Mo 18,1-8) und setzt sich bis in die Gegenwart fort. Die Hirten verließen die Heilige Familie und lobten Gott für die Geburt des Messias und für die Gastfreundschaft in dem Haus, in dem er geboren worden war. Das ist die Krönung der Geschichte der Hirten. Das Kind wurde für Menschen wie die Schafhirten geboren – für die Armen, Niedrigen, Abgelehnten. Er kam aber auch für die Reichen und Weisen, die später mit Gold, Weihrauch und Myrrhe erscheinen.

      Matthäus informiert seine Leser, dass die Weisen das Haus betraten, wo sie Maria und das Kind sahen (Mt 2,1-12). Matthäus bestätigt die Annahme, dass Lukas’ Bericht eine Geburt in einem Privathaus beschreibt.

      Wenn man die Berichte so versteht, sind alle kulturellen Probleme gelöst, auf die ich hinwies. Josef war nicht gezwungen, eine kommerzielle Herberge aufzusuchen. Er erscheint nicht als ein unfähiger und unzulänglicher Ehemann, der nicht für Marias Bedürfnisse sorgen kann. Ebenso wenig verärgerte Josef die Verwandten seiner Frau, indem er sich in einer Krise nicht an sie wandte. Das Kind wurde einige Zeit, nachdem sie in Bethlehem eintrafen, in der normalen Umgebung eines Bauernhauses geboren, und sie mussten sich auch nicht mit einem herzlosen Herbergswirt auseinandersetzen. Es wurde nicht ein Mitglied des Hauses Davids durch Ablehnung gedemütigt, als er in den Ort zurückkehrte, aus dem seine Familie stammte. Die Bewohner von Bethlehem boten das Beste, was sie hatten, und wahrten ihre Ehre als Gemeinschaft. Die Hirten waren keine hartherzigen Tölpel ohne genug Geistesgegenwart, um einer bedürftigen fremden Familie zu helfen.

      Wir können unsere Weihnachtskrippe daheim so belassen, wie sie ist, denn „Ochs und Esel“ waren bestimmt in der Nähe. Doch die Krippe stand in einem warmen, freundlichen Haus, nicht in einem kalten, einsamen Stall. Wenn wir die Geschichte in diesem Licht betrachten, lösen sich zahlreiche Schichten von Auslegungs-Mythologie auf, die sich darum gebildet haben. Jesus wurde in einem einfachen Zweizimmerhaus in einem Dorf geboren, wie sie im Nahen Osten seit mindestens dreitausend Jahren zu finden sind. Ja, wir müssen unsere Krippenspiele umschreiben, doch die Geschichte wird dadurch nur bereichert, nicht abgewertet.41

      1. Jesus wurde voll und ganz Mensch, die Inkarnation geschah ohne Abstriche. Bei seiner Geburt wurde die Heilige Familie in das Haus einer einfachen Familie aufgenommen. Diese Leute gaben ihr Bestes und es reichte aus. Bei seiner Geburt gewährten ihm die einfachen Menschen Unterschlupf. Die Weisen reisten zu diesem Haus. Als Jesus erwachsen geworden war, hörten ihn die einfachen Menschen gern.

      2. Die Hirten waren an der Krippe willkommen. Die Unreinen wurden als rein angesehen. Die Ausgestoßenen wurden zu Ehrengästen. Das Lied der Engel wurde für die einfachsten aller Menschen gesungen.

      Ich weiß, dass in unserer zunehmend säkularisierten Welt der Wunsch „Frohe Weihnachten“ mit „Schöne Feiertage“ im Wettstreit liegt. Ich wünsche mir sehr, das traditionelle „Frohe Weihnachten“ in eine andere Richtung zu lenken und einen neuen Gruß für den Weihnachtsmorgen einzuführen:

      Gruß: Der Retter ist geboren.

      Antwort: Er ist in einer Krippe geboren.

      Wie gut wäre es, wenn wir einander so grüßten!

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