Название: Imperium USA
Автор: Daniele Ganser
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная прикладная и научно-популярная литература
isbn: 9783280090886
isbn:
Imperien steigen auf und zerfallen wieder. Imperien sind nicht von Dauer. Das römische Imperium, das spanische Imperium, das osmanische Imperium, das französische Imperium und das britische Imperium waren einst groß und furchteinflößend. Doch heute existieren sie nicht mehr. Auch das US-Imperium wird eines Tages zerfallen und von einer anderen Machtstruktur abgelöst werden. Wann und wie das geschehen wird, ist derzeit unbekannt. Wenn Nationen zu viel für Rüstung ausgeben, »dann überanstrengen sie sich wahrscheinlich«, warnt der britische Historiker Paul Kennedy. »Eine Nation ist dann wie ein alter Mann, der eine Arbeit verrichten will, die seine Kraft übersteigt.«7
Gallup befragt 67000 Menschen in 65 Ländern
»Welches Land ist heute die größte Gefahr für den Weltfrieden?« Diese spannende Frage stellte das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup mit Hauptsitz in Washington bei einer globalen Umfrage im Jahre 2013. Gallup hatte schon seit 1977 jedes Jahr eine globale Umfrage zum Zustand der Welt durchgeführt. Doch erst im neuen Jahrtausend wagten die US-Meinungsforscher, diese brisante Frage zu stellen, nachdem Radiohörer danach verlangt hatten. Im Rahmen der Umfrage wurden, während der Amtszeit von Präsident Barack Obama, zwischen September und Dezember 2013 mehr als 67000 Menschen in 65 Ländern befragt. Die Frage wurde also weltweit gestellt. Und das Resultat war eindeutig.
Von den Befragten bezeichneten 24 Prozent oder rund ein Viertel der Weltbevölkerung die USA als die größte Gefahr für den Weltfrieden. Die BBC kommentierte, dass dies »schlechte, aber nicht völlig überraschende Nachrichten für die USA« seien. Auf Platz zwei der gefährlichsten Länder rangierte die muslimische Atommacht Pakistan, mit 8 Prozent der Stimmen weit hinter den USA. Auf Platz drei der gefährlichsten Länder liegt China. Das bevölkerungsreichste Land der Welt wurde von 5 Prozent der Befragten als gefährlichstes Land eingestuft. Das von der kommunistischen Partei kontrollierte China teilte sich den dritten Rang mit Israel (5%), Nordkorea (5%), Afghanistan (5%) und dem Iran (5%). Auf den danach folgenden Plätzen wurden noch diese Länder als große Gefahr für den Weltfrieden genannt: Indien (4%), der Irak (4%), Japan (4%), Syrien (3%), Russland (2%), Australien (1%), Deutschland (1%), Palästina (1%), Somalia (1%), Südkorea (1%) und Großbritannien (1%).8
Dieselbe Gallup-Umfrage wollte auch Folgendes wissen: »Wenn es keine Grenzen gäbe, in welchem Land würden Sie am liebsten leben?« Mit 38 Prozent hat die klare Mehrheit der Befragten geantwortet, dass sie am liebsten in dem Land leben, wo sie schon sind. Die Mehrheit der Menschen will nicht auswandern, sondern im Kreise ihrer Familie leben, fast alle Menschen fühlen sich der Kultur, Sprache, Landschaft und dem Essen ihres Heimatlandes verbunden. Aber für jene Menschen, welche auswandern möchten, waren die USA mit 9 Prozent das begehrteste Zielland, gefolgt von Australien (7%), Kanada (7%), der Schweiz (6%), Frankreich (4%), Deutschland (4%), Großbritannien (4%) und Italien (3%).
Dass die USA 2013 als größte Gefahr für den Weltfrieden eingestuft wurden, war keine gänzlich neue Entwicklung. »Ich glaube, den meisten Europäern erscheint Amerika derzeit als das gefährlichste Land der Welt«, hatte der britische Historiker Arnold Toynbee schon 1971 gesagt, ohne dass er auf empirische Daten aus einer Umfrage zurückgreifen konnte. »Nachdem Amerika fraglos das mächtigste Land ist, hat die Wandlung des Amerikabildes in den letzten dreißig Jahren etwas sehr Erschreckendes«, so Toynbee, der vor dem Hintergrund des laufenden Vietnamkrieges schrieb. »Wahrscheinlich noch erschreckender ist es für die große Mehrheit der menschlichen Bevölkerung, die weder Europäer noch Nordamerikaner sind, sondern Lateinamerikaner, Asiaten und Afrikaner.« Denn immer wieder habe die USA mit rücksichtsloser Gewalt in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingegriffen. Daher, so Toynbee, seien die USA »der Alptraum«.9
Nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar 2017 wurden die Werte für die USA nicht besser. »Die Besorgnis über die Macht und den Einfluss der USA ist in vielen Ländern weltweit angestiegen, während das Vertrauen in den US-Präsidenten stark eingebrochen ist«, erklärte das US-Meinungsforschungsinstitut Pew im August 2017. Pew befragte Menschen in 30 verschiedenen Ländern aus Nordamerika, Südamerika, Europa, Afrika, Asien und Australien. Diese globale Umfrage wurde erstmals 2013 während der Präsidentschaft von Obama durchgeführt, und dann nochmals 2017, als Präsident Trump im Weißen Haus regierte. Schon unter Präsident Obama wurden die USA als große Gefahr für die Welt eingestuft, doch nachdem Präsident Trump ins Weiße Haus eingezogen war, nahm das Misstrauen gegenüber den USA noch weiter zu.
»In 21 der befragten 30 Länder hat die Anzahl der Menschen zugenommen, welche die USA als eine ernste Gefahr für ihr Land einstufen«, fand Pew im Jahre 2017. Die Nachbarn Mexiko und Kanada stuften die USA als eine größere Gefahr ein als China oder Russland. Auch in den NATO-Staaten Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Holland wurden die USA in der Umfrage von 2017 als gefährlicher eingestuft als noch in der Umfrage von 2013. Zudem fand Pew heraus, dass Frauen in Australien, Kanada, Japan, Großbritannien und Frankreich die USA als größere Gefahr einstufen als die befragten Männer im selben Land. Ebenso ergab die Umfrage, dass Menschen, die linke Parteien wählen, in Großbritannien, Schweden, Südkorea und Australien die USA als größere Gefahr einstufen als Menschen, die in denselben Staaten rechte Parteien wählen.10
Aktuelle Untersuchungen aus Deutschland bestätigen diese kritische Sicht auf die USA. Nach einer im Jahre 2018 publizierten Studie der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen »geht für 79 Prozent der Deutschen die größte Gefährdung des Weltfriedens vom US-Präsidenten Donald Trump aus. Nur für 13 Prozent ist Putin eine Gefahr für die Welt, für acht Prozent sind beide gleichermaßen furchteinflößend.« Das Ansehen der USA ist in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. »Die USA, die nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg erstaunlich schnell von einer Sieger- zur bewunderten, ja verehrten Schutzmacht wurden, werden von den Deutschen immer kritischer gesehen«, kommentierte die Augsburger Allgemeine Zeitung die Forsa-Studie. Einen Bruch in der Beurteilung der USA habe es nach dem Einzug von George W. Bush ins Weiße Haus im Jahr 2001 gegeben, so der deutsche Studienleiter Manfred Güllner. »Er galt spätestens nach dem Irak-Krieg als im Vergleich zu Putin weit gefährlicherer Kriegstreiber. Bushs Vorgänger Bill Clinton haben die Deutschen noch vertraut.«11
Immer neue Umfragen erhärten dieses Bild. »Die Deutschen sehen die USA als größte Bedrohung für den Frieden, vor Nordkorea, der Türkei und Russland«, vermeldete der »Sicherheitsreport 2019«, der seit 2011 jährlich erhoben wird. In der repräsentativen Bevölkerungsumfrage wurden über 1200 Deutsche ab 16 Jahren durch das Centrum für Strategie und Höhere Führung in Köln befragt. Fast die Hälfte der Befragten gab an, sie habe das Gefühl in besonders unsicheren Zeiten zu leben. »Der Sicherheitsreport 2019 zeigt deutlich: Für die Bundesbürger gibt es einen zentralen Unsicherheitsfaktor, der ihnen Angst macht. Und der heißt USA unter der Führung von Donald Trump«, kommentierte Studienleiter Klaus Schweinsberg das Ergebnis.12
Die Umfrage ergab, dass mehr als 56 Prozent der Deutschen die USA als größte Gefahr für den Weltfrieden sehen. Im Vorjahr 2018 waren es noch 40 Prozent gewesen. Damals hatte die Mehrheit Nordkorea als größte Bedrohung gesehen. Den Marsch der USA an die Spitze der größten Bedrohungen und die Verdrängung von Nordkorea bezeichnete Studienleiter Schweinsberg als »traurige Karriere«. Beobachter erklärten, diese Entwicklung sei nicht völlig überraschend. »Es gab auch in Deutschland schon immer eine kritische Betrachtung der amerikanischen Politik und Gesellschaft. Die dortige Kultur wird oft als oberflächlich empfunden, die Außenpolitik als egoistisch«, kommentierte RTL. »Im Osten Deutschlands ist dieser Eindruck sogar noch stärker zu spüren als im Westen.«13