Название: Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027204168
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»Glauben Sie wirklich, daß er was gehört hat?«
»Ganz bestimmt. Er muß unmittelbar an der Tür gelauscht haben.«
»Na, viel gehört hat er ja nicht«, meinte Brown.
»Die Tatsache allein, daß er uns belauschte, genügt mir«, entgegnete Helder grimmig.
Helder war ein guter Fahrer und hatte einen so starken Wagen, daß die beiden roten Schlußlichter, denen sie folgten, immer näher kamen.
Sie sausten durch die City, die Queen Victoria Street und dann das Themseufer entlang. Helders Nerven vibrierten, als sie sich dem Ende der breiten Uferstraße näherten. Auf der rechten Seite hob sich der große Gebäudekomplex ab, der in der ganzen Welt berühmt ist.
»Wenn er bei Scotland Yard hält, müssen wir noch diese Nacht England verlassen – und hoffentlich gelingt es uns dann noch.«
Er atmete auf, als der Wagen an dem großen Torbogen! des Polizeipräsidiums vorbeiraste, rechts einbog und über die Westminster Brücke fuhr. Am ändern Ufer bremste das Auto scharf, jemand sprang heraus, und als die Verfolger eben anhielten, lief der Unbekannte bereits eine lange Treppe hinunter, die zum Fluß führte.
»Jetzt haben wir ihn!« rief« Helder triumphierend.
Er eilte hinterher, so schnell er konnte, doch auf den untersten Stufen machte er erschrocken halt. Ein kleiner Landungssteg lag vor ihm, grell beleuchtet vom Scheinwerfer eines Motorboots, in dem zwei Leute saßen. Und unmittelbar vor ihm stand – Mrs. Verity Bell.
»Gehen Sie ruhig wieder fort, Mr. Helder«, sagte sie und richtete so nebensächlich eine langläufige Pistole auf ihn, als ob es ein Sonnenschirm sei. »Sie haben meinen Mann eines Verbrechens beschuldigt, das Sie selbst begehen«, fuhr sie fort. »In Ihrem eigenen Interesse kann ich Ihnen nur raten, sich jetzt in acht zu nehmen.«
16
Der Kassierer von Cooks Reisebüro an der Place de l’Opera in Paris hatte wie immer einen arbeitsreichen Tag. Gerade wurden ihm von einem Kunden fünf französische Banknoten zu je tausend Franc und acht amerikanische Hundertdollarscheine mit dem Ersuchen eingehändigt, sie in englisches Geld umzuwechseln.
Er zählte die Scheine sorgfältig, berechnete den derzeitigen Kurs und entnahm einem Geldschrank, der in seiner Reichweite stand, die erforderliche Menge englischer Banknoten. Zwei Pfund und einige Schillinge legte er auf Wunsch des Reisenden in Kleingeld dazu.
Bevor er die ganze Summe aushändigte, zählte er die französischen und amerikanischen Scheine, wie er es gewohnt war noch einmal nach. Dabei fiel ihm auf, daß die Worte ›Banque Nationale‹ nicht die tiefviolette Färbung hatten, die er sonst zu sehen gewohnt war. Diese Eigentümlichkeit entdeckte er nur auf einer der Noten. Er hielt den heller gefärbten Schein neben die anderen und sein Verdacht verstärkte sich.
Jetzt prüfte er auch die amerikanischen Banknoten genauer. Sie unterschieden sich zwar in keiner Weise voneinander, aber um ganz sicher zu gehen, verglich er sie mit einem Hundertdollarschein, den er aus dem Geldschrank nahm. Wieder schien ihm etwas nicht ganz zu stimmen. Zeichnung und Druck waren zwar gleich, aber ein sicheres Gefühl sagte ihm, daß trotzdem irgend etwas nicht in Ordnung war.
Kurz entschlossen drückte er auf einen unter der Tischplatte seines Schalters verborgenen Klingelknopf, und der mittelgroße Herr, der ungeduldig auf sein Geld wartete, sah plötzlich neben sich zwei Bankdetektive auftauchen.
»Würden Sie so liebenswürdig sein, Monsieur, uns in das Büro des Direktors zu folgen?«
Diesen Wunsch hatte der Herr aber durchaus nicht. Laut und erregt sprach er auf die beiden ein und protestierte energisch gegen die Belästigung, wie er es nannte. Seiner Aussprache war unverkennbar der Amerikaner anzumerken. Schließlich drehte er sich um und wollte den Raum verlassen, und das war in dieser Situation das Dümmste, was er nur tun konnte. Welcher vernünftige Mann würde einen so hohen Betrag, auch wenn er sich noch so ärgerte, ohne weiteres im Stich lassen?
Die beiden Beamten, die bis jetzt höflich neben ihm gestanden hatten, packten plötzlich fest zu. Einen Augenblick lang gab es eine etwas turbulente Szene, doch dann wurde der Mann ohne weiteres in einen Nebenraum geschoben, dessen Tür sich schnell hinter ihm schloß. Eine Viertelstunde später verließ er das Gebäude durch einen Hinterausgang, eskortiert von den beiden Beamten, die ihn in die Mitte nahmen.
Gold, der gerade dabei war, sich vom Polizeipräsidium einen Haussuchungsbefehl für die Heldersche Wohnung zu verschaffen, verließ auf ein Telegramm hin London mit dem nächsten Zug und fuhr nach Paris.
Ein hoher Beamter der französischen Kriminalpolizei holte ihn an der Gare du Nord ab und begleitete ihn zur Präfektur. Auf dem Weg dorthin erklärte ihm der französische Kollege, was sich ereignet hatte.
»Ob die amerikanischen Dollarnoten gefälscht sind, konnten wir noch nicht genau feststellen – die französischen Scheine sind auf jeden Fall sehr gute Fälschungen. Der Mann, den wir verhaftet haben, ist Amerikaner. Er kam am letzten Samstag in Le-Havre an und hatte eine ganze Menge Empfehlungsbriefe an die verschiedenen amerikanischen Konsulate in Europa dabei. Wenn er sich durch sein ungeschicktes Benehmen nicht verdächtig gemacht hätte, wäre er bestimmt nicht festgenommen worden. Wahrscheinlich hätten wir ihn eben für das unschuldige Opfer irgendeines Gauners gehalten.«
»Wie heißt er denn?«
»Er nennt sich Schriener und gibt an, daß er in New York ein Versandhaus für Porzellanwaren hat und sich auf einer Erholungsreise in Europa befindet. Die New Yorker Polizei war auch schon hinter ihm her, wie wir bereits erfahren haben. Sein Gepäck wurde natürlich sorgfältig durchsucht.«
»Und haben Sie dabei etwas Besonderes gefunden?«
»Nichts, das ihn belasten könnte«, sagte der französische Beamte zögernd. »Wir haben Sie hergebeten, damit Sie sich einmal mit ihm unterhalten. Im übrigen hat er sich bereits mit dem amerikanischen Konsulat in Paris in Verbindung gesetzt.«
Gold nickte. Die meisten Amerikaner wandten sich sofort an ihre diplomatischen Vertretungen, wenn sie in Schwierigkeiten gerieten.
Gold unterhielt sich mit dem Mann in einem kleinen Büro auf der Präfektur, wo man ihn vorläufig untergebracht hatte. Er war mittelgroß, grauhaarig und gut angezogen. Man konnte ihn auf ungefähr fünfzig Jahre schätzen.
»Guten Tag«, sagte Gold und reichte ihm die Hand.
Er bemerkte dabei sofort, daß die Hand des anderen ziemlich rauh war. Der Mann sah im übrigen auch nicht so aus, als ob er sein Leben als reicher Müßiggänger verbracht hätte. Auf Golds Fragen gab er nur zögernde Antworten, und Gold brach das Verhör bald ab, um im Büro des Polizeipräfekten die amerikanischen Banknoten zu untersuchen. Das kleine Päckchen Hundertdollarscheine wurde ihm überreicht. Er besah sie sorgfältig von allen Seiten, dann gab er sie wieder zurück.
»Es besteht gar kein Zweifel«, sagte er, »daß sie alle gefälscht sind – und zwar meisterhaft gefälscht. Darf ich mir einmal alles ansehen, was der Mann bei sich trug?«
»Die Schriftstücke, die wir bei ihm fanden, liegen hier«, antwortete der СКАЧАТЬ