Die Ethik. Baruch de Spinoza
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Название: Die Ethik

Автор: Baruch de Spinoza

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 9783843802734

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СКАЧАТЬ ist hier jedoch nicht der Ort, dies aus der Natur des menschlichen Geistes abzuleiten; es wird vielmehr genügen, etwas, das jeder anerkennen muss, zur Grundlage zu nehmen, die Tatsache nämlich, dass alle Menschen, ohne die Ursachen der Dinge zu kennen, auf die Welt kommen und dass alle den Antrieb haben, ihren Nutzen zu suchen und sie dieses wohl wissen. Denn daraus folgt erstens, dass die Menschen sich für frei halten, da sie sich ihres Wollens und ihres Begehrens bewusst sind, während sie nicht im Traum an die Ursachen denken, von denen sie zum Begehren und Wollen bestimmt werden, weil sie dieselben eben nicht kennen. Es folgt zweitens, dass die Menschen alles um eines Zwecks willen tun, nämlich um des Nutzens willen, den sie begehren. Daher kommt es, dass sie stets nur die Endzwecke der vollbrachten Dinge zu wissen wünschen und befriedigt sind, wenn sie diese erfahren haben, weil sie dann keinen Anlass haben, sich weiter damit zu befassen. Können sie diese Zwecke aber von keinem anderen erfahren, so bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich an sich selbst zu wenden und auf Zwecke zu sinnen, von denen sie selbst zu solchen bestimmt zu werden pflegen, und so beurteilen sie die Sinnesweise eines anderen notwendig nach ihrer eigenen Sinnesweise.

      Da sie zudem in sich und außer sich zahlreiche Mittel bemerken, die zur Erreichung ihres Nutzens nicht wenig beitragen, wie z.B. die Augen zum Sehen, die Zähne zum Kauen, Pflanzen und Tiere zur Nahrung, die Sonne zum Leuchten, das Meer, Fische zu nähren u.s.w., so kommt es, dass sie alles in der Natur als Mittel zu ihrem Nutzen betrachten. Und weil sie wissen, dass jene Mittel von ihnen aufgefunden, aber nicht hergestellt sind, so hat dies den Glauben verursacht, irgendein anderer sei es, der diese Mittel zu ihrem Nutzen bereitet habe. Denn nachdem sie einmal die Dinge als Mittel ansahen, so konnten sie nicht glauben, dass diese sich selbst gemacht hätten, sondern aus den Mitteln, die sie sich selbst zu bereiten pflegen, mussten sie schließen, es gäbe irgendeinen oder mehrere mit menschlicher Freiheit begabte Lenker der Natur, die alles für sie besorgt und alles zu ihrem Nutzen gemacht hätten. Auch die Sinnesweise dieser Lenker der Natur mussten sie, da sie über dieselbe nie etwas erfahren hatten, nach ihrer eigenen Sinnesweise beurteilen. Daher ihre Behauptung, die Götter lenkten alles zum Nutzen der Menschen, um sich die Menschen zu verpflichten und von ihnen hoch verehrt zu werden. Daher ist es gekommen, dass der eine diese, der andere jene Art der Gottesverehrung in seinem Kopfe erdacht hat, damit Gott ihn mehr als die übrigen Menschen lieben und die ganze Natur zum besten seiner blinden Begierde und unersättlichen Habsucht lenken möge. So ist jenes Vorurteil zum Aberglauben ausgewachsen und hat in den Geistern tiefe Wurzeln geschlagen. Und dies war der Grund, weshalb die Menschen sich alle Mühe gaben, die Endzwecke aller Dinge zu erkennen und zu erklären.

      Aber während sie zu zeigen suchten, dass die Natur nichts vergebens (d.h., was für den Menschen keinen Nutzen hat) tue, haben sie, wie mir scheint, nichts anderes gezeigt, als dass die Natur samt den Göttern ebenso wahnwitzig sei wie die Menschen. Man sehe doch nur, wohin die Sache schließlich führte. Unter so vielem Nützlichen in der Natur mussten sie nicht wenig Schädliches bemerken, Stürme, Erdbeben, Krankheiten u.s.w.; und diese, behaupteten sie, seien deswegen da, weil die Götter erzürnt wären über die ihnen von den Menschen angetanen Kränkungen oder über die in ihrem Dienste begangenen Verfehlungen. Und obwohl die Erfahrung widersprach und durch unzählige Beispiele zeigte, dass den Frommen ebenso wie den Nichtfrommen bald Nützliches, bald Schädliches zuteil wird, gaben sie darum doch das eingewurzelte Vorurteil nicht auf. Denn es war ihnen leichter, dies unter anderes Unbekannte, dessen Nutzen sie nicht wussten, zu rechnen und so in ihrem wirklichen und angebornen Zustand der Unwissenheit zu verharren, als jenes ganze Gebäude einzureißen und ein neues auszudenken. Deshalb nahmen sie als gewiss an, dass die Absichten der Götter die menschliche Fassungskraft weit übersteigen; was sicherlich allein schon hätte verursachen können, dass die Wahrheit dem Menschengeschlecht in Ewigkeit verborgen geblieben wäre, wenn nicht die Mathematik, die sich nicht mit Zwecken, sondern nur mit dem Wesen und den Eigenschaften der Figuren beschäftigt, den Menschen eine andere Norm der Wahrheit gezeigt hätte. Neben der Mathematik können noch andere Ursachen gezeigt werden (deren Aufzählung hier überflüssig ist), die bewirkten, dass die Menschen auf diese gemeinen Vorurteile aufmerksam geworden sind und zur rechten Erkenntnis der Dinge geführt wurden. Damit habe ich den ersten Punkt dessen, was ich zu zeigen versprochen, hinlänglich auseinandergesetzt.

      Um nun aber zu zeigen, dass die Natur sich keinen Zweck vorgenommen hat und dass alle Endzwecke nichts als menschliche Einbildung sind, bedarf es nicht viel. Denn ich glaube, dass sich dies schon genügend sowohl aus den Grundlagen und Ursachen ergibt, aus denen ich den Ursprung dieses Vorurteils abgeleitet habe, wie auch aus dem Lehrsatz 16 und den Zusätzen zum Lehrsatz 32 und außerdem noch aus allen Sätzen, in denen ich gezeigt habe, dass alles in der Natur nach einer gewissen ewigen Notwendigkeit und höchsten Vollkommenheit hervorgeht. Das aber will ich noch hinzufügen, dass diese Lehre vom Zweck die Natur völlig auf den Kopf stellt. Denn sie betrachtet als Wirkung, was in Wahrheit Ursache ist, und umgekehrt. Außerdem macht sie das, was von Natur das erste ist, zum letzten. Schließlich verkehrt sie das Höchste und Vollkommenste zum Unvollkommensten. Denn (auf die beiden ersten gehe ich nicht weiter ein, weil sie an sich klar sind) wie aus den Lehrsätzen 21, 22 und 23 hervorgeht, ist die Wirkung die vollkommenste, die von Gott unmittelbar hervorgebracht wird; je mehr vermittelnder Ursachen aber eine Wirkung bedarf, um hervorgebracht zu werden, desto unvollkommener ist sie. Wenn nun die Dinge, die unmittelbar von Gott hervorgebracht sind, deshalb gemacht wären, damit Gott seinen Zweck erreichte, so wären notwendig die letzten, um derentwillen die ersten gemacht sein sollen, die vorzüglichsten von allen. Weiter hebt diese Lehre die Vollkommenheit Gottes auf. Denn wenn Gott um eines Zwecks willen handelt, so begehrt er notwendig etwas, das er entbehrt. Wenn nun auch Theologen und Metaphysiker zwischen Bedürfniszweck und Assimilationszweck unterscheiden, so geben sie doch zu, dass Gott alles um seinetwillen, nicht aber der zu schaffenden Dinge wegen getan habe; weil sie nichts vor der Schöpfung außer Gott angeben können, dessentwegen Gott handeln sollte. Sie müssen also notwendig zugeben, dass Gott die Dinge, für die er die Mittel habe bereiten wollen, entbehrt hätte. Das ist an sich klar. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass Anhänger dieser Lehre, die im Angeben der Zwecke der Dinge ihren Scharfsinn zeigen wollen, eine neue Art der Beweisführung aufgebracht haben, um diese ihre Lehre glaublich zu machen. Sie führen dieselbe nämlich nicht auf die Unmöglichkeit, sondern auf die Unwissenheit zurück; was zeigt, dass ihnen kein anderes Beweismittel für diese Lehre zu Gebote stand. Wenn z.B. ein Stein von einem Dach auf den Kopf eines Menschen fällt und ihn tötet, so beweisen sie, der erwähnten Methode gemäß, dass der Stein gefallen sei, um den Menschen zu töten, folgendermaßen: Wäre der Stein nicht zu eben diesem Zwecke, nach dem Willen Gottes, heruntergefallen, wie mochten da so viele Umstände (denn oft treffen viele zusammen) durch Zufall zusammentreffen? Antwortet man, es sei so gekommen, weil der Wind wehte und weil der Mensch gerade dort vorbeiging, so wenden sie dagegen ein: Weshalb hat der Wind gerade damals geweht? Warum ist der Mensch gerade damals dort vorbeigegangen? Erwidert man darauf: Der Wind fing damals zu wehen an, weil das Meer tags zuvor, bei noch ruhigem Wetter, in Bewegung kam, und der Mensch ging damals dort vorbei, weil er von einem Freunde eingeladen war, so wenden sie – da das Fragen keine Grenzen hat – abermals ein: Warum aber kam das Meer in Bewegung? Warum war der Mensch damals eingeladen? Und so werden sie nicht aufhören, fort und fort nach den Ursachen der Ursachen zu fragen, bis man zum Willen Gottes seine Zuflucht nimmt, d.h. zum Asyl der Unwissenheit. Ebenso, wenn sie den Bau des menschlichen Körpers ins Auge fassen, stehen sie erstaunt und schließen, weil sie die Ursachen dieses großen Kunstwerks nicht kennen, dass derselbe nicht durch mechanische, sondern durch eine göttliche und übernatürliche Kunst gebildet und so eingerichtet worden sei, dass kein Teil den anderen verletzt.

      Daher kommt es, dass, wer die wahren Ursachen des Wunderbaren aufsucht und wer danach strebt, die natürlichen Dinge als Wissender zu verstehen, statt sie als Einfältiger anzustaunen, oft von denen als Ketzer und schlechter Mensch angesehen und verschrieen wird, die das Volk als die Dolmetscher der Natur und der Götter verehrt. Denn sie wissen, dass mit der Unwissenheit auch das Anstaunen, das einzige Mittel, womit sie ihre Lehren beweisen und ihr Ansehen behaupten, dahinschwindet. Ich verlasse dieses nun jedoch und wende mich jetzt zum dritten Punkt, den ich hier zu behandeln mir vorgenommen habe.

      Nachdem die Menschen sich einmal eingeredet hatten, das alles, was geschieht, ihretwillen geschehe, СКАЧАТЬ