Die Ethik. Baruch de Spinoza
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Читать онлайн книгу Die Ethik - Baruch de Spinoza страница 14

Название: Die Ethik

Автор: Baruch de Spinoza

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

Серия:

isbn: 9783843802734

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СКАЧАТЬ u.s.w. Und daraus, dass sie sich für frei halten, sind die weiseren Begriffe entstanden: Lob und Tadel, Verfehlung und Verdienst. Diese letzteren werde ich indessen erst später behandeln, nachdem ich die menschliche Natur behandelt haben werde; die ersteren aber seien hier kurz erläutert. Alles, was zum Wohlbefinden oder zur Verehrung Gottes beiträgt, nannte man gut, das Gegenteil aber schlecht. Und weil diejenigen, die die Natur der Dinge nicht erkennen, nichts von den Dingen selbst behaupten, sondern sich die Dinge nur sinnlich vorstellen und die sinnliche Vorstellung für Erkenntnis halten, glauben sie in ihrer Unkenntnis der Dinge und ihrer Natur fest an eine Ordnung der Dinge. Denn wenn dieselben so beschaffen sind, dass wir, wenn sie uns durch die Sinne dargestellt werden, sie uns leicht vorstellen und demgemäß uns leicht an sie erinnern können, nennen wir sie wohl geordnet; im gegenteiligen Fall nennen wir sie schlecht geordnet oder verworren. Und weil uns das, was wir uns leicht vorstellen können, angenehmer ist als anderes, darum ziehen die Menschen die Ordnung der Verwirrung vor, als ob die Ordnung, auch abgesehen von unserer Vorstellung, etwas in der Natur wäre. Sie sagen auch, Gott habe alles in Ordnung geschaffen, und auf diese Weise schreiben sie Gott, ohne es zu wissen, sinnliche Vorstellung zu; wenn sie nicht vielleicht meinen, Gott habe, die menschliche Vorstellung vorhersehend, alle Dinge so eingerichtet, wie sie von den Menschen am leichtesten vorgestellt werden können. Wahrscheinlich stoßen sie sich gar nicht daran, dass es auch Unendliches gibt, was unsere Vorstellung weit übersteigt, und sehr vieles, was ihre Vorstellung, wegen deren Schwäche, verwirrt. Doch genug hiervon.

      Auch die übrigen Begriffe sind weiter nichts als Vorstellungsarten, durch die die Einbildungskraft auf diese und jene Weise erregt wird, die aber von Unwissenden für die hauptsächlichsten Attribute der Dinge gehalten werden, weil sie, wie wir bereits gesagt, der Meinung sind, alle Dinge wären um ihretwillen gemacht, und sie nennen die Natur eines Dinges gut oder schlecht, gesund oder faul und verdorben, je nachdem, wie sie von demselben erregt werden. Wenn zum Beispiel die Bewegung, die die Nerven von den Gegenständen empfangen, die mit den Augen wahrgenommen werden, dem Wohlbefinden zusagt, so werden die betreffenden Gegenstände schön genannt; die aber, die den entgegengesetzten Eindruck machen, werden hässlich genannt. Was durch die Nase den Sinn erregt, nennt man wohlriechend oder stinkend; was durch die Zunge, süß oder bitter, schmackhaft oder unschmackhaft u.s.w.; was durch Tasten, hart oder weich, rauh oder glatt u.s.w. Von Dingen schließlich, die das Gehör erregen, sagt man, sie seien geräuschvoll oder wohlklingend. Das letztere hat die Menschen so betört, dass sie glaubten, Gott selbst erfreue sich an der Harmonie, und es gibt sogar Philosophen, die überzeugt sind, dass die Bewegungen der Himmelskörper eine Harmonie bilden. Das alles zeigt deutlich, dass jeder nach dem Zustand seines Gehirns über die Dinge geurteilt oder vielmehr die Erregungen seiner Einbildungskraft für die Dinge selbst genommen hat. Es ist daher kein Wunder (um auch das nebenbei anzumerken), dass unter den Menschen so viel Meinungsstreit, wie wir erfahren, entstanden ist und daraus schließlich der Skeptizismus. Denn obwohl die menschlichen Körper in vielem übereinstimmen, so weichen sie doch in sehr vielem voneinander ab. Darum erscheint dem einen oft etwas gut, dem anderen schlecht, diesem geordnet, jenem verworren, dem angenehm, jenem unangenehm, und dasselbe gilt vom Übrigen; doch gehe ich hier darüber hinweg, weil einerseits hier der Ort nicht ist, den Gegenstand eingehend zu behandeln, anderseits jeder darüber Erfahrung genug besitzt. Sind doch in aller Mund die Sprichwörter: »So viele Köpfe, so viele Meinungen«, »Jeder hat genug an seinem eigenen Kopf«, »Die Geschmäcker sind so verschieden wie die Köpfe«. Diese Redensarten zeigen zur Genüge, dass die Menschen je nach dem Zustand ihres Gehirns über die Dinge urteilen und dass sie die Dinge weniger erkennen als sich sinnlich vorstellen. Denn wenn sie die Dinge erkannt hätten, so würden diese, wie die Mathematik beweist, alle, wenn auch nicht anlocken, so doch überzeugen.

      Wir sehen also, dass alle Begriffe, mit denen das Volk die Natur zu erklären pflegt, nur verschiedene Vorstellungsarten sind und nicht die Natur der Dinge selbst, sondern nur die Beschaffenheit der Vorstellung anzeigen. Und weil sie Namen haben, die so lauten wie Namen von wirklich vorhandenen, außerhalb der Vorstellung existierenden Wesen, so nenne ich diese Wesen nicht Vernunftwesen, sondern Wesen der Einbildung. Daher können alle Argumente, die gegen mich aus derlei Begriffen geltend gemacht werden, leicht aus dem Felde geschlagen werden. Viele pflegen nämlich folgendermaßen zu argumentieren: Wenn alles aus der Notwendigkeit der vollkommensten Natur Gottes erfolgt ist, woher kommen dann so viele Unvollkommenheiten in der Natur, wie das Faulen der Dinge, sogar bis zum Übelriechen, die ekelerregende Hässlichkeit gewisser Dinge, die Unordnung, das Schlechte, die Verfehlung u.s.w.? Sie sind aber, wie gesagt, leicht zu widerlegen. Denn die Vollkommenheit der Dinge ist nur ihrer Natur und Macht nach zu schätzen, folglich ist ein Ding deshalb nicht mehr und nicht weniger vollkommen, weil es einen der menschlichen Sinne erfreut oder abstößt, nur weil es der menschlichen Natur zusagt oder nicht zusagt. Denen aber, die fragen, warum Gott nicht alle Menschen so geschaffen hat, dass sie sich von der Vernunft allein leiten lassen, antworte ich nur: weil er Stoff hatte, alles zu schaffen, vom höchsten Grad der Vollkommenheit bis zum niedrigsten. Oder um mich eigentlicher auszudrücken: weil die Gesetze seiner Natur so umfangreich gewesen sind, dass sie ausreichten, alles hervorzubringen, was von einem unendlichen Verstand begriffen werden kann; wie ich im Lehrsatz 16 bewiesen.

      Das sind die Vorurteile, die ich hier anführen wollte. Wenn noch einige solcher Art übrig sind, werden sie von jedem bei einigem Nachdenken beseitigt werden können.

      Ende des ersten Teils

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