Название: Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter
Автор: Adalbert Stifter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237647
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Die Menschen blickten auf Witiko, als er heran ritt.
Er ritt mit den Seinigen vor den Altar. Der Pfarrer von Plan machte ihnen das Zeichen des Segens entgegen. Darauf stiegen sie von den Pferden, und die Frauen wurden aus den Sänften gehoben. Sie knieten nun alle vor dem Altare nieder, und das ganze Volk kniete in das grüne Gras. Der Pfarrer von Plan hielt nun mit Hilfe des Pfarrers von Friedberg den Gottesdienst vor dem Altare. Als der Gottesdienst geendigt war, segnete der Pfarrer Witiko und die Seinigen wieder, und segnete das ganze Volk. Dann stieg Witiko auf sein Pferd, die Frauen wurden in die Sänften gehoben, und die Männer Witikos bestiegen ihre Pferde. Der Pfarrer von Plan aber schritt von dem Altare gegen die Burg. Ihm folgte Witiko, dann folgten die Sänften, dann folgten Witikos Männer. Die Jungfrauen säumten jetzt mit ihren Festgewinden den Weg.
Vor dem Tore der Burg stand der Pfarrer stille, und der Zug stand stille. Der Pfarrer segnete nun mit dem heiligen Wasser gegen das hohe Dach empor, er segnete gegen die Mauern, und er segnete gegen das Tor. Dann trat er seitwärts. Das Tor wurde geöffnet. Witiko hielt noch einen Augenblick stille. Dann machte er mit seiner rechten Hand das Zeichen des Kreuzes auf seine Stirne, auf seinen Mund, und auf seine Brust. Dann ritt er langsam unter das Tor. In dieser Zeit trat Huldrik zu ihm, und hielt ihm den Steg des Sattels. Als er unter dem Tore war, tat das Volk einen Glücksruf, der wie ein Gebrause gegen den Himmel ging.
Von dem Torbogen ritt Witiko in den Hof. Seine Mutter, die Base, und alle Frauen folgten ihm, und Benno und die Pfarrer von Plan und Friedberg folgten ihm, es folgten seine Männer, und es folgten die Jungfrauen und die Krieger, und es folgten so viele Menschen, als Platz finden konnten. Im Hofe stiegen die Frauen aus den Sänften und die Männer von den Pferden. Witiko führte seine Mutter die Treppe hinan in die kleine Burgkirche. Die andern gingen hinter ihnen. In der Burgkirche wurde Benno mit dem kirchlichen Gewande bekleidet, und gab den Segen. Dann sprachen alle ein stilles Gebet. Dann ging Witiko mit seiner Mutter und seinem Gefolge in den Saal. Dort blieb er stehen, neigte sich auf die Hand der Mutter, und küßte dieselbe, die Mutter aber schlang beide Arme um seinen Nacken, und küßte ihn auf die Stirne. Dann geleitete er sie zu einem kostbaren Sitze. Sie ließ sich auf denselben nieder. Er setzte sich auch auf einen Sitz, und die Pfarrer, und Benno und andere setzten sich auf Sitze. Nun brachte Huldrik Brot und Salz, und reichte es jedem, der in dem Saale war, und jeder kostete davon.
Als dieses geschehen war, stand Witiko auf, und sprach: »Männer, die ihr zu mir gehört, und Freunde, die ihr gekommen seid, ich danke euch. Eppo und Mathias und Urban, und die ihnen dienen, werden euch weisen, wie alles eingerichtet werden soll.«
Dann führte er seine Mutter mit ihren Frauen in ihre Wohnung. Sie hatte Tränen in ihren Augen.
Hierauf führte er die Base Hiltrut in ihre Wohnung. Sie konnte vor Weinen nicht sprechen.
Dann geleitete er Benno in seine Wohnung.
Dann ging er in sein Gemach. In demselben befestigte er den Schild mit der roten Rose unter dem Bilde des Heilandes.
Dann ging er in den Saal, und von demselben auf den Söller hinaus. Unten waren zwanzig Männer beschäftigt, den Leuten Brot und Salz zu reichen. Sie nahmen alle davon. Und als sie Witiko sahen, riefen sie ihm zu. Er dankte ihnen mit Winken seiner Hand.
Viele Werkleute waren beschäftigt, aus rohen Brettern Tische und Bänke zu errichten. Aus den Schatten des Waldes wurden Fässer herbei gerollt, in denen Getränke waren, und es wurden viele Feuer angezündet, und an ihnen Speisen bereitet.
Und als die Zeit des Mahles gekommen war, hielt Witiko mit allen, die auf den Bänken an den Tischen saßen, die auf den Steinen oder im Grase saßen, oder die standen, das Mahl, und was da war, wurde unter alle verteilt.
Als das Mahl beendiget war, und die Menschen durcheinander gingen, war Huldrik unter ihnen, und sagte: »Die Weissagungen gehen in Erfüllung. Jetzt hat Witiko den Anfang gemacht, und dann wird er die goldene Burg bauen, die einmal auf der Erde gestanden ist, und die jetzt nirgends auf der Erde steht, und meine Nachkommen werden es sehen.«
»Du hast ja kein Weib«, rief Tom Johannes, der Fiedler.
»Wenn es die Weissagungen sprechen, so werde ich ein Weib und Nachkommen haben«, sagte Huldrik.
»Und wenn es die Weissagungen sprechen, so werde ich noch mit dem Winkelhaken meiner Hand auf der Geige des Herzoges die lieblichsten Töne spielen«, rief Tom Johannes, der Fiedler.
»Wenn es die Weissagungen sprechen, so wirst du sie spielen«, sagte Huldrik.
»Witiko hat es geweissagt«, entgegnete Tom Johannes.
»Wenn Witiko weissagen kann, so wirst du spielen«, sagte Huldrik.
»So werden wir erleben, wie das wird«, sprach Tom Johannes.
»Wir werden es erleben«, antwortete Huldrik.
Zu Witiko aber kamen, da er noch an dem Tische saß, mehrere Jungfrauen. Sie gaben ihm einen Kranz aus Blumen und Blättern des Waldes, und gaben ihm einen Strauß aus solchen Blumen. Eine reichte ihm die fünfblättrige dunkelrote Waldrose.
»Die Rosen blühen ja noch nicht«, sagte Witiko.
»Sie blühen noch nicht«, antwortete die Jungfrau, »wir haben sie aus Sammet und Seide gemacht.«
»Sie ist sehr schön gemacht«, sagte Witiko.
»Wenn das Einzugsfest zur Rosenzeit gewesen wäre, so hätten wir dir eine wirkliche Rose als dein Zeichen gegeben«, sprach das Mädchen, »wir haben nun diese gemacht, weil die Rose sehr lange blühen, und Glück bringen soll.«
»Diese Rose wird lange dauern«, sagte Witiko, »wenn auch ihre Farben schwinden. Ich werde mir sie aufbewahren, und werde deiner gedenk sein, Margareth, wenn du auch einmal ein Fest feierst.«
Das Mädchen antwortete nichts.
Witiko betrachtete die Waldrose, und er betrachtete die Blumen der Kränze und Sträuße. Dann gab er alles seiner Mutter zum Beschauen. Diese sah den Kranz, die Sträuße und die Waldrose an, lobte die zierliche Arbeit, und lobte, daß die Waldblumen gewählt und so an einander gereiht worden waren. Dann gab sie die Geschenke wieder an Witiko zurück. Witiko dankte den Jungfrauen, und reichte die Gaben an Jakob, daß er sie in die Burg trage. Die Jungfrauen brachten ihren Abschiedsgruß, und entfernten sich von dem Tische Witikos.
Der Schmied von Plan, und David, der Zimmerer, und Paul Joachim, der Maurer, und Elias, der Steinhauer, traten nun herzu, und brachten die Sprüche aus, welche bei dem Einzuge in ein neues Haus im Brauche waren, und Witiko und die anderen Männer gaben die Antworten, welche auf die Sprüche gehörten.
Dann standen alle von den Tischen auf.
Witiko ging unter die Leute, und sprach mit vielen Männern, mit Frauen, mit Jünglingen, mit Jungfrauen und selbst mit Kindern.
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