Название: Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth
Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027226405
isbn:
CHRISTINE
Nein.
STRASSER
So kennt er dich!
CHRISTINE
Nein!
MAX
Christine!
CHRISTINE
Wir kennen uns nicht, mein Herr!
STRASSER
zu Christine: Du kannst es ruhig zugeben, daß er dich kennt. Es ist alles an den Tag gekommen.
MAX
Durch die Sonne, wahrscheinlich.
CHRISTINE
schreit: Nein, nein! Wir kennen uns nicht! Der irrt sich, verwechselt mich, täuscht sich! Der lügt ja! Lügt! Lügt!
Emanuel gibt Max Zeichen, daß er sprechen soll.
STRASSER
zu Christine: Still!
MAX
ist noch immer unsicher: Christine. Laßt also Chrysanthemen sprechen. Blumen lügen nämlich nie. Auch Chrysanthemen lügen bekanntlich nie. – Die Liebe ist eine Blume, und unsere Chrysantheme blühte im Verborgenen, war gewissermaßen ein Gewächs der Nacht. Mond und so. Aber über Nacht, da schien die Sonne mitten in der Nacht. Man kann es gar nicht erfassen. Kaum glaublich, schier unglaublich, aber ich habe um eine Chrysantheme mein Brot verloren. Nun ziehe ich dahin. Ach, wohin? Woher, wohin?
CHRISTINE
Träume ich?
MAX
Chrysantheme. Trockne und presse diesen Strauß zum Gedenken an deinen dich liebenden Emil Krause aus Chemnitz.
EMANUEL
für sich; grimmig: Das auch noch! Gott, wie blöd!
MÜLLER
ebenso: Wenn Emil improvisiert –
KARL
ebenso: Schlimm!
CHRISTINE
Träume ich das?
STRASSER
Nein!
CHRISTINE
fährt sich mit der Hand langsam über die Augen; leise: Nein? – Nein?
STRASSER
Auf alle Fälle schmerzt es mich zutiefst da drinnen, daß du mich mit meinem eigenen Oberkellner betrogen hast.
CHRISTINE
Du sprichst chinesisch! Sind wir in China?!
STRASSER
Wir sind in Deutschland. Ich spreche deutsch. Kerndeutsch! – Höre: ich habe bereits des öfteren Verdacht gefaßt, aber oh wie war ich feig: ich wich dem ungetrübten Auge der Wahrheit aus.
CHRISTINE
Pfui, wie gemein!
STRASSER
Die Wahrheit ist immer gemein!
MAX
Hm.
EMANUEL
unterdrückt zu Max: Ab!
CHRISTINE
starrt Strasser an: Wie anders du aussehen kannst, nein, wie anders – jetzt sehe ich –
STRASSER
Was?
CHRISTINE
Daß die recht behalten, die mich warnten.
STRASSER
Vor der Wahrheit?
CHRISTINE
Nein, vor dir.
STRASSER
Man hat dich gewarnt?
CHRISTINE
Ja.
STRASSER
Wer?
CHRISTINE
Alle. Alle. Alle – Sie nähert sich ihm und hängt sich an ihn – aber, aber ich kann ja nicht, ich kann es nicht glauben – nur meinen Gefühlen bin ich gefolgt, allen zu Trotz der inneren Stimme, die nie trügt. Dem Herz.
STRASSER
lächelt schmerzlich: Tja! Ich habe ein goldenes Herz –
CHRISTINE
Du, es flüstert in mir: wir zwei sind von der Vorsehung für einander bestimmt –
STRASSER
Flüstert?
CHRISTINE
haucht: Ja – Bei dir vergesse ich mich selbst.
Stille.
STRASSER
reißt sich plötzlich los von ihr: Aha! Aha! Jawohl! Wir zwo waren von der Vorsehung für einander bestimmt, aber du hast die Vorsehung belogen! Schamlos belogen! Schamlos belogen! Ja, du! Ist ja gar nicht wahr! Ist ja alles verlogen! Du vor allem! Ich habe ja gar kein Kind! Kein einziges! Und wie überschäumte ich schon vor Glück, eines zu haben, zu bekommen haben! Ja, wagst du zu leugnen, Weib, daß, während ich dir zu Füßen lag, du über mein Haupt hinweg und hinter meinem Rücken umeinandergebuhlt hast?! Wagst du die Wahrheit zu widerlegen, die Wahrheit?! Oh, es ist alles verlogen, alles!
CHRISTINE
krümmt sich: Nein, das ist nicht wahr –
STRASSER
Wie? – Darf ich bitten, Herr Baron?
EMANUEL
Herr Strasser! Ich verwahre mich auf das Entschiedenste gegen die öffentliche Erörterung intimer Seelenqualen –
STRASSER
unterbricht СКАЧАТЬ