Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский
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Название: Gesammelte Werke von Dostojewski

Автор: Федор Достоевский

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204205

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СКАЧАТЬ solltest ein Beil nehmen und ihr flink den Garaus machen!« ruft ein Dritter.

      »Ach was, hol dich der Kuckuck! Macht mal Platz da!« schreit Mikolka grimmig, wirft die Deichselstange von sich, bückt sich noch einmal zum Wagen hinunter und zieht eine eiserne Brechstange hervor. »Vorgesehen!« ruft er und holt mit aller Kraft nach seinem armen Pferdchen aus. Der Schlag schmettert nieder; die Stute schwankt, sinkt zusammen, macht einen Versuch anzuziehen; aber die Brechstange trifft sie von neuem mit voller Wucht in den Rücken, und das Tier fällt auf die Erde, als wären ihm alle vier Beine mit einem Male abgehauen.

      »Nun gebt ihr den Rest!« schreit Mikolka und springt wie ein Besessener vom Wagen herunter. Einige Burschen, gleichfalls betrunken und mit geröteten Gesichtern, ergreifen, was ihnen in die Hände kommt, Peitschen, Stöcke, die Deichselstange, und laufen zu der verendenden Stute hin. Mikolka stellt sich auf der einen Seite neben das Tier und fängt an, es mit der Brechstange auf den Rücken zu schlagen, wohin er gerade trifft. Die Mähre streckt das Maul vor, holt noch einmal schwer Atem und stirbt.

      »Na, nun hast du ihr das Lebenslicht ausgeblasen!« ruft jemand in dein Haufen.

      »Warum wollte sie auch nicht Galopp laufen!«

      »Sie ist mein Eigentum!« schreit Mikolka, die Brechstange in den Händen, mit blutunterlaufenen Augen. Er steht da, als bedauerte er, daß nichts mehr da ist, was er schlagen könnte.

      »Aber du bist wirklich ein rechter Unchrist!” rufen jetzt viele Stimmen aus der Menge.

      Der arme Knabe ist ganz fassungslos. Laut aufschreiend drängt er sich durch den Schwarm hindurch zu der Falben hin, umfaßt ihren toten, blutigen Kopf und küßt ihn; er küßt sie auf die Augen, auf die Lefzen. Dann springt er plötzlich auf und stürzt in heller Wut, die kleinen Fäuste ballend, auf Mikolka los. In diesem Augenblicke bekommt der Vater, der schon lange hinter ihm her ist, ihn endlich zu fassen und trägt ihn aus dem Gedränge hinaus.

      »Komm weg, komm weg!« sagt er zu ihm. »Wir wollen nach Hause gehen!«

      »Papa! Warum haben sie… das arme Pferd… totgeschlagen?” schluchzt er; aber er bekommt keine Luft, und die Worte ringen sich wie einzelne Schreie aus der gepreßten Brust.

      »Sie sind betrunken,… sie treiben Unfug,… es geht uns nichts an,… komm weg!« sagt der Vater. Der Knabe schlingt beide Arme um den Vater; aber die Brust ist ihm so beengt, so furchtbar beengt. Er möchte Luft holen, aufschreien, und – er erwacht.

      Er erwachte, ganz in Schweiß gebadet, mit feuchtem Haar, keuchend, und stand angstvoll auf.

      »Gott sei Dank«, sagte er, »es war nur ein Traum.« Er setzte sich unter einen Baum und holte tief Atem. »Aber wie kommt das? Kündigt sich ein hitziges Fieber bei mir an? So ein grauenhafter Traum!«

      Am ganzen Körper fühlte er sich wie zerschlagen; trüb und dunkel war es in seiner Seele. Er setzte die Ellbogen auf die Knie und stützte den Kopf in beide Hände. »Mein Gott!« rief er aus. »Werde ich denn wirklich, wirklich ein Beil nehmen, sie auf den Kopf schlagen, ihr den Schädel zerschmettern,… werde ich in das glitschige, warme Blut treten, das Schloß erbrechen, stehlen und zittern, mich verstecken, ganz mit Blut befleckt,… mit dem Beile… Mein Gott, kann das wirklich geschehen?«

      Er zitterte, während er das sagte, wie Espenlaub.

      »Aber was ist denn mit dir!« fuhr er, sich wieder aufrichtend, in tiefem Staunen fort. »Ich habe ja doch gewußt, daß ich es nicht würde ertragen können; also warum habe ich mich denn bis jetzt mit diesem Plane gequält? Erst gestern noch, als ich hinging, um diese Probe anzustellen, erst gestern noch wurde es mir vollständig klar, daß ich es nicht aushalten kann… Was will ich denn nun jetzt noch? Warum zweifle ich denn noch immer? Gestern, als ich die Treppe hinunterging, habe ich ja selbst gesagt, daß es gemein, häßlich, niedrig, ja niedrig ist; der bloße Gedanke hat ja ausgereicht, mir Übelkeit hervorzurufen und mich in Schrecken zu versetzen…

      Nein, ich werde es nicht aushalten, ich werde es nicht aushalten! Und wenn auch in all diesen Berechnungen kein einziger zweifelhafter Punkt ist; und wenn auch alles, was ich mir in diesem Monate zurechtgelegt habe, klar wie der Tag und richtig wie das Einmaleins ist. O Gott! Ich werde mich ja doch nicht dazu entschließen! Ich werde es nicht aushalten können, nein!… Warum… warum habe ich nur bis jetzt…«

      Er stand auf, blickte erstaunt um sich, wie in Verwunderung darüber, daß er hierhergeraten war, und ging nach der T… brücke. Er war blaß, die Augen brannten ihm, alle seine Glieder waren matt und kraftlos; aber auf einmal hatte er die Empfindung, daß er wieder freier atmen könne. Er fühlte, daß er diese schreckliche Last, die ihn so lange bedrückt hatte, nunmehr abgeworfen habe, und es wurde ihm auf einmal leicht und friedlich ums Herz. ›O Gott‹ betete er, ›zeige mir meinen Weg, und ich entsage diesem unseligen Plane!‹

      Als er über die Brücke ging, betrachtete er still und ruhig die Newa und die leuchtend rot untergehende Sonne. Trotz seiner Schwäche verspürte er eigentlich keine Müdigkeit. Es war, als ob an seinem Herzen plötzlich ein Geschwür aufgegangen wäre, das sich einen ganzen Monat lang entwickelt hatte. Freiheit! Freiheit! Jetzt war er frei von dieser Bezauberung, dieser Behexung, diesem Taumel, dieser Verlockung!

      Sooft er sich später an diese Zeit und an all das erinnerte, was sich mit ihm in diesen Tagen von einer Minute zur ändern, Punkt für Punkt zugetragen hatte, fiel ihm immer ein bestimmter einzelner Umstand auf, so daß er ihn beinahe abergläubisch machte; dieser Umstand war zwar in Wirklichkeit eigentlich nicht besonders ungewöhnlich, erschien ihm aber später stets wie eine Art Vorherbestimmung seines Schicksals.

      Nämlich: er konnte es gar nicht begreifen und sich er-klären, warum er, statt auf dem kürzesten und geradesten Wege nach Hause zurückzukehren, was bei seiner Schwäche und Erschöpfung das Zweckmäßigste gewesen wäre, über den Heumarkt nach Hause ging, den zu passieren er nicht den geringsten Anlaß hatte. Der Umweg war ja kein großer, aber es war eben doch ein Umweg und völlig über-flüssig. Gewiß, es war bei ihm schon wer weiß wie oft vorgekommen, daß er nach Hause zurückkam, ohne sich erinnern zu können, durch welche Straßen er gegangen war. Aber warum – so fragte er sich später immer – warum ereignete sich eine so wichtige, für ihn so entscheidende und zugleich so höchst zufällige Begegnung auf dem Heumarkte (über den er gar nicht zu gehen brauchte) gerade jetzt zu dieser Stunde, in diesem Augenblicke seines Lebens, gerade bei einer solchen Stimmung seiner Seele und gerade unter solchen Umständen, die allein es ermöglichten, daß diese Begegnung eine entscheidende, endgültige Einwirkung auf sein ganzes Schicksal ausübte? Als ob sie hier absichtlich auf ihn gewartet hätte!

      Es war gegen neun Uhr, als er über den Heumarkt ging. Alle Verkäufer, die auf Tischen, in Mulden, in Läden und Buden ihre Waren feilgehalten hatten, schlossen ihre Geschäfte oder nahmen ihren Kram weg und verwahrten ihn und begaben sich, ebenso wie ihre Käufer, nach Hause. Bei den Speisewirtschaften, die sich in den Kellergeschossen und auf den schmutzigen, übelriechenden Höfen der Häuser des Heumarktes befanden, und besonders bei den Schenken drängten sich Haufen von allerlei kleinen Gewerbsleuten und Gesindel. Raskolnikow hatte für diese Gegend sowie für die umliegenden Gassen eine besondere Vorliebe, wenn er so ohne bestimmtes Ziel ausging. Hier erregte seine zerlumpte Kleidung bei keinem Menschen eine naserümpfende Aufmerksamkeit; hier konnte man aussehen, wie man wollte, ohne bei jemand Anstoß zu erregen. Gleich an der Ecke der K…gasse hielten ein Kleinbürger und ein altes Weib, seine Frau, auf zwei Tischen ihre Ware feil: Zwirn, Band, baumwollne Tücher und dergleichen. Sie waren gleichfalls schon im Begriff, sich nach Hause zu begeben, wurden aber durch das Gespräch mit einer herangetretenen Bekannten noch aufgehalten. Diese Bekannte war Lisaweta Iwanowna oder schlechthin, wie sie von allen Leuten genannt wurde, Lisaweta, die jüngere Schwester eben jener alten Aljona Iwanowna, der verwitweten Kollegienregistratorin und Wucherin, bei der Raskolnikow СКАЧАТЬ