Название: Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Im Sonnenwinkel Staffel
isbn: 9783959796699
isbn:
»Er kann uns doch nicht einfach vor die vollendete Tatsache stellen«, erklärte sie ihrem Mann und war so deprimiert, wie man es gar nicht gewohnt von ihr war.
»Warum soll er nicht mal ein Mädchen mitbringen?«, stellte Werner Auerbach begütigend fest. »Er wird erwachsen. Inge, damit müssen wir uns langsam abfinden.«
»Er hat nie etwas von einem Mädchen geschrieben«, widersprach sie. »So schnell kann ich mich damit auch nicht abfinden.«
Die Kinder waren nur neugierig, Ricky allerdings auch ein wenig skeptisch. »Bin ja gespannt, was das für eine Biene ist«, meinte sie.
»Vielleicht ein Hippiemädchen«, überlegte Hannes.
Doch diese kühne Hoffnung sollte enttäuscht werden. Lou Ramin war alles andere als ein Hippiemädchen. Sie sah aus, als wäre sie einer Modezeitschrift entstiegen.
»Da bleibt mir die Luft weg«, flüsterte Hannes. Inge blieb sie auch weg, als Lou ihr hoheitsvoll die Hand reichte. Was ist nur in den Jungen gefahren, dachte sie entrüstet. Aber Jörg schien völlig fasziniert zu sein, während Werner schockiert war, als sie ihm einen betörenden Blick schenkte.
»Recht verlassene Gegend«, stellte sie herablassend fest. »Ist hier überhaupt was los?«
Ihr Ton passte nicht ganz zu ihrer Aufmachung, aber Werner Auerbach war bereit, um des lieben Friedens willen, dies zu überhören.
»Wo hast du die denn aufgegabelt?«, fragte Hannes seinen großen Bruder bei der ersten Gelegenheit. Er erntete einen empörten Blick dafür.
»Benimm dich!«, zischte er. »Ihr Vater ist Bankier!«
»Da ist er was Rechtes«, murrte Hannes. Seine Meinung stand bereits fest. Da hatte ihnen Jörg was Schönes aufgeladen. Das würde ein grässliches Wochenende werden.
Inge dachte sorgenvoll an die Party bei Ullrichs. Sie wussten, dass Jörg kommen wollte und hatten ihn selbstverständlich auch eingeladen. Sie überlegten nun krampfhaft, wie sie es verhindern konnten, dass er mit diesem arroganten Ding dort aufkreuzte.
»Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen«, erklärte sie stöhnend ihrem Mann. »Ich hätte Jörg für vernünftiger gehalten.«
»Vielleicht ist sie ganz nett«, räumte er ein. »Wir sind ihr doch alle fremd, das ist immer komisch für ein Mädchen.«
»Das Haus ist ja sehr ansprechend«, stellte Lou währenddessen fest, als Jörg sie herumführte, »aber es steht am falschen Platz.«
Henrike hörte es und dachte unwillkürlich daran, dass sie dies auch einmal gesagt hatte.
Es stimmte sie toleranter, aber bald sollte sie erkennen, dass Toleranz Lou gegenüber nicht angebracht war.
Sie fand an allem etwas auszusetzen und verscherzte sich alle Sympathien, als sie Bambi in barschem Ton anredete, sie solle ihnen nicht dauernd nachlaufen.
»Ich finde kleine Kinder lästig«, sagte sie zu Jörg, als Bambi sich geschwind verzogen hatte.
»Du bist es nur nicht gewohnt«, meinte er einlenkend. »Bambi ist ein süßes Kind.«
Ihm war komisch zumute. Hier in dieser Umgebung sah plötzlich alles ganz anders aus. In München hatte er an Lou nichts auszusetzen gefunden, ganz im Gegenteil. Es hatte ihm geschmeichelt, dass sie ihn bevorzugt hatte. Sie konnte sehr amüsant sein, aber hierher passte sie wohl doch nicht.
»Wir haben ein sehr schönes Familienleben, Lou«, fuhr er kleinlaut fort, als sie ihn spöttisch betrachtete.
»So richtig schön spießig«, höhnte sie. »Du lieber Himmel, dein Vater ist doch ein bekannter Wissenschaftler und zugegeben auch ein schicker Mann. Aber bei euch hat wohl Mama die Hosen an.«
Jörg starrte sie fassungslos an. »Sie ist eine wundervolle Mutter«, stieß er hervor.
»Das Heimchen am Herd. Rührend! Ich komme mir ziemlich deplaciert vor, lieber Jörg.«
Ihm auch – er konnte es nicht leugnen. Aber noch mehr bedrückte es ihn jetzt, dass er seine Eltern einer so peinlichen Situation aussetzte.
»Wenn es dir so wenig gefällt, ist es wohl besser, wir fahren wieder zurück«, schlug er vor, und sie wollte auch schon zustimmen, als Felix Münster kam. Ihre Miene hellte sich in Blitzesschnelle auf. Plötzlich konnte sie sich von ihrer charmantesten Seite zeigen.
Felix Münster war weit entfernt, ihr mehr als nur einen oberflächlichen Blick zu schenken. Er wollte Bambi abholen, damit sie mit ihnen essen und später mit Manuel spielen könnte, während er mit Sandra seinen Cousin besuchen wollte.
Bambi war sofort einverstanden, und am liebsten hätte sich Hannes heute auch angeschlossen.
»Wir sehen uns ja heute Abend bei den Ullrichs«, sagte Felix leichthin. »Ist eigentlich ein besonderer Anlass gegeben?«
»Sie haben Hochzeitstag«, erklärte Bambi. »Nonna macht ein ganz tolles Essen.«
In ihrer kindlichen Unschuld konnte sie natürlich nicht ahnen, dass dies für Lou den Ausschlag gab, ihren Aufenthalt nicht vorzeitig abzubrechen. Inge kam nicht umhin zu erklären, dass nebenan eine Party stattfinden würde.
»Man scheint hier doch recht gesellig zu sein«, stellte Lou mit einem liebenswürdigen Lächeln fest.
Bemüht, Lou bei guter Laune zu halten, erklärte ihr Jörg, dass Frau Ullrich die bekannte Opernsängerin Georgia Minetti sei.
»Und dieser Herr Münster?«, fragte sie beiläufig.
»Industrieller. Er heiratet Alexandra von Rieding. Ganz so öde, wie du meinst, ist es hier doch nicht.«
»Man kommt sich halt ein bisschen komisch vor, wenn man in die Familie eingeführt wird«, murmelte sie mit einem verzeihungsheischenden Augenaufschlag. »Sei nicht böse, Jörg, wenn ich gereizt war. Bei uns ist alles so anders.«
»Das ist vielleicht ein Biest, Mami«, stöhnte Henrike. »Hast du gesehen, wie sie Felix Münster angeschaut hat? Ist Jörg denn von allen guten Geistern verlassen? Das wird ein schönes Fiasko werden heute Abend. Ich habe gar keine Lust mehr.«
»Lass mich bloß nicht im Stich. Wenn ich mir den Bengel nur mal vorknöpfen könnte.«
Aber dazu bot sich keine Gelegenheit. Lou wich nicht von Jörgs Seite, was Hannes dann zu der Bemerkung veranlasste, dass er sich für eine solche Schwägerin schönstens bedanken würde.
Aber er war auch schlau genug, den Ullrichs eine Vorwarnung zu geben. Er scheute sich nicht zu erklären, dass Jörgs Freundin eine ganz aufgetakelte Ziege sei. Man war vorbereitet. Georgia nahm es gelassen auf. Ihrer Diplomatie war es schließlich auch zu verdanken, dass der Abend nicht mit einem Fiasko endete und Lou, da sich keiner der anwesenden Herren von ihr beeindruckt zeigte, Müdigkeit vorschützend, vorzeitig entschwand.
Drüben feierte man vergnügt weiter. Nonna hatte die Gäste fürstlich bewirtet. Georgia war eine bezaubernde Gastgeberin, und man konnte sich überzeugen, dass sie mit ihrem Mann wie ein frisch vermähltes Ehepaar wirkten.
СКАЧАТЬ