Название: Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman
Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karin Bucha
isbn: 9783740959500
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Angelas Herz schlug wie rasend. Und dann hörte sie die Stimme der über alles geliebten Mutter. Aber wie sie klang, so kalt, so hart:
»Ich habe ihn erschossen, um mich und mein Kind von einer unerträglichen Last endlich zu befreien!«
Angela stürzte vorwärts, ehe die beiden Männer hinzuspringen konnten. Sie riß die Tür auf und lag im nächsten Augenblick vor Bettina auf den Knien.
»Mutti, liebe gute Mutti, das ist doch nicht wahr! Sag, daß es nicht wahr ist! Du hast es nicht getan, Mutti – Mutti!«
Wimmernd barg sie ihren Kopf in der Mutter Schoß. Mit zuckenden Händen streichelte Bettina den Kopf des Kindes. Ihr Gesicht war auf einmal weich und gelöst.
»Angela, meine Angela!« flüsterte sie. »Du brauchst nicht mehr zu weinen. Er ist tot, er kann dich nicht mehr quälen. Hörst du es, mein Kind? Nun bist du wieder die kleine, glückliche Braut, nicht wahr?«
Nichts als Angelas Wimmern war zu hören. Kommissar Schmitt mußte sich abwenden. Er konnte den Anblick nicht mehr ertragen. Auf einmal sah er klar, ganz klar; die wenigen Worte hatten ihm eine erschütternde Tragödie enthüllt.
Dr. Heykens neigte sich zu Angela hinab und wollte sie aufheben, aber sie riß sich mit einer wilden Bewegung von ihm los.
»Rühr mich nicht an!« schrie sie verzweifelt auf. »Ich kann dich nicht mehr sehen!«
Sie warf die Arme um Bettina und bedeckte ihr Gesicht mit unzähligen Küssen.
»Mutti, Mutti!« jammerte sie. »Warum hast du das getan? Warum hast du dein Leben zerstört?«
Über den Kopf des Kindes hinweg glitt Bettinas Blick ins Leere, während ihre Hände auf Angelas Scheitel ruhten, still ergeben.
»Was liegt an mir, Angela? Ich habe abgeschlossen mit dem Leben, das mir nur Herzeleid und Enttäuschung brachte. Aber du – du sollst glücklich sein.«
Wie betäubt lag Angela vor der Mutter auf den Knien. Konnte ein Menschenherz so viel Leid fassen und tragen?
»Angela, sag, daß du glücklich bist! Peter ist gut und stark, er wird dich beschützen, weil – weil ich es nun nicht mehr kann.«
Angelas Gesicht schwamm in Tränen. Ihr Mund zuckte vor Weh.
»Mutti«, hauchte sie, und ihr Blick versank in den treuen Mutteraugen, in denen eine heiße Bitte lag. Da legte sie ihre bebenden Lippen auf Bettinas Hand.
»Ach – Mutti – ich – ich…«
Sie brachte es nicht über die Lippen. Sie wühlte den Kopf in der Mutter Schoß und sah so nicht, wie der Kommissar den soeben eintretenden Beamten einen Wink gab.
Sie näherten sich Bettina, und Kommissar Schmitt bat:
»Ich muß Sie verhaften, Frau Martens. Bitte machen Sie sich fertig.«
»Nein! – Nein!« wehrte sich Angela ganz außer sich. »Mutti! Man darf dich nicht von mir trennen.«
Ruhig und gefaßt beugte sich Bettina über Angela und küßte sie. Ihr Blick suchte Dr. Hersfeld, der sie verstand und sich nun Angela näherte.
»Komm, Angela, sei vernünftig!«
Angela ließ es geschehen, daß er sie vom Boden hob. Halb ohnmächtig sank ihr Kopf gegen seine Schulter.
Mit einem liebevollen Blick auf Angela verließ Bettina das Zimmer, eine müde, gebrochene Frau, die keine Auflehnung mehr kannte, deren Herz tot und leer war.
*
Seit Stunden saß Angela nun schon mit starrem Gesicht regungslos in dem Sessel, die Hände müde im Schoß verschlungen, und hörte und sah nicht, was man zu ihr sprach und wie man sich um sie bemühte.
Dr. Heykens wich nicht von ihrer Seite, aber er wagte nicht, die Hand nach ihr auszustrecken, aus Angst vor dem feindlichen Blick, der ihn traf. Das durchsichtige blasse Gesicht schien überhaupt nur aus Augen zu bestehen, Augen, unnatürlich groß, mit Grauen erfüllt.
Grabesruhe war auf den vorangegangenen Tumult wieder in das Haus eingekehrt, eine Ruhe, die die Nerven nicht besänftigte, die sie nur aufpeitschte.
In diese beklemmende Stille fielen nur Dr. Hersfelds Schritte, mit denen er das Zimmer durchmaß, rastlos, die Stirn in kummervolle Falten verzogen.
Was hatte er in den letzten Stunden nicht alles erwogen, um Bettinas Lage zu erleichtern! Nichts hatte sich als stichhaltig erwiesen. Nur Bettina selbst konnte durch eine rückhaltlose Beichte ihr Los erträglicher gestalten und dadurch milde Richter finden.
Wenn doch Angela eines Zuspruchs zugänglicher wäre!
Selbst die Liebe zu Peter Heykens schien in ihr gestorben zu sein. Nur von Zeit zu Zeit bewegte sie die Lippen, ohne daß ein Ton hörbar war. Sie schien immer nur ein Wort zu flüstern:
»Mutti!«
Er warf einen raschen Blick zu ihnen hinüber und bemerkte eben, wie Dr. Heykens den Versuch machte, sein Verhalten zu entschuldigen.
»Angela, ich bitte dich«, bat er in beschwörendem Ton, »höre mich wenigstens an, zu verzeihen brauchst du mir gar nicht. Nur weil ich dich so grenzenlos lieb habe, konnten mich die Zweifel an deiner Reinheit so schwer treffen. Meine Seligkeit gäbe ich darum, könnte ich alles – alles rückgängig machen.«
Einen Widerhall schienen Peters Worte und eindringliche Bitten doch in ihr zu wecken. Sie hob den Kopf ein wenig, schüttelte ihn und zog die Schultern wie im Frost zusammen.
»Zu spät, Peter«, kam es leise und trostlos zurück.
Dr. Hersfeld horchte auf. Es waren die ersten Worte seit ihrem Zusammenbruch.
»Ich habe dich lieb, Angela. Gib mir bitte das Recht, dich zu schützen, dich glücklich zu machen!«
»Und Mutti? Meine geliebte Mutti?«
Die ganze Not ihres gemarterten Herzens klang durch die Frage.
»Eben ihretwegen bitte ich dich, laß es sein, wie es vorher war. Deine Mutter opferte sich, um dich glücklich zu wissen. Soll sie das Opfer umsonst gebracht haben?«
Angela fiel in sich zusammen. Der Kopf sank auf die Lehne des Sessels.
»Ich kann nicht – ich kann nicht!« wimmerte sie gepeinigt.
Peters Hand zuckte, sachte ließ er sie über das wirre Haar Angelas gleiten in einer scheuen, abbittenden Liebkosung.
Angela stieß seine Hand von sich, sprang auf und flüchtete zu Dr. Hersfeld. Beide Arme schlang sie um seinen Hals und weinte bitterlich und verzweifelt auf.
»Ich kann nicht, Onkel Fritz! Ich kann nicht glücklich sein, während Mutti… Sag du es ihm, damit er nie wieder den Versuch der Versöhnung wagt. Ich mag ihn nicht mehr sehen – nie und nimmer mehr!«
Dr. СКАЧАТЬ