Название: Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman
Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karin Bucha
isbn: 9783740959500
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Halb ohnmächtig lehnte Angela an der Tür.
Die Wäsche entsank Frau Bettinas Händen, erschrocken lief sie auf ihr Kind zu.
Wie sah Angela aus! In ihrem erschreckend bleichen Gesicht lagen die Augen tief in den Höhlen.
»Angela!« kam es entsetzt von ihren blassen Lippen.
Da drängte es Angela vorwärts. Sie fiel der Mutter in die Arme, glitt an ihr hinab und blieb besinnungslos liegen.
Bettina schrie so angstvoll auf, daß die beiden Hausmädchen mit bestürzten Gesichtern erschienen. Mit Hilfe des einen Mädchens trug Frau Bettina Angela in ihr Zimmer, während die andere vorauseilte und das Bett herrichtete.
Frau Bettinas Bewegungen waren ruhig und voll Umsicht. Nichts in ihrem verschlossenen Gesicht verriet, welch ungeheurer Sturm in ihr tobte.
Sie rieb Angelas Stirn mit einem belebenden Wasser und lächelte ihr Kind beglückt an, als es die Augen öffnete und sie verständnislos umhergleiten ließ, bis sie auf dem schmalen Gesicht der Mutter haften blieben. Mit Macht stürmten die Ereignisse der vergangenen Stunden erneut auf sie ein, und in jäher Angst umklammerte sie den Arm der Mutter.
»Mutti!« wimmerte sie herzzerbrechend auf. »Nimm mich von der Schule! Ich bitte dich um alles in der Welt, nimm mich weg von der Schule! Ich kann nie – nie wieder dorthin gehen…«
Und als habe sie keine Kraft mehr, sank sie in die Kissen zurück. Unruhig glitten ihre schlanken Mädchenhände über die Bettdecke.
Da erkannte Frau Bettina, daß Angela krank, sehr krank sein mußte, und schickte eines der Mädchen zum Telefon, um Dr. Hersfeld dann herbeizurufen.
Indessen hielt sie die fieberheiße Hand Angelas in der ihren, das Herz von Angst und Sorge fast zerrissen. Wirre Gedanken jagten hinter ihrer Stirn. Vermutungen aller Art tauchten auf, aber sie wurden sofort von ihr verworfen.
Sie fand keinen Anhaltspunkt für ihre Befürchtungen. Nur eins wußte sie mit Bestimmtheit, ein Erlebnis von weittragender Bedeutung hatte ihr Kind ins Innerste erschüttert.
Wohl formte Angelas Mund unaufhörlich Worte, aber so aufmerksam Frau Bettina auch lauschte, sie konnte nichts verstehen.
Mein armes Kind, was hat man dir getan? dachte sie.
Dr. Hersfeld ließ nicht lange auf sich warten. Er war bestürzt über Angelas erschreckendes Aussehen, zumal er sie einige Tage nicht gesehen hatte.
Gemeinsam betteten sie Angela weich und bequem, und dann begann er seine genaue Untersuchung.
»Nervenfieber«, sagte er ganz kurz mit ernstem Gesicht.
»Mein Gott!« zitterte es von Bettinas Lippen. Nur noch ein Gebet lebte in ihr: Lieber Vater im Himmel, erhalte mir meine Angela.
Und nun setzte ein Ringen um das Leben des jungen Menschenkindes ein. Es war wie ein Wettlauf zwischen Leben und Tod. Jeder Laut schien in dem Landhaus erstorben zu sein, seit Angela so schwer krank war.
Tag und Nacht wich Frau Bettina nicht von der Seite ihres Kindes, und nur auf den dringenden Befehl Dr. Hersfelds legte sie sich am Tage einige Stunden hin. Aber sie ruhte dann, ohne Schlaf zu finden.
In ihrer grenzenlosen Mutterliebe glaubte sie, keine Minute vom Bett ihres Kindes fernbleiben zu können.
Angela war meist besinnungslos, aber hin und wieder stieß sie doch grelle Schreie aus, besonders wenn die Mutter ihre Hand aus der ihren löste.
Das hielt Bettina an dem Schmerzenslager ihres Kindes fest.
Als die Nacht der Krise kam, die furchtbarste, die Bettina jemals durchlitten hatte, und Angela kaum auf ihrem Lager zu halten war, fand außer dem kleinen Klaus keiner der Bewohner des Hauses Schlaf.
Bettina saß neben dem Bett ihres Kindes und wandte keinen Blick von dem fieberglühenden Gesicht. Etwas abseits lehnte die Nachtschwester in einem Sessel, jede Minute zur Hilfe bereit.
Am Fuße des Bettes stand Dr. Hersfeld, der die Kranke aufmerksam beobachtete. Er dachte an die Nacht, in der der unerbittliche Tod ihm sein junges, schönes Weib genommen hatte.
Jetzt ging der Todesengel abermals durch das Gemach, und wenn er mit seinen bleichen Flügeln das junge Geschöpf, das so matt und regungslos in den Kissen lag, noch nicht gestreift hatte, dann war es nur der tapferen Frau zu verdanken, deren Lippen sich unaufhörlich im stillen Gebet bewegten.
Gegen Mitternacht schlug Angela die Augen auf, groß und voller Verständnis. Sie glitten umher und blieben ernst am Gesicht der Mutter hängen.
»Mutti!« hauchte sie, und Frau Bettina neigte sich voll überströmender Liebe über das Gesicht ihres Kindes, um dessen letzten Atemzug in sich aufzunehmen.
»Bitte – Mutti«, sagte Angela leise, »ich möchte so gern auf der – anderen – Seite liegen.«
Bettina bettete die leichte Gestalt um. Da senkten sich die schweren Lider über die unnatürlich großen Grauaugen, und ein tiefer, erlösender Atemzug zitterte durch den Raum.
Frau Bettina, die sich bis dahin meisterhaft beherrscht hatte, brach in die Knie, preßte das zuckende Gesicht in die Decke. Ihre Schultern bebten wie im Krampf.
Sie wußte nicht, wie lange sie so gelegen hatte, als sie sich emporgezogen fühlte und Fritz Hersfeld neben sich raunen hörte:
»Angela wird leben!«
Ungläubig sah sie den Arzt an, und als sie in seinen Augen Tränen gewahrte, brach sie in seinen Armen fast zusammen vor übermächtiger Freude.
Er stützte sie und bestimmte:
»Du mußt dich jetzt unbedingt hinlegen. Oder willst du, daß Angela dich krank findet, wenn sie zum erstenmal ohne Fieber ist und aus ihrem Genesungsschlummer erwacht?«
Wortlos ließ sie sich von der Schwester in ihr Schlafzimmer führen. Sie zitterte so heftig, daß sie sich nicht einmal ausziehen konnte. Schwester Martha war ihr behilflich, und fast augenblicklich sank sie in einen todähnlichen Schlaf.
Dr. Hersfeld fuhr nach einer Stunde völlig beruhigt in die Klinik, wo er dringend erwartet wurde.
Die beiden Hausmädchen gaben ihren Lauscherposten an der Tür zum Krankenzimmer auf, seit sie wußten, daß das liebe Fräulein Angela gesund werden wurde.
Udo Reimer aber, der skrupellose Vater, der nach seiner letzten Niederlage Angela nicht wieder abgeholt hatte, wußte nichts von dem grenzenlosen Herzeleid und der Todesgefahr, in die er sein Kind gebracht hatte.
Er hatte es vorgezogen, vorübergehend aus München zu verschwinden und deshalb eine Einladung Kraners nur zu gern angenommen.
Kraner ging ganz planmäßig vor. Er hatte gelernt und nach dem Zusammenstoß mit Reimer den Entschluß gefaßt, sich erst dessen Freundschaft wieder zu erlangen, ehe er um die Hand Angelas, deren liebliche Schönheit ihn bezaubert hatte, bat.
Er war sehr hoffnungsvoll, und weil es ihm nur darum ging, Angela zu besitzen, saß ihm auch das Geld locker in der Tasche.
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