Название: Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman
Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Karin Bucha
isbn: 9783740959500
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Wie eine Ausgestoßene kam sich Angela vor, und das erweckte ihren Stolz und ihren Trotz von neuem.
Keiner beachtete sie. Und Angela mußte wiederum feststellen, daß sich alles um Inge Ahnert zusammengerottet hatte.
Es war kein gutes Lächeln, das um Angelas Mund spielte, als sie es gewahrte. Sie sehnte mit ganzer Kraft Susanne herbei, nur damit sie sich nicht mehr so vereinsamt zu fühlen brauchte.
Fast zuletzt kam Susanne Poller. Sie wurde mit einem so großen Hallo empfangen, daß Angela glaubte, man wollte nur sie damit kränken.
Susanne konnte sich der vielen Hände kaum erwehren, die sich ihr entgegenstreckten, und war ein wenig gerührt darüber.
Am meisten strahlte ihr liebes Gesicht aber auf, als Angela ihr beide Hände entgegenhielt und sie mit merkwürdig feuchten Augen in die Bank zog.
»Ich bin ja so froh, daß du wieder da bist!« bekannte sie der Freundin leise, und diese lachte froh auf.
»Wenn du wüßtest, wie du das eben gesagt hast!« entgegnete sie und packte ihre Sachen aus. Dabei fiel ihr Blick auf die andern, die wie Soldaten um Inge Ahnert herumstanden und eigentümlich forschend zu ihr und Angela herüberblickten.
Mit einem Ruck schwang sie sich auf die Bank.
»Was ist denn los bei euch?«
Sie fühlte die vielen Augenpaare teils erschrocken, teils lächelnd, teils empört auf sich ruhen – aber eine Antwort wurde ihr nicht erteilt.
In Susanne stieg grenzenlose Wut auf. Sie griff zu dem elastischen Lineal und hieb wütend damit auf die Bank.
»Wenn jetzt nicht sofort eine von euch den Mut zum Reden findet, melde ich den Vorgang Dr. Kant – verstanden? Inge, du schwingst doch sonst die große Lippe. Dir brennt es doch sicherlich schon auf der Zunge.«
»Natürlich«, fuhr diese gekränkt auf, da sie leises Kichern gehört hatte. »Du sollst es auch wissen, weil du dich so großartig als die Unwissende aufspielen kannst. Wir sind empört über Angela Martens. Dauernd wird sie uns als leuchtendes Beispiel hingestellt, so daß wir aus dem moralischen Katzenjammer nicht herauskommen, und dabei entpuppt sie sich als ein minderwertiges Geschöpf, das wir nicht mehr in unserer Mitte dulden wollen. Sie läßt sich von einem bekannten Lebemann von der Schule abholen und geht mit ihm spazieren und ins Kaffeehaus. Gestern ließ sie sich sogar im geschlossenen Wagen abholen und in ein Weinlokal führen…«
Weiter kam sie nicht, denn empört hatte Susanne ihren Radiergummi durch die Luft direkt nach Inges Kopf sausen lassen. Aber diese duckte sich schnell und lachte dann gereizt auf.
»Selbstverständlich hältst du uns für Lügner«, sprudelte sie mit hochrotem Gesicht heraus, »was wir auch gar nicht anders von dir erwartet haben.«
»Kein Wort glaube ich euch«, empörte sich Susanne. Dabei legte sie den Arm um Angelas Schultern, die verräterisch zuckten.
Sekundenlang hatte sie das Gefühl, daß Angela energisch hätte aufspringen und die Sprecherin der Lüge zeihen müssen. Aber sofort ließ sie den Gedanken fallen. Angela war viel zu stolz, sich gegen solche Angriffe zu wehren.
Trotzdem flüsterte sie der Freundin leise ins Ohr, sie immer noch fest umschlungen haltend:
»Ich verstehe dich nicht, Angela. Das könnte ich nicht so gelassen hinnehmen! Die Augen würde ich Inge auskratzen oder ihr eins ordentlich überhauen, damit sie nicht mehr so sinnlos schwatzen kann.«
Angelas Brust hob und senkte sich stürmisch unter den zitternden Atemzügen. Sie war so erschüttert, daß sie nicht ein Wort über die Lippen brachte. Einen Lebemann – einen bekannten Lebemann nannte man ihren Vater!
Und zu diesem Vater, über dessen leichtsinniges Wesen ihr erst gestern so richtig die Augen aufgegangen waren, sollte sie sich bekennen?
Etwas trieb sie, den Mund zum Sprechen zu öffnen, dann aber stieg das schmale Gesicht der Mutter vor ihr auf, sie sah die geliebten Augen in Tränen schwimmen. Das gab den Ausschlag. Niemals wieder würde ihre Mutter so glücklich und zufrieden sein können, wie sie es die letzten Jahre gewesen war, wenn sie erfuhr, daß Reimer sich in ihrer Nähe befand – oder gar, wenn sie wußte, wie sehr er sie, ihr Kind, quälte.
»Angela!« rief Susanne mit leisem Entsetzen.
Da wandte sie den Kopf der Freundin zu. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, Verzweiflung brannte darin. Susanne sah aber im Augenblick nur die äußerlich verwandelte Angela mit dem müden Gesicht. Man warf ihr vor, daß sie mit einem Lebemann verkehrte? Ganz ohne Beweis konnte man das eigentlich nicht tun. Sah Angela nicht aus, als käme sie keine Nacht ins Bett? Trieb sie sich draußen herum?
Alles bäumte sich in ihr auf gegen diese Annahme. Wie vor den Kopf geschlagen kann sie sich vor, als Angela tonlos erklärte:
»Was Inge gesagt hat – stimmt.«
Susanne saß wie erstarrt da, und wenn nicht im gleichen Augenblick Dr. Kant das Zimmer betreten hätte, wäre sie in Tränen bitterer Enttäuschung ausgebrochen.
Die Stunde nahm ihren Anfang.
Schon bei seinem Eintritt hatte Dr. Kant die Nervosität der Mädels empfunden, und auch der Unterricht verlief nicht so glatt wie sonst. Mehrmals ging sein Blick zu Angela Martens, die starr zu Boden sah und sich in keiner Weise am Unterricht beteiligte.
Jetzt war es ihm klar, daß das Mädel irgendein Leid mit sich herumtrug. Deshalb vermied er, ihr eine Rüge zu erteilen.
Nach Schluß der Stunde wandte er sich an die verstört aufsehende Angela:
»Bitte tragen Sie mir den Brenner ins Physikzimmer, Angela.«
Ihre Hände zitterten so heftig, als sie nach dem Brenner griff, daß er ihr helfend beispringen mußte. Mit schleppenden Schritten ließ er sie vorangehen.
Wortlos stiegen sie in das nächste Stockwerk, während er sonst einen kleinen Scherz zu machen pflegte. Aber Angela fiel das nicht einmal auf. Sie war plötzlich gleichgültig geworden. Nur wenn sie an die Mutter dachte, zitterte jeder Nerv in ihr.
Sie setzte den Brenner an den bestimmten Platz und wollte an Dr. Kant vorbei aus dem Raum huschen, da stellte er sich aber unvermutet in den Weg.
»Einen Augenblick, Angela!« bat er.
»Bitte«, sagte sie leise und senkte unter seinem forschenden Blick die Lider.
»Jetzt sagen Sie mir einmal, was Sie bedrückt, Angela«, begann er vorsichtig. »Sie haben doch irgend etwas! Schon seit einiger Zeit beobachte ich Sie.«
Er fühlte, wie ihre Schultern unter seinem Griff zusammenzuckten, und wußte, daß er richtig vermutet hatte.
»Nichts, Herr Doktor«, antwortete sie nach einer Weile.
Seine Miene wurde traurig.
»Nichts, Angela?« wiederholte er geduldig. »Wirklich nichts? Oder haben Sie kein Vertrauen zu mir, Ihrem alten Lehrer?«
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