Название: Die Freimaurer
Автор: Dieter A. Binder
Издательство: Bookwire
Жанр: Общая психология
Серия: marixwissen
isbn: 9783843800228
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Um die Ähnlichkeit und die dramatische Verkehrung des freimaurerischen Rituals im Mops-Orden zu verdeutlichen, sei hier ein knapper Vergleich zwischen dem „Katechismus“ der Möpse und jenes eines Freimaurers gezogen.
„Seyd ihr ein Mops?
Vor dreyßig Jahren war ich es nicht.
Was waret ihr denn vor dreiyßig Jahren?
Ich war ein Hund, aber nicht ein Hund der ins Haus gehoeret.
Wenn seyd ihr ein solcher geworden?
Als mein Führer sich niedersetzte um an der Thuer zu kratzen und zu klaffen.
Als ihr in die Gesellschaft eintratet, was that man euch?
Man hieng mir eine Kette ueber die Haende, und ein Band an den Hals.
[…]
Was hat euch am meisten in der Loge gefallen?
Der Boden.
Was stellt derselbe vor?
[…]
Was bedeutet das Gevierdte?
Den festen Grund der Gesellschaft.
Was bedeutet der Creis?
Gleichwie alle Durchschnitte des Creises durch eben denselben Mittelpunct gehen: also muessen allen Handlungen eines Mops aus einer Quelle gehen, nemlich der Liebe. Oder besser zu sagen: der Creis bedeutet die bestaendige Daurung der Loge.
[…]
Woher kommt der Wind?
Vom Morgen.
Welche Zeit ist es?
Es ist gute Zeit.
Wie gehen die Möpse?
Man ziehet sie bey der Kette von Abend gegen Morgen.“106
Zum Vergleich ist nun ein „Katechismus“ freimaurerischer Herkunft anzuführen. Die scheinbare Diskrepanz ist ebenso augenscheinlich wie in den überlieferten Arbeitstafeln beider Systeme.
„Br. Lehrling! warum wurden sie Freymaurer?
Weil ich mich nach dem Lichte sehnte.
Sind sie es nun auch wirklich?
Meine BrBr. [=Brüder] erkennen mich dafür.
Woran soll ich sie erkennen?
An Zeichen, Griff, und Wort.
[…]
Wo ist diese allgemeine
[=Loge]?Im Thale Josaphat.
Warum eben dort?
Weil dieses Thal zwischen Zion und Moria liegt, und weil in demselben nie ein Weib gewesen, nie ein Loewe gebruellet, nie ein Hahn gekraehet, und nie ein Hund gebellet hat.
[…]
Worauf ist sie [die Loge] gegründet?
Auf 3 Pfeiler: Weisheit, Schoenheit, und Staerke.
[…]
Welche ist des Lehrlings Hauptpflicht?
Den rohen Stein durch unermuedete Arbeit ebnen, auf dass er zum Gebaeude tauge.
Haben sie den noethigen Unterricht dazu empfangen?
Ja, vorzueglich auf meinen Reisen.“107
Um die massive Diskrepanz im Selbstverständnis zwischen Freimaurerei und Mops-Orden noch weiter zu verdeutlichen, muss erneut auf das Grundgesetz der Maurerei, die „Alten Pflichten“ von 1723 verwiesen werden, in denen der Normenkatalog, das ethische Grundkonzept für einen Freimaurer festgelegt worden ist. „Im Mops-Orden“ – so BEYER – hat man „sicherlich an Ethik überhaupt nicht gedacht, sondern lediglich das Amüsement geschätzt, das den Mitgliedern durch die Aufnahme-Posse bereitet wurde.“108 Hier trifft sich wohl auch die höfische Gesellschaft um die Markgräfin FRIEDERICKE (1709-1758), der Schwester FRIEDRICHs II. von PREUSSEN und Gattin des Markgrafen FRIEDRICH von BRANDENBURG-BAYREUTH, mit jenen Studenten, die ebenfalls einem Mops-Orden anhängen.109
Diese Bereitschaft zum Amüsement, das Beyer wegen der augenscheinlichen Nähe zur Freimaurerei nahezu tadelnd erwähnt, spiegelt sich in der breiten Aufnahme des Mops-Motivs im zeitgenössischen Kunsthandwerk.110 Andererseits zeigt die prägnante Studie von Karlheinz GOLDMANN111 die starke Verflechtung höfischer Gesellschaften mit diesem Orden. Will man den Orden nicht als einen Versuch (von mehreren) zur androgynen Freimaurerei abtun, erhebt sich die Frage, welche Bedeutung dem Ritual dieses Zusammenschlusses zukommt. Wenn man von der These ausgeht, dass das Ritual in der traditionellen Freimaurerei eben auch eine spielerische Einübung in den brüderlichen Umgang zwischen Männern unterschiedlicher Stände gewesen ist, so kann für den Mops-Orden das Ritual als Spiel an sich interpretiert werden, da innerhalb der höfischen Mops-Logen kaum gravierende Standesunterschiede geherrscht haben dürften. Diese Einschätzung scheint noch durch ein weiteres Phänomen bestätigt, das am Ende der Darstellung des Rituals der Tafelloge aufscheint. „Eine Versammlung von Mannspersonen und Frauenzimmer, so entweder annoch in schoenster Jugend oder wenigstens in den besten Jahren; eine schoene zugerichtete Mahlzeit, vortrefflicher Wein; Munterkeit, Aufrichtigkeit, Vertraulichkeit, welche man bey den Gaesten verspueret, und ueberdem die Beweisung aller erforderlichen Pflichten, um ein gemeinschaftliches Vergnügen zu erwecken. All dieses kann sich der Leser gantz sicher vorstellen, der sich von demjenigen, was bey dieser Mahlzeit vorgehet, einen Begriff machen will. Man bezeiget sich gegeneinander liebreich mit den Augen; denn eine merckliche Liebes-Erklaerung bey der Tafel wuerde fuer eine Unbescheidenheit und Grobheit gehalten werden. Jedoch fehlt es nicht an Gelegenheit sich hierueber deutlich und ungezwungen zu erklaeren.“112 Das Ritual wird zum Spiel der Geschlechter, zur höfisch verfeinerten Form eines Schäferspiels, wie es charakteristischer für das Rokoko kaum sein könnte.113
William HOGARTH (1697-1764) hat in seinem berühmten Stich über die Heimkehr des Freimaurers mit den Mitteln der Satire das Bild einer Männergesellschaft weitab von Aufklärung und Esoterik gezeichnet. Er reduziert die Freimaurerei auf das gesellige Moment, in dem, so kann man annehmen, das Ritual den Rahmen für die Zusammenkunft bildet. Noch heute dominiert das Ritual die englischen Logen, während der intellektuelle Diskurs durch eine entsprechende Zeichnung, d.h. durch einen Vortrag innerhalb des Ablaufes einer Arbeit, d.h. eines Logenabends keine Rolle spielt. Dadurch entsteht das Gefüge eines Clubs mit besonderen Umgangsformen, die im 18. Jahrhundert die brüderliche Begegnung von Menschen unterschiedlichster Herkunft ebenso fördern wie in einer modernen Gesellschaft. Das Verbot, Streitgespräche über Politik oder Religion zu führen,114 erleichtert diese Entwicklung.
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