Mörderisches Schicksal. Heide-Marie Lauterer
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Название: Mörderisches Schicksal

Автор: Heide-Marie Lauterer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Vera Roth

isbn: 9783944587998

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СКАЧАТЬ schon wieder über seinen Medikamentenkoffer. Als ich an ihm vorbeiritt, machte er mir ein Zeichen. Das ist die Gelegenheit, auf die ich gewartet habe, jubilierte es in mir. Heute würde ich ihm die Analyseprobe geben, denn ich hatte weder Hansi und Tissa noch sonst jemanden auf dem Hof gesehen. Er winkte noch einmal und schien mir etwas sagen zu wollen, doch gerade da spitzte Fango die Ohren und verlangsamte seinen Schritt. Ein Plausch mit dem Tierarzt kam nicht in Frage, ich musste mich auf meinen Weg konzentrieren, und der ging an dem vollgestopften, überdimensionalen Mistcontainer vorbei. Gleich dahinter tat es einen Ruck, der mich beinah aus dem Sattel katapultiert hätte, denn Fango erstarrte zum Reiterstandbild. Mit weitaufgerissen Augen und geblähten Nüstern schielte Fango schräg nach unten. Auf dem schmalen Rasenstück vor dem Reitplatz wölbte sich eine schwarze Plane, die ich gestern noch nicht bemerkt hatte. Nur weiter und vorbei, wir konnten unmöglich hier stehenbleiben! Aber je mehr ich ihn antrieb und meine Absätze an seine Seiten klopfte, desto mehr versteifte er sich. Er schnaufte hektisch, verdrehte seinen Hals und ich konnte das Weiße in seinem Auge schimmern sehen. Das Pferd fühlte sich unter mir so hart an wie eine Eisenstange. Auf einmal fing er an zu tänzeln und versuchte, sich auf der Hinterhand zu drehen. Plötzlich war Doktor Abnemer neben uns und griff mir in die Zügel. Mir klopfte das Herz bis zum Hals, zitternd sprang ich von dem aufgeregten Pferd ab. Wie leicht hätte er steigen und auf dem glatten Beton das Gleichgewicht verlieren können!

      „Ich habe Sie warnen wollen“, sagte der Tierarzt.

      „Aber wovor denn?“, fragte ich zitternd.

      „Unter der Plane liegt Elan. Wir mussten ihn gestern Abend einschläfern. Jetzt warten wir auf den Abdecker.“

      „Hat Fango den Tod gerochen?“, sagte ich leise und fühlte eine leichte Übelkeit aufsteigen.

      „Wer weiß?“, sagte der Tierarzt und zuckte mit den Achseln.

      „Eine Kolik?“

      Weil er schwieg, fragte ich noch einmal nach: „Und woran ist er … ich meine, hat er zu viel frisches Gras gefressen?“

      „Das wohl nicht – eher eine heftige allergische Reaktion auf irgendetwas im Futter vielleicht. Was es genau war, bekommen wir wohl nie raus.“

      „Da wäre ich mir nicht so sicher!“ Jetzt hatte ich endlich meinen Anknüpfungspunkt! Gerade wollte ich Doktor Abnemer in mein Vorhaben einweihen, da hörte ich Hufgetrappel.

      „Auf Sie habe ich gewartet.“ Tissa baute sich mit ihrer Stute Mausi vor dem Tierarzt auf, Mausi stand mit hängenden Ohren auf drei Beinen und Tissa sagte mit einem vielsagenden Blick in Doktor Abnemers Richtung: „Der Hufschmied!“

      Irgendjemand musste ja schuld daran sein, wenn ein Pferd lahm ging und nur noch auf drei Beinen dastand! Mein vertrauliches Gespräch mit Doktor Abnemer war beendet und meine verdeckten Ermittlungen würden warten müssen.

      Die Lust am Reiten war mir für heute verdorben. Fango tobte sich genauso gerne in der kleinen Halle aus. Ich gönnte ihm eine gute halbe Stunde, dann führte ich ihn in seine Box. Um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, weil ich nicht ordentlich geritten war, bürstete ich ihm ausgiebig das Fell.

      Ein schrilles Lachen beendete unser Tête à Tête. Warum kam Tissa immer im falschen Moment, fuhr es mir durch den Kopf. Gerson kam nie, wenn ich bei Fango war und Tom auch nicht. Ich fühlte plötzlich einen unheimlichen Groll in mir aufsteigen, dessen Stärke mich erschreckte. Was hatte die Frau mir denn getan? Die Arme auf die Paddockstange gestützt, lugte sie zu uns herein. Warte nur, dachte ich, heute krieg ich dich dran. Ich tat so, als ob ich sie nicht bemerkte, verabschiedete mich von Fango, dann ging ich schnell hinaus auf den Hof, zur Sattelkammer. Hinter mir hörte ich Schritte, Tissa folgte mir.

      „Hey, Vera!“

      „Hey.“

      Tissa blieb vor mir stehen, verknotete ihre Beine, nahm ihren Becher, der Skorpion war direkt auf mich gerichtet. „Na, hast du dich von deinem Schock erholt?“

      „Schock? Von welchem Schock denn?“ Ich bekam einen roten Kopf. Hatte sie etwa gesehen, wie ich von Fango abgesprungen war? Aber egal, das war die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte. Ich griff mit der Hand in den offenen Bio-Dyn-Sack in meinem Spind und ließ die Körner ganz langsam durch meine Finger gleiten. Tissa beobachtete mich gespannt; es war verrückt und fahrlässig zugleich, aber ich konnte mir nicht helfen, ich musste dem Impuls folgen! Vielleicht würde ich in Kürze an mörderischen Bauchkrämpfen elendig zu Grunde gehen, doch ich steckte mir ein paar Körner in den Mund und fixierte Tissa dabei mit den Augen. Sie starrte mich an, hielt für einen Wimpernschlag lang den Atem an, dann schrie sie: „Vera!“

      Mit so einer heftigen Reaktion hätte ich nicht gerechnet; fast wurde es mir selbst ein bisschen mulmig.

      „Was hast du denn, Tissa? Ist was passiert?“, fragte ich mit schlecht gespielter Ahnungslosigkeit.

      „Warum kaust du Pferdefutter? Hast du nicht gefrühstückt?“

      „Die Leute sagen, es hätte Müsliqualität? Stimmt es etwa nicht? Das wollte ich einfach mal probieren. Mir schmeckt es nicht besonders“, sagte ich und spuckte die Körner in mein Taschentuch.

      „Das ist Pferdefutter, kein Müsli“, sagte Tissa barsch.

      „Ja, und? Hafer ist auch Pferdefutter und wir Menschen essen es.“ Tissa hatte den Becher abgestellt, unter ihrem dunklen Teint hatte ihre Gesichtshaut eine käsige Farbe angenommen.

      „Ist dir nicht gut?“, fragte ich scheinheilig.

      „Mir? Wieso? Nein, mit mir ist alles in Ordnung“ sagte sie. „Welches Futter gebt ihr eigentlich Fango?“

      „Das Plus, glaube ich.“

      Für einen Augenblick sah ich Tissa taumeln und dachte, sie würde stürzen. Doch dann fing sie sich wieder. Wie sie es geschafft hatte, den Skorpionbecher so zu balancieren, dass sie keinen Tropfen verschüttete, war mir schleierhaft.

      „Zeig mir mal den Sack, ja?“, sagte sie. Ich tat ihr den Gefallen und ging einen Schritt zu Seite.

      „Es ist das normale.“ Sie schien erleichtert, warum wusste nur sie oder der Teufel. Elan hatte angeblich auch nur das „normale“ Futter bekommen und nun lag er steif und kalt unter der Plane und wartete auf den Abdecker. Jetzt war ich mir fast sicher, dass das Zeug giftig war. Ach was, giftig! Hochgiftig sogar!

      Ich schüttelte mich, weil ich gerade ein unheimliches Rumoren in meinen Eingeweiden spürte. Natürlich hatte ich die Körner vorsichtshalber nicht zerkaut und schon gar nicht runtergeschluckt, aber was, wenn zum Beispiel ein Stück Mutterkorn darunter gewesen wäre, von denen schon winzige Partikel reichten, um einen Menschen zu töten, oder ein paar getrocknete Hyazinthenblätter? Harmlos waren die ebenfalls nicht. Sie enthielten Oxalsäure und Saponine, die, wie ich bei Wikipedia gelesen hatte, Schleimhautreizungen verursachten, und das bedeutete, Mensch und Tier wurde es schlecht, ziemlich schlecht sogar. Vera, hör auf, Horrorszenarien zu entwerfen, rief ich mich zur Ordnung. Das Kommando wirkte, ich atmete durch und meine Gedanken kamen wieder auf die Reihe, einer hinter dem anderen. Tissa hatte sich selbst entlarvt, das reichte. Jetzt musste ich nur noch wissen, wo dieses Wunderfutter produziert wurde und wer dahintersteckte und wenn ich erst einmal die Laboranalyse von Doktor Abnemer in der Hand hätte, würde ich … sie ins Gefängnis bringen, vollendete ich meinen Gedanken. Aber so weit waren wir noch nicht! Ich musste Schritt für Schritt vorgehen und fragte Tissa ganz direkt: „Wo wird eigentlich dein Futter produziert?“

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