Martin Eden. Джек Лондон
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Название: Martin Eden

Автор: Джек Лондон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026884491

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СКАЧАТЬ Gutmütigkeit vergewaltigen, und deshalb lächelte er in diesen Augenblicken die beiden jungen Mädchen an, nur aus reinem warm-menschlichen Gefühl. Es war ihm nichts Neues. Er wußte, daß sie ihre Hände nach ihm ausstreckten. Aber jetzt war es etwas anderes. Unten im Parkett saß die Einzige in der ganzen Welt, so anders – so erschreckend anders – als diese beiden jungen Mädchen seiner eigenen Klasse, daß er für die nur Mitleid und Kummer fühlte. Er wünschte im Innern, daß sie einen geringen Bruchteil IHRER Güte und Herrlichkeit erlangen könnten. Aber um keinen Preis wollte er sie kränken, weil sie die Hände nach ihm ausstreckten. Er fühlte sich nicht dadurch geschmeichelt, im Gegenteil, eher ein wenig beschämt, daß seine eigene Niedrigkeit es ihnen erlaubte. Hätte er dem Kreise Ruths angehört, so hätten diese jungen Mädchen, das wußte er, keine Annäherung versucht. Und bei jedem Blick, den sie ihm sandten, war ihm, als ob der Stand, dem er angehörte, nach ihm griffe, um ihn niederzuhalten.

      Er verließ seinen Platz, ehe der Vorhang nach dem letzten Akt gefallen war, denn er wollte sie sehen, wenn sie herauskam. Es standen immer viele Männer vor dem Theater, und er brauchte nur die Mütze in die Stirn zu ziehen und sich hinter einem andern Mann zu verstecken, damit sie ihn nicht bemerkte. Er war einer der ersten, der das Theater verließ, aber kaum hatte er sich auf den Bürgersteig gestellt, als auch schon die beiden jungen Mädchen herauskamen. Er wußte gut, daß sie es auf ihn abgesehen hatten, und in diesem Augenblick hätte er seine Anziehungskraft auf Frauen verfluchen können. Er merkte, daß sie ihn gesehen hatten, denn sie gingen, gleichsam zufällig, schräg über die Straße, um in seine Nähe zu gelangen. Dann gingen sie langsamer, tauchten mitten im dichtesten Gewühl neben ihm auf, und die eine von ihnen tat, als ob sie ihn zum erstenmal bemerkte. Sie war ein schlankes, dunkles Mädchen mit schwarzen, herausfordernden Augen, die den seinen lächelnd begegneten. Er lächelte zurück.

      »Hallo!« sagte er.

      Das geschah rein mechanisch; er hatte dasselbe so oft unter ähnlichen Umständen, bei einer ersten Begegnung, gesagt. Weniger konnte er ja übrigens auch nicht tun. Bei der großen Nachsicht und Freundlichkeit seines Wesens konnte er wirklich nicht weniger tun. Das schwarzäugige junge Mädchen lächelte heiter und einladend und machte Miene, stehenzubleiben, ebenso wie ihre Freundin, die Arm in Arm mit ihr ging. Er überlegte schnell. Es war nicht auszudenken, daß sie jetzt herauskommen sollte und ihn hier stehen und mit den beiden reden sehen. Als wäre es die natürlichste Sache von der Welt, trat er neben die Dunkeläugige und ging mit ihr weiter. Hier kannte er keine Verlegenheit. Hier war er zu Hause, und er war ein Meister in der leichten, mit Slang und heiterer Neckerei gemischten Unterhaltung, die stets der erste Schritt zu weiterer Entfaltung derartiger schnell gemachter Bekanntschaften war. An der Ecke, wo der Hauptstrom in derselben Richtung weiterfloß, bog er in die Querstraße ab. Aber das junge Mädchen mit den schwarzen Augen packte ihn am Arm und ging, ihre Begleiterin mit sich ziehend, mit.

      »Halt, Bill! Warum so eilig? Meinst du, daß du uns gleich wieder loswerden kannst?«

      Er blieb stehen und wandte sich ihnen lächelnd zu. Über ihre Schultern hinweg konnte er die Menge sehen, die sich im Schein der Straßenlaternen vorüberdrängte. Hier war es weniger hell, und er konnte sie unbemerkt sehen, wenn sie vorbeikam. Sie mußte vorbeikommen, denn der Weg führte zu ihrem Hause. »Wie heißt sie?« fragte er das kichernde junge Mädchen und machte eine Kopfbewegung nach der Dunkeläugigen.

      »Frag' sie selbst«, lautete die Antwort, die fast von Lachen erstickt wurde.

      »Na also, wie heißt du denn?« fragte er und wandte sich zu der andern.

      »Du hast mir ja auch nicht erzählt, wie du heißt«, antwortete sie.

      »Du hast mich ja auch nicht gefragt«, antwortete er lächelnd. »Übrigens hast du es gleich erraten, Bill, jawohl.«

      »Ach, geh!« Sie sah ihm mit einem brennenden einladenden Blick in die Augen. »Wie heißt du – aber wirklich!«

      Wieder sah sie ihn an. Alle Jahrhunderte des Weibes von ihrer ersten Geschlechtsregung an sprachen aus ihren Augen. Und er maß sie mit einem gleichgültigen Blick und wußte, daß sie, wenn er sie, die jetzt so dreist war, verfolgte, sofort schamhaft und vorsichtig ihren Rückzug antreten, aber stets, sobald sein Eifer nachließe, bereit sein würde, umzukehren. Aber auch er war nur ein Mensch, und er spürte ihre Anziehungskraft und fühlte sich unbewußt von ihrer Freundlichkeit geschmeichelt. Oh, er kannte ja dies alles, kannte diese Mädchen in- und auswendig. Gute Mädchen, was man in ihrem Stande »gut« nannte, Mädchen, die um geringen Lohn schwer arbeiteten und sich für zu gut hielten, als daß sie sich für ein angenehmeres Leben verkauft hätten; Mädchen, die erfüllt waren von einem fieberhaften Drang nach einem ganz klein wenig Glück in der Wüste des Daseins. Dann kam die Zukunft, die zwischen dem Elend ewiger Plackerei und dem noch größeren Elend schwankte, zu dem der Weg kürzer, wenn auch besser bezahlt war.

      »Bill«, antwortete er nickend. »Wahrhaftig, Bill und nicht anders.«

      »Du uzt mich nicht?« fragte sie.

      »Es ist nicht wahr«, mischte sich das andere Mädchen ein.

      »Woher weißt du das?« fragte er. »Du hast mich doch noch nie gesehen.«

      »Das ist nicht nötig, um zu wissen, daß du lügst«, lautete die Antwort.

      »Sag' nun, wie du heißt, Bill«, drängte das erste junge Mädchen.

      »Bill ist wohl ebensogut wie jeder andere Name«, sagte er.

      Sie griff seinen Arm und schüttelte ihn scherzend.

      »Ich wußte, daß du lügst, aber deshalb gefällst du mir doch.«

      Er nahm die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, und fühlte auf der Handfläche vertraute Zeichen und Narben.

      »Wann hast du in der Konservenfabrik aufgehört?« fragte er.

      »Woher weißt du?« und »Gott, er ist wohl Gedankenleser!« riefen die jungen Mädchen im Chor.

      Und während er törichte Worte mit ihnen wechselte, wie sie für törichte Seelen paßten, erhoben sich vor seinen innern Augen die Bücherregale der Bibliothek voll von der Weisheit der Jahrhunderte. Er lächelte weiter bei dem Gedanken an den inneren Gegensatz in alledem, und ein starker Zweifel stieg in ihm auf. Und während er, von seinen inneren Gesichten und seiner rein äußeren Heiterkeit in Anspruch genommen, hier stand, hatte er sogar noch Zeit, die Menge zu beobachten, die aus dem Theater strömte. Und da sah er sie im Schein der Laternen, zwischen ihrem Bruder und dem fremden jungen Mann mit der Brille, und ihm war fast, als ob sein Herz stillstände. Lange hatte er auf diesen Augenblick gewartet. Er konnte eben das spinnwebfeine Tuch, das den stolzen Kopf verbarg, die schönen Linien der verhüllten Gestalt, die anmutige Haltung und die Hand, die die Röcke hob, bemerken, dann war sie verschwunden, und er stand da und starrte auf die beiden Fabrikarbeiterinnen, ihren armseligen Ersatz schöner Kleider, ihre tragischen Bemühungen, rein und fesch zu sein, den billigen Stoff, die billigen Bänder und die billigen Ringe an ihren Fingern. Er fühlte, wie die eine ihn am Arm zog, und hörte eine Stimme:

      »Wach' auf, Bill! Was ist los mit dir?«

      »Was sagst du?« fragte er.

      »Ach nichts«, antwortete das dunkle junge Mädchen und warf den Kopf zurück. »Ich wollte nur ...«

      »Was?«

      »Na, ich meinte nur, es wäre eine gute Idee, wenn du einen Freund hättest ... für sie« (sie zeigte auf ihre Freundin), »dann könnten wir Eis essen oder eine Tasse Kaffee trinken gehen.«

      Ein СКАЧАТЬ