Der Jungbrunnen: Neue Märchen von einem fahrenden Schüler. PAUL HEYSE
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Название: Der Jungbrunnen: Neue Märchen von einem fahrenden Schüler

Автор: PAUL HEYSE

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113261

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СКАЧАТЬ aufwecken. Darum legte er sie leise ins Gras gerade unter einer steinalten Eiche, gab ihr die Käke in den Arm, die auch schon schlief und deckte sein Hütchen über seiner kleinen Schwester Gesicht, damit kein Käfer drüber weg laufen könnte. Der Hansel hatte sich auch gleich ins Gras gestreckt und schlief im Umsehn, und da wußte der lange Poet auch nichts besseres, als sich schlafen zu legen. Wie er aber so auf dem Rücken lag und zu dem Monde hinaufsah, fiel ihm eins seiner alten Lieder ein, das sang er ganz leise; denn er konnte nie einschlafen, ohne was gesungen zu haben. Das Lied lautete so:

      Waldesnacht, du wunderkühle,

       Die ich tausend Male grüß',

       Nach dem lauten Weltgewühle

       O wie ist dein Rauschen süß!

       Träumerisch die müden Glieder

       Berg' ich weich ins Moos,

       Und mir ist, als würd' ich wieder

       All der irren Qualen los.

      Fernes Flötenlied, vertöne,

       Das ein weites Sehnen rührt,

       Die Gedanken in die schöne,

       Ach! mißgönnte Ferne führt.

       Laß die Waldesnacht mich wiegen,

       Stillen jede Pein!

       Und ein seliges Genügen

       Saug' ich mit den Düften ein.

      In den heimlich engen Kreisen

       Wird dir wohl, du wildes Herz,

       Und ein Friede schwebt mit leisen

       Flügelschlägen niederwärts.

       Singet, holde Vögellieder,

       Mich in Schlummer sacht!

       Irre Qualen, lös't euch wieder;

       Wildes Herz, nun gute Nacht!

      Als er den letzten Ton gesungen hatte, fielen ihm leise die Augen zu und da hatte er sich selbst in Schlaf gesungen.

       Wie Glückspilzchen gar seltsam gebettet wird.

       Inhaltsverzeichnis

      Wie sie nun eine Weile so gelegen hatten, fing der blonde Hansel auf einmal laut an zu schnarchen, und dann schwätzte er wieder unsinniges Zeug aus dem Traum, als: O ich Pechvogel! Fleischtöpfe! Holzleisten! Sie ist ein knauseriges Weibsbild, Frau Meisterin! O ich Pechvogel! – Davon wachte Glückspilzchen auf, richtete sich in die Höhe und warf das graue Hütchen vom Gesicht. Sie war recht traurig, denn sie hatte von den drei Tanten geträumt und von der Pedanterliese, und ihre Käke wär' ihr gestohlen worden. Damit war's aber nicht so schlimm; die Käke lag schlafend in ihrem Arm. Es war schaurig und kühl unter den Bäumen, und Glückspilzchen gruselte vor dem Mondlicht und dem blonden Schusterjungen, der aus dem Schlaf faselte. Da stand sie endlich leise auf, legte ihrem Bruder den Hut hin und küßte ihn auf die Stirn. Er mußte es gemerkt haben, denn er sagte halblaut:

      O du Grashupferchen,

       Du Sachtschlupferchen

       Mit den blanken Dreiern von Kupferchen,

       Hol' dir von der Kühle kein Schnupferchen!

      Glückspilzchen mußte im Stillen lächeln, band sich aber doch ihr seidnes Halstuch fester, nahm die Käke unter die Schürze und kletterte behend wie ein Kätzchen den alten Baum hinauf, bis sie den blonden Hansel nicht mehr hörte. Da suchte sie sich einen schönen breiten Ast aus, legte sich zum Schlafen zurecht und sang, bevor sie die Augen schloß:

      Englein mit den Flügeln hold,

       Mit dem Haar aus eitel Gold!

       Wenn ich etwa fallen sollt',

       Seid viel tausendmal gebeten,

       Unten auf das Gras zu treten

       Und die Aermchen auszubreiten,

       Daß ich sanft mag niedergleiten.

       Nehmet auch, o seid so gut,

       Meine Käke recht in Hut!

       Daß sich keines Schaden thue,

       Schenkt uns eine sanfte Ruhe.

      Und so schlief sie sorglos ein.

      Es dauerte gar nicht lange, da ließ sie die Puppe wirklich los, die sie vor dem Einschlafen fest an sich gedrückt hatte, und sie fiel unter der Schürze weg von dem hohen Ast hinab. Ein Glück war's nur, daß Glückspilzchen die Engel gebeten hatte, ein wenig Achtung zu geben; sonst hätte sich die Käke den kleinen Kopf elendiglich an den Eichenwurzeln zerschlagen. So aber legten sie die Englein unter Vergißmeinnicht und Veilchen ins Gras, und da schlief sie den Schreck vom Fall gar sanft und ruhig aus.

      Nun will ich aber erzählen, wie wunderlich es mit Glückspilzchen zuging während der Nacht. Wie sie nämlich so auf dem Ast der Eiche schwebte, das Köpfchen an die Rinde gedrückt, die kleinen Arme um das Holz geschlungen, kam auf einmal eine ganze Eichkätzchenfamilie dahergehüpft, die zu Besuch gewesen waren bei ihrer Sippschaft und sich verspätet hatten mit dem Heimweg. Ganz lustig und ein wenig bespitzt von dem vielen Eichelschnaps, den sie hatten trinken müssen, hüpften sie ihres Wegs, obwohl die Nachtwächterin, die Frau Nachtigall, schon längst die Polizeistunde geflötet hatte. Hie und da saß noch in einem Vogelnest ein gelehrter Spatz oder Fink und schaute hinauf nach den Sternen, oder eine Lerche probirte mit halber Stimme die Arie, die sie morgen beim Frühconcert singen sollte; sonst war Alles zur Ruhe. Die Eichkätzchen aber sputeten sich, denn sie hatten den Hausschlüssel vergessen, und wenn die alte Großmutter schon schlief, konnten sie im Freien übernachten. Da kamen sie zufällig über den Ast, auf dem Glückspilzchen lag und schlief, und waren zu Tode verwundert über das zierliche Geschöpfchen. Nein, was für ein liebes Thierchen! riefen sie unter einander. Was sie für hübsche Zöpflein hat und so blanke Lederschuh'! Ach aber sie ist ganz feucht von dem Thau, und wird am Ende krank, oder fällt gar, weil sie keine scharfen Nägel hat an Händen und Füßen! – Da hielten sie flink Rath über das schlafende Mägdlein, und beschlossen dann allezusammen, sie nach ihrer Wohnung zu tragen und die Nacht über bei sich zu behalten. Vorher fuhren sie ihr mit den weichen rothen Schwänzchen über Wangen und Stirn und das blaue Kleid und fegten alle den Thau herab. Dann hoben sechs der stärksten sie sacht in die Höhe, zwei gingen voran, zwei hinterdrein, und nun ging die Reise behutsam, aber geschwind den Ast entlang, und Glückspilzchen lag so weich auf den Schultern ihrer kleinen Freunde, als wie zu Haus bei den drei Tanten in ihrem Federbettchen. Oben mußte der Mond gar herzlich über den seltsamen Zug lachen, und die Frau Nachtwächterin wunderte sich auch, aber sie schwieg ganz still, so daß man nichts ringsum hörte, als die Winde, die in den Wipfeln die Runde machten, und die leisen Schritte der Eichkätzchen und das Klappern der blanken Kupferdreier in Glückspilzchens Sparbüchse.

      So kamen sie allgemach an den großen, dicken Stamm, darin die Eichkätzchen ihr Quartier hatten; es war aber schon zugeschlossen. Nun klopfte der Vorderste, den sie Springinslaub nannten, gar manierlich an und rief:

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