Название: Gesammelte Werke
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237722
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Nils Lykke. Die Jungfrau Maria ist heut eine gefallene Größe. Habt Ihr nicht gehört, was der Mönch von Wittenberg behauptet?
Nils Stenssön. Pfui! Was geht Euch der Mönch von Wittenberg an? Der ist ja ein Ketzer, sagt der Kanzler.
Nils Lykke. Ja, wir wollen darüber nicht streiten. Aber hier will ich Euch einen einwandfreien Heiligen zeigen, bei dem Ihr mir schwören sollt. Er deutet auf ein Ahnenbild, das an einem der Wandpfosten hängt. Kommt her und gelobt mir unverbrüchliches Schweigen, bis ich selbst Eure Zunge löse, – unverbrüchliches Schweigen, so wahr Ihr auf des Himmels Seligkeit hofft für Euch und für ihn, dessen Abbild hier hängt.
Nils Stenssön, indem er sich dem Bilde nähert. Das schwör' ich – so wahr mir Gott helfe! Entsetzt zurückweichend. Jesus Christus, mein Erlöser!
Nils Lykke. Was ist denn?
Nils Stenssön. Das Bild da –! Das bin ich ja selbst!
Nils Lykke. Das ist der alte Sten Sture, wie er in seinen jungen Jahren leibte und lebte.
Nils Stenssön. Sten Sture! – Und die Ähnlichkeit –? Und – Ihr sagtet, ich hätte die Wahrheit gesprochen, als ich mich einen Grafensohn nannte? War es nicht so?
Nils Lykke. So war es.
Nils Stenssön. Ach, ich hab' es, ich hab' es. Ich bin –
Nils Lykke. Ihr seid Sten Stures Sohn, Herr.
Nils Stenssön erfaßt von stillem Erstaunen. Ich Sten Stures Sohn!
Nils Lykke. Auch von mütterlicher Seite seid Ihr edler Abkunft. Der Kanzler hat nicht die Wahrheit gesprochen, wenn er sagte, eine arme Bauersfrau wäre Eure Mutter.
Nils Stenssön. Seltsam, wunderlich! – Aber kann ich denn auch glauben –?
Nils Lykke. Alles, was ich Euch sage, könnt Ihr glauben. Aber bedenkt wohl, daß all dies zu Eurem eignen Verderben ausschlagen kann, wofern Ihr vergeßt, was Ihr mir bei Eures Vaters Seligkeit zugeschworen habt.
Nils Stenssön. Ich das vergessen? O nein, seid versichert, das werd' ich nicht. – Aber Ihr, dem ich mein Wort gegeben habe, sagt an – wer seid Ihr?
Nils Lykke. Mein Name ist Nils Lykke.
Nils Stenssön überrascht. Nils Lykke! Doch nicht der dänische Reichsrat?
Nils Lykke. Derselbe.
Nils Stenssön. Und Ihr solltet –? Das wäre seltsam. Wie kamt Ihr –?
Nils Lykke. – um die Botschaft des Kanzlers zu empfangen. Das wundert Euch wohl?
Nils Stenssön. Ja, ich will es nicht leugnen. Er hat Euch stets seinen erbittertsten Gegner genannt –
Nils Lykke. Und deshalb mißtraut Ihr mir?
Nils Stenssön. Nein, das gerade nicht; aber – – Na, der Teufel möge grübeln!
Nils Lykke. Recht habt Ihr! Folgt Ihr Eurem eignen Kopfe, so ist die Hanfschnur Euch ebenso gewiß wie der Grafenname und die goldne Kette, wenn Ihr Euch auf mich verlaßt.
Nils Stenssön. In allem und jedem! Hier meine Hand darauf, lieber Herr! Helft mir mit gutem Rat, solange er vonnöten ist. Gilt es loszuschlagen, dann werd' ich mich schon selber wehren.
Nils Lykke. Das ist gut. Folgt mir auf meine Kammer; da sollt Ihr hören, wie das alles zusammenhängt, und was Ihr ferner zu tun habt. Geht rechts ab.
Nils Stenssön mit einem Blick auf das Bild. Ich Sten Stures Sohn! O wunderlich – wie ein Traum – –! Er folgt Nils Lykke.
Vierter Akt
Der Rittersaal wie zuvor, nur der Eßtisch ist weggetragen.
Björn, der Kammerdiener, geht Inger und Olaf Skaktavl durch die zweite Tür links mit brennendem Armleuchter voran. Inger hat einige Papiere in der Hand.
Ingerzu Björn. Und Du bist gewiß, daß meine Tochter den Ritter hier im Saale gesprochen hat?
Björnindem er den Leuchter auf den Tisch links stellt. Ganz gewiß. Ich bin ihr begegnet, just als sie in den Gang hinaus trat.
Inger. Und da schien sie Dir aufgeregten Gemüts zu sein? Nicht wahr?
Björn. Sie sah bleich und verstört aus. Ich fragte, ob sie krank sei; aber statt meine Frage zu beantworten, sagte sie: »Geh zu meiner Mutter und melde ihr, daß der Ritter noch vor Tagesanbruch von hinnen zieht; bitte sie, falls sie Briefe oder Botschaft für ihn haben sollte, ihm keinen unnötigen Aufenthalt zu verursachen.« Und dann fügte sie noch etwas hinzu, das ich nicht genau verstehen konnte.
Inger. Hast Du gar nichts verstanden?
Björn. Es war mir, als sagte sie: »Fast glaub' ich, daß er schon zu lange auf Oestrot gewesen ist.«
Inger. Und der Ritter? Wo ist er jetzt?
Björn. Wahrscheinlich auf seiner Kammer im Torflügel.
Inger. Es ist gut. Ich habe alles bereit, was ich ihm mitzugeben wünsche. Geh hinein und sag' ihm, daß ich ihn hier im Saal erwarte.
Björn rechts ab.
Olaf. Wißt Ihr was, Frau Inger, – ich bin freilich in solchen Sachen so blind wie ein Maulwurf; es scheint mir aber doch, als ob – – hm!
Inger. Nun?
Olaf. – als ob Nils Lykke Eurer Tochter gut wäre.
Inger. Dann seid Ihr gerade nicht so blind – müßte ich mich doch sehr irren, wenn Ihr nicht recht hättet. Habt Ihr nicht bemerkt, wie begierig er beim Nachtmahl auf jedes Wörtchen lauschte, wenn ich von Eline erzählte?
Olaf. Er vergaß Speise und Trank.
Inger. Und unsere geheimen Geschäfte dazu.
Olaf. Ja, und was noch mehr sagen will, – die Papiere vom Kanzler.
Inger. Und aus alledem schließt Ihr wohl –?
Olaf. Aus alledem schließ' ich zunächst, daß Ihr, die Ihr Nils Lykke kennt und wißt, welchen Ruf er genießt, zumal wenn es sich um schöne Frauen handelt –
Inger. – ihn gern wieder draußen sähe?
Olaf. Ja, und je eher, je lieber.
Inger lächelnd. Nein, – im Gegenteil, Olaf Skaktavl!
Olaf. Was heißt das?
Inger. Wenn es sich verhält, wie wir beide glauben, so darf Nils Lykke um keinen Preis Oestrot so bald wieder verlassen.
Olaf sieht sie mißbilligend an. Seid СКАЧАТЬ