Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Henrik Ibsen страница 153

Название: Gesammelte Werke

Автор: Henrik Ibsen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237722

isbn:

СКАЧАТЬ Du hast recht. Geh!

      Paul Flida. Und ich soll keine Späher aussenden?

      König Skule. Wart' bis zum Tagesgrauen. Paul Flida ab. Norwegens Saga meldet nichts dergleichen; es ist immer so gewesen. Paul Flida antwortet mir, wie ich Håkon geantwortet habe. Gibt's denn eine Stufenleiter nach oben und nach unten? Ist Håkon eben so hoch über mich erhöht, wie ich erhöht bin über Paul Flida? Sähe Håkons Auge die ungeborenen Gedanken, und meines nicht? Wer stand auf gleicher Höhe mit Harald Hårfager zu der Zeit, als ein König auf jeder Landspitze saß, und Harald sprach: »Jetzt sollen sie fallen, fortan soll nur einer sein!« Er warf die alte Saga über den Haufen, – er schuf eine neue Saga. Pause; er schreitet brütend auf und ab; dann bleibt er stehen. Kann ein Mensch dem andern den Gottesruf abnehmen, wie er seinem erschlagenen Feinde Waffen und Gold abnehmen kann? Kann ein Thronforderer das Königswerk auf sich nehmen, wie er den Königsmantel umnehmen kann? Die Eiche, die als Schiffsbauholz gefällt wird, kann sie sagen: ich will der Mast im Schiffe sein, ich will das Amt der Tanne übernehmen, schlank und leuchtend empordeuten, einen güldenen Wimpel auf der Spitze tragen, mit weißen, schwellenden Segeln im Sonnenschein blinken und in weiter, weiter Ferne von den Leuten gesehen werden? – Nein, nein, du schwerer, knorriger Eichenstamm, dein Platz ist unter dem Kiele; dort sollst du liegen und Nutzen schaffen, still und von keinem Auge droben im Licht gesehen; – du sollst verhindern, daß das Schiff im Sturm kentert; der Mast mit dem Goldwimpel und den schwellenden Segeln aber soll es hinführen zu dem Neuen, zu dem Unbekannten, zu fremden Küsten und zur werdenden Saga! Heftig. Seit Håkon seinen großen Königsgedanken aussprach, seh' ich keinen Gedanken mehr in der Welt als den einen. Kann ich ihn mir nicht zu eigen und zur Wahrheit machen, so sehe ich keinen Gedanken, für den es sich zu streiten lohnt. Gedankenvoll. Und kann ich das denn nicht? Wenn ich's nicht könnte, weshalb liebe ich denn Håkons Gedanken!

      Jatgjer tritt durch die Mitte ein. Verzeiht, Herr König, daß – ich komme –

      König Skule. Gut, daß Du kommst, Skalde!

      Jatgjer. Ich hörte die Stadtleute in der Herberge geheimnisvoll davon reden, daß –

      König Skule. Hernach davon! Sag' mir, Skalde: Du, der weit umhergefahren ist in fremden Landen, hast Du je gesehen, daß ein Weib ein fremdes Kind liebte? Es nicht bloß lieb hatte, – das mein' ich nicht; sondern es liebte, liebte mit ihrer Seele heißester Liebe?

      Jatgjer. Das tun nur die Weiber, die keine eigenen Kinder haben, die sie lieben könnten.

      König Skule. Nur die Weiber –?

      Jatgjer. Und zumeist die Weiber, die unfruchtbar sind.

      König Skule. Zumeist die unfruchtbaren –? Die lieben die Kinder andrer mit ihrer allerheißesten Liebe?

      Jatgjer. Das kommt häufig vor.

      König Skule. Und kommt es nicht auch zuweilen vor, daß solch ein unfruchtbar Weib das Kind einer anderen tötet, weil sie selbst keines hat?

      Jatgjer. O ja, – allein daran handelt sie nicht klug.

      König Skule. Klug?

      Jatgjer. Nein, – denn sie verleiht der, deren Kind sie tötet, die Gabe des Leids.

      König Skule. Glaubst Du, daß die Gabe des Leids etwas so Gutes ist?

      Jatgjer. Ja, Herr.

      König Skule blickt ihn fest an. Es sind so zu sagen zwei Menschen in Dir, Isländer. Sitzest Du inmitten des Schwarmes bei lustigem Gelage, so ziehst Du Mantel und Wams über jeden Deiner Gedanken – ist man allein mit Dir, so erscheinst Du einem zuweilen als der Mann, wie man ihn sich zum Freunde wählen möchte. Woher kommt das?

      Jatgjer. Wenn Ihr geht im Flusse schwimmen, Herr, so entkleidet Ihr Euch nicht da, wo die Kirchgänger vorbei müssen, sondern Ihr sucht Euch ein heimliches Versteck.

      König Skule. Versteht sich.

      Jatgjer. Ich hab' eine schamhafte Seele; deshalb entkleide ich mich nicht, wenn so viele in der Halle sind.

      König Skule. Hm. Kurze Pause. Sag' mir, Jatgejr, wie ist es zugegangen, daß Du Skalde wurdest? Von wem lerntest Du die Skaldenkunst?

      Jatgjer. Die Skaldenkunst lernt man nicht.

      König Skule. Lernt man nicht? Wie ging es denn zu?

      Jatgjer. Ich empfing die Gabe des Leids, und so ward ich Skalde.

      König Skule. Die Gabe des Leids also, die braucht der Skalde?

      Jatgjer. Ich brauchte das Leid, es mag andre geben, die den Glauben oder die Freude brauchen – oder den Zweifel –

      König Skule. Auch den Zweifel?

      Jatgjer. Ja, – aber dann muß der Zweifler stark und gesund sein.

      König Skule. Und wen nennst Du einen ungesunden Zweifler?

      Jatgjer. Den, der an seinem eigenen Zweifel zweifelt.

      König Skule langsam. Mich dünkt, – das ist der Tod.

      Jatgjer. Noch schlimmer – es ist das Halbleben.

      König Skule rasch, indem er gleichsam die Gedanken von sich abschüttelt. Wo sind meine Waffen? Ich will streiten und handeln, – nicht denken. Was wolltest Du mir melden, als Du herkamst?

      Jatgjer. Ich wollte melden, was ich in der Herberge wahrgenommen habe. Die Stadtleute reden heimlich untereinander; sie lachen höhnisch und fragen, ob wir so bestimmt wüßten, daß König Håkon drüben im Westen sei – sie freuen sich über etwas.

      König Skule. Sie sind Vikväringer, und die sind mir feindlich gesinnt.

      Jatgjer. Sie spotten darüber, daß König Olafs Heiligenschrein nicht auf den Thingwall hinausgeschafft werden konnte, als Euch gehuldigt ward – sie sagen, das sei ein böses Vorzeichen.

      König Skule. Das nächste Mal, wenn ich nach Nidaros komme, soll der Schrein heraus; er soll unter freiem Himmel stehen, und müßte ich die Olafskirche in Trümmer schlagen und den Thingwall erweitern bis über die Schuttstätte hinaus, wo sie stand!

      Jatgjer. Eine gewaltige Tat – aber ich will ein Lied darauf dichten, so gewaltig wie die Tat.

      König Skule. Hast Du viel ungedichtete Lieder in Dir, Jatgejr?

      Jatgjer. Nein, aber viel ungeborene – sie werden eins nach dem andern empfangen, bekommen Leben, und dann werden sie geboren.

      König Skule. Und wenn ich, der ich König bin und die Macht habe, Dich töten ließe, würde dann jeder ungeborene Skaldengedanke, den Du hegst, mit Dir sterben?

      Jatgjer. Herr, es ist eine große Sünde, einen schönen Gedanken zu töten.

      König Skule. Ich frage nicht, ob es Sünde ist, sondern ich frage, ob es möglich ist!

      Jatgjer. Ich weiß nicht.

      König Skule. Hast Du nie einen andern Skalden zum Freund gehabt, und hat er Dir nie ein großes und herrliches Lied geschildert, das er dichten wollte?

      Jatgjer. СКАЧАТЬ