Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Henrik Ibsen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237722

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СКАЧАТЬ jener Schaden litte an Hab' und Gut und Freiheit.

      Gregorius Jonsson. Wer ist denn nun daran?

      Bischof Nikolas. Ein armer Schiffer, – Jostejn Tamb, dünkt mich, nannten sie ihn.

      Gregorius Jonsson. Jostejn –?

      Bischof Nikolas. Dagfinn der Bauer will ihn an der Abfahrt hindern.

      Gregorius Jonsson. Dagfinn will ihn hindern, sagt Ihr?

      Bischof Nikolas. Gerade eben ging er fort.

      Gregorius Jonsson. Verzeiht, Herr, ich muß mich beeilen –

      Bischof Nikolas. Ja, tut das, wackerer Lehnsmann – Dagfinn ist so arglistig.

      Gregorius Jonsson eilt mit den übrigen Anwesenden rechts hinaus; nur Jarl Skule und Bischof Nikolas bleiben zurück in der Halle.

      Jarl Skule geht nachdenklich auf und ab; plötzlich ist's, wie wenn er erwache; er blickt sich um und sagt: Wie still ward es hier mit einem Mal!

      Bischof Nikolas. Der König ging.

      Jarl Skule. Und alle folgten ihm.

      Bischof Nikolas. Alle, bis auf uns.

      Jarl Skule. Es ist doch etwas Großes, König zu sein.

      Bischof Nikolas ausholend. Möchtet Ihr's erproben, Jarl?

      Jarl Skule ernsthaft lächelnd. Ich hab's erprobt – jede schlummermüde Nacht bin ich König in Norwegen.

      Bischof Nikolas. Träume sind Wahrzeichen.

      Jarl Skule. Nicht auch Versuchungen?

      Bischof Nikolas. Die Euren kaum. In früherer Zeit, ja, das kann ich mir denken; – aber jetzt, da Ihr den dritten Teil des Reiches besitzt, als der erste Mann im Lande regiert und Vater der Königin seid –

      Jarl Skule. Jetzt mehr denn je, – jetzt mehr denn je.

      Bischof Nikolas. Verhehlt mir nichts! Beichtet – denn Ihr leidet gewißlich große Qual.

      Jarl Skule. Jetzt mehr denn je, wie gesagt. Das ist der große Fluch, der auf meinem ganzen Leben liegt: – dem Höchsten so nahe zu stehen – nur eine Kluft dazwischen – ein Sprung – drüben ist der Königsname, der Purpurmantel, der Königssitz, die Macht und alles! Täglich hab' ich's vor Augen – aber nie komm' ich hinüber.

      Bischof Nikolas. Sehr wahr, Jarl.

      Jarl Skule. Als sie Guthorm Sigurdsson zum König machten, stand ich in meiner Jugend vollster Kraft; da war's, als schrie es laut in mir: Weg mit dem Kinde, – ich bin der erwachsene, der starke Mann! – Aber Guthorm war Königssohn; es lag eine Kluft zwischen mir und dem Königssitz.

      Bischof Nikolas. Und Ihr wagtet nicht –

      Jarl Skule. Dann ward dem Erling Stejnväg von den Slittungern gehuldigt. Da schrie es wieder in mir: Skule ist ein größerer Häuptling als Erling Stejnväg! Aber ich hätte mit den Birkebeinern brechen müssen, – das war damals die Kluft.

      Bischof Nikolas. Und Erling ward König der Slittunger und nachmals der Ribbunger, und Ihr wartetet!

      Jarl Skule. Ich wartete auf Guthorms Tod.

      Bischof Nikolas. Und Guthorm starb, und Inge Bårdsson, Euer Bruder, ward König.

      Jarl Skule. Nun wartete ich auf meines Bruders Tod. Er war krank vom ersten Tag an; jeden Morgen, wenn wir uns bei der heiligen Messe trafen, saß ich da und schielte hinüber, ob die Krankheit nicht zunähme. Jeder Schmerzenszug, der über sein Gesicht flog, war wie ein Windstoß in mein Segel und trug mich dem Königssitze näher. Jeder Seufzer, durch den er Weh und Qual sich erleichterte, klang mir wie Posaunenton fern unten auf der Halde, wie eines Sendboten Hörn, der weither gezogen kam, mir zu melden, daß ich nun bald das Steuer des Reichs ergreifen würde. So riß ich jeden zärtlichen Brudergedanken heraus mit Wurzel und Fasern; und Inge starb und Håkon kam, – und die Birkebeiner machten ihn zum König.

      Bischof Nikolas. Und Ihr wartetet.

      Jarl Skule. Mir war's, als müßte Hilfe von dort oben kommen. Ich fühlte die Königskraft in mir, und ich alterte; jeder Tag, der verstrich, war ein Tag, der meinem Lebenswerk genommen ward. Jeden Abend dachte ich: morgen geschieht ein Wunder, das ihn erschlägt und mich auf den leeren Sitz erhebt.

      Bischof Nikolas. Gering war damals Håkons Macht; er war ein Kind noch; es galt bloß einen Schritt von Eurer Seite, aber Ihr tatet ihn nicht.

      Jarl Skule. Den Schritt zu tun war schwer; er hätte mich von all meinen Verwandten und Freunden geschieden.

      Bischof Nikolas. Ja, das ist die Sache, Jarl Skule, – das ist der Fluch, der auf Eurem Leben lag. Ihr wollt jeden Weg offen wissen für den Notfall, – Ihr wagt nicht, alle Brücken abzubrechen und nur eine zu behalten, die allein zu verteidigen, und da zu siegen oder zu fallen. Ihr legt Schlingen Eurem Feind, Ihr stellt Fallen seinem Fuß und hängt ein scharfes Schwert über sein Haupt, Ihr streut Gift in alle Schüsseln und spannt hundert Netze aus: aber will er in eins davon hinein, so wagt Ihr nicht den Faden anzuziehen; greift er nach dem Gifte, so dünkt es Euch sicherer, daß er durch das Schwert falle; steht er im Begriff, sich am Morgen fangen zu lassen, so findet Ihr's besser, daß es zur Abendzeit geschehe.

      Jarl Skule. blickt ihn ernst an. Und was würdet Ihr tun, Herr Bischof?

      Bischof Nikolas. Sprecht nicht von mir; mein Geschäft ist, die Königssitze in diesem Lande zu zimmern, nicht darauf zu sitzen und Volk und Reich zu regieren.

      Jarl Skule. nach einer kurzen Pause. Antwortet mir auf Eins, ehrwürdiger Herr, – aber antwortet mir mit voller Wahrheit. Weshalb geht Håkon so unerschütterlich vorwärts auf dem geraden Wege? Er ist nicht klüger als Ihr, nicht kühner als ich.

      Bischof Nikolas. Wer vollbringt die größte Tat in der Welt?

      Jarl Skule. Die vollbringt der größte Mann.

      Bischof Nikolas. Aber wer ist der größte Mann?

      Jarl Skule. Der mutigste.

      Bischof Nikolas. So spricht der Kriegshauptmann. Ein Priester würde sagen: der gläubigste; – ein Weiser: der erfahrenste. Aber von ihnen ist es keiner, Jarl. Der glücklichste Mann ist der größte Mann. Der glücklichste vollbringt die größten Taten, – er, über den die Forderungen der Zeit wie ein Brand kommen: sie erzeugen ihm Gedanken, die er selbst nicht faßt, weisen ihm den Weg, dessen Ziel er selbst nicht kennt, den er aber wandelt und wandeln muß , bis er den Jubelschrei des Volkes hört – und mit weit aufgerissenen Augen sieht er sich um und erkennt voll Verwunderung, daß er ein großes Werk vollbracht hat.

      Jarl Skule. Ja, Håkon hat etwas so unerschütterlich Sicheres.

      Bischof Nikolas. Er hat das, was die Römer ingenium nannten –. Ich bin sonst nicht der beste Lateiner: aber das hieß ingenium.

      Jarl Skule. zuerst gedankenvoll, dann in wachsender Erregung. Håkon sollte aus andrem Stoffe geschaffen sein als ich? Der Glücklichen einer? – Ja, gelingt ihm nicht alles? Schlägt nicht alles zum besten aus, wenn es ihn betrifft? СКАЧАТЬ