Название: Gesammelte Werke
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237722
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Was dann? Wohlan, was tat denn er?
(Zeigt in den Garten.)
Schwanhild (leise.)
Ja, ja, dann wird der Stein nach mir geschwungen.
Falk (lacht höhnisch.)
Das ist der Mut, der sich so hoch verschwor, Nach jedem Ziel den Freiheitssprung zu wagen! (Mit Nachdruck.) Hier ist ein Ziel – was werden Sie nun sagen, Das alles klärt?
Schwanhild. Nichts andres als zuvor:
Auf dem Weg kann ich nie mit Ihnen wandern.
Falk (kalt abbrechend.)
So sind wir quitt! So gehn Sie mit den andern.
Schwanhild (hat sich schweigend von ihm abgewandt. Sie stützt die Hände gegen das Geländer der Veranda und legt den Kopf darauf.)
Falk (geht einige Male auf und ab, nimmt eine Zigarre, bleibt in Schwanhilds Nähe stehen und sagt nach einer Pause:)
Sie hätten recht, es lächerlich zu finden,
Was Ihnen heute Abend widerfuhr.
(Hält inne, als ob er eine Antwort erwarte. Schwanhild schweigt.)
Ich ging zu weit. Ich seh', Sie wissen nur
Als Schwester und als Tochter zu empfinden.
Ich will fortan nur noch behandschuht gehn,
Damit wir uns nicht wieder mißverstehn.
(Wartet ein wenig, – da aber Schwanhild unbeweglich stehen bleibt, wendet er sich um und geht nach rechts hinüber.)
Schwanhild (hebt nach einer kurzen Pause den Kopf empor, sieht ihn fest an und nähert sich.)
Nun nehmen Sie ein ernstes Wort in acht,
Zum Dank, daß Sie mich haben retten wollen.
Sie brauchten da ein Bild, das mich zum vollen
Verständnis Ihres Wolkenflugs gebracht.
Sie sahen sich als Falken, der dem Winde
Entgegen steuert, will er höchsten Flug; Ich war der Hauch, der Sie zum Himmel trug, – Und ohne mich verdarb der Held zum Kinde. Wie jämmerlich! Wie unaussprechlich klein, – Ja lächerlich, wie's Ihnen selber schwante! Doch fiel Ihr Gleichnis nicht auf spröden Stein, Da's an ein ander Gleichnis mich gemahnte, Und dieses dürfte minder hinkend sein. Ich sah Sie, nicht als Falken, nein, als Drachen, Als Dichterdrachen, der, papierbeleibt, Als eignes Ich ein Unding ist und bleibt, Und den erst Schnur und Wind zu etwas machen. Die Brust – von Wechseln auf ein früh und spät Erharrtes Poesiegold übersät; Ein Bündel Epigramme jede Schwinge, Wild flatternd, aber zahm wie Schmetterlinge; Der lange Schweif ein stolzes Zeitgedicht, Das der Gesellschaft Fehler geißeln sollte, Doch allerhöchstens einmal säuselnd schmollte, Vergaß der ein' und andre seine Pflicht. So sah ich Sie und hört' Ihr kraftlos Flehn: "Ach, setz mich auf im Westen oder Osten! Ach, laß mich und mein Lied zum Himmel gehn, Und mag's dich auch der Mutter Schelte kosten!"
Falk (mit geballten Händen und starker innerer Bewegung.)
Beim ewigen Gott –!
Schwanhild. Nein, ohne Vorbehalt,
Zu solchem Kinderspiel bin ich zu alt.
Sie aber, ein Erwählter der Natur,
Begnügen sich mit niedrem Wolkenstreben,
Und hängen Ihre Kunst an eine Schnur,
Die meiner Willkür wehrlos preisgegeben!
Falk (rasch.)
Wir schreiben heute –?
Schwanhild (milder.) Das ist ehrenhaft;
Sie wollen dieses Datum heilig sprechen!
Von heut ab fliegen Sie aus eigner Kraft
Und stellen sich auf Biegen oder Brechen.
Papierne Dichtungen sind Pultbestand,
Nur das Lebendige gehört dem Leben,
Nur ihm sind alle Pässe preisgegeben; – Jetzt wählen Sie, Sie haben freie Hand. (Ihm näher.) Nun, sehen Sie, erfüllt' ich Ihr Begehr: Mein letztes Lied vom Zweig, es ist verschollen; Es war mein einzigstes, – nun bin ich leer, Nun heben Sie den Stein auf, wenn Sie wollen!
(Sie geht ins Haus; Falk bleibt unbeweglich stehen und blickt ihr nach. Weit außen auf dem Wasser sieht man ein Boot, von dem her, fern und gedämpft, folgender Gesang vernehmbar wird.)
Chor.
Die Segel gehißt! Die Schwingen geregt!
Wie ein Aar übern Spiegel des Weltmeeres gefegt,
Voran allen Sturmvögelscharen!
Überbord den Vernunftballast, Pfund um Pfund!
Und segel' ich auch mein Boot in den Grund,
O, so ist es doch selig zu fahren!
Falk (zerstreut, fährt aus seinen Gedanken auf.)
Gesang? Na ja, – das ist wohl Linds Quartett,
Das sich im Jubeln übt!
(Zu Goldstadt, der mit einem Staubmantel überm Arm aus dem Hause tritt.)
Na, schon zu Bett,
Herr Goldstadt, – drückt man sich so sacht beiseit'?
Goldstadt.
Ja, will mich nur noch in den Mantel packen;
Wir Nichtpoeten sind nicht zuggefeit,
Wir kriegen's von der Nachtluft leicht im Nacken.
Gut Nacht!
Falk. Ein Wort noch! Wissen Sie mir Rat
Zu einer Tat, doch einer großen Tat –? Aufs Leben los – –!
Goldstadt (mit ironischem Nachdruck.)
Na, gehn Sie los aufs Leben,
So soll'n Sie sehn, es geht aufs Leben los.
Falk (blickt ihn nachdenklich an und sagt langsam.)
Da ist in Kürze das Programm gegeben. (Lebhaft und leidenschaftlich.) Nun fühl' ich mich der schlaffen Träume bloß; Der Würfel fiel, der Wurf ist gut geraten; Sie sollen sehn, – der Teufel hol' mich –
Goldstadt. He!
Mit Fluchen tut man keiner Fliege weh.
Falk.
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