Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ du den dort drü­ben?« frag­te er und deu­te­te mit dem Dau­men über die Schul­ter. Der No­tar Münch schraub­te sei­nen Kopf aus dem ho­hen Kra­gen. »Den Al­ten dort? Den, der mit dem Di­cken zu­sam­men­hockt? Denk wohl!… Das ist der El­len­ber­ger. Er war heut’ bei mir. We­gen ei­nem ge­wis­sen Wit­schi… Eh, du hast doch von den Leu­ten ge­hört. Der Wit­schi, der vor ein paar Ta­gen um­ge­bracht wor­den ist. Der war dem El­len­ber­ger Geld schul­dig… Den Wit­schi hab’ ich auch ein­mal ge­se­hen…«

      Der No­tar Münch schwieg und mach­te mit sei­ner rech­ten Hand, die wie eine Flos­se aus­sah, be­schwich­ti­gen­de Be­we­gun­gen. Und als Stu­der sich um­wand­te, ge­wahr­te er den al­ten El­len­ber­ger, der dem No­tar wink­te, nä­her­zu­kom­men.

      Münch ging quer durch den Raum. Drü­ben, am run­den Tisch­chen, schüt­tel­te er dem al­ten El­len­ber­ger die Hand und wink­te dann Stu­der nä­her­zu­kom­men. Der Wacht­meis­ter wur­de vor­ge­stellt, es er­wies sich, dass El­len­ber­ger und Stu­der sich vom Hö­ren­sa­gen kann­ten. Üb­ri­gens war El­len­ber­gers Hand mit Tup­fen über­sät, die in der Far­be an dür­res Bu­chen­laub er­in­ner­ten.

      »Hat es Euch be­lei­digt, Wacht­meis­ter Stu­der, dass ich vor­hin ›T­schucker‹ ge­sagt habe? Ich hab ge­se­hen, wie Ihr ge­zuckt habt wie ein jun­ges Ross, wenn es die Gei­ßel kle­pfen hört.«

      Das sei so ähn­lich, mein­te Stu­der, wie bei den Gärt­nern, die hät­ten es auch nicht gern, wenn man sie ›Krau­te­rer‹ nen­ne. Oder nicht?

      Der El­len­ber­ger lach­te ein tie­fes Bass­la­chen, zwin­ker­te mit den fal­ti­gen Li­dern, saug­te die Lip­pen zwi­schen die Bil­ge­ren und schwieg. Sein Ge­sicht blieb eine lan­ge Wei­le starr; es wirk­te ur­alt und gro­tesk.

      Sie sa­ßen um den klei­nen Tisch und hat­ten nicht rich­tig Platz. Ne­ben ih­nen stand ein Fens­ter of­fen, es war schwül, ein hei­ßer Wind strich drau­ßen vor­bei, und der Him­mel war mit ei­ner gif­tig­grau­en Sal­be ver­schmiert.

      Die Kell­ne­rin hat­te un­auf­ge­for­dert vier hohe Glä­ser mit Bier auf den Tisch ge­stellt.

      »G’­sund­heit«, sag­te Stu­der, hob das Glas, kipp­te es in den Mund, setz­te es ab. Wei­ßer Schaum blieb an sei­nem Schnurr­bart kle­ben. »Aaah…«

      Mit Dau­men und Zei­ge­fin­ger ließ der El­len­ber­ger sein Glas lang­sa­me Tän­ze auf der Kar­ton­un­ter­la­ge aus­füh­ren. Dann frag­te er plötz­lich:

      »Wisst Ihr et­was vom Schlumpf?«

      – Er habe ihn heut mor­gen ver­haf­tet… sag­te Stu­der lei­se. – Wo? – Bei der Mut­ter.

      Schwei­gen. Der alte El­len­ber­ger schüt­tel­te den Kopf, so, als sei ihm ir­gend et­was nicht klar.

      Der No­tar Münch trom­mel­te ver­le­gen auf der Mar­mor­plat­te und schraub­te an sei­nem Hals. Der klei­ne Di­cke, der Cot­te­reau hieß und also je­ner Ober­gärt­ner war, der die Lei­che ge­fun­den hat­te, schneuz­te sich in ein großes ro­tes Ta­schen­tuch.

      Stu­der ließ das Schwei­gen über dem Tisch lie­gen und blick­te am al­ten El­len­ber­ger vor­bei durchs Fens­ter.

      »Und? Wie gehts dem Schlumpf?« frag­te der Alte böse.

      »Oh«, sag­te Stu­der ru­hig, »er hat sich auf­ge­hängt.«

      Der No­tar schmatz­te hör­bar, er blick­te sei­nen Freund Stu­der ver­blüfft an, aber der El­len­ber­ger sprang vom Stuhl auf, stütz­te die Fäus­te auf den Tisch und frag­te laut:

      »Was sagst du? Was sagst du?«

      »Ja«, wie­der­hol­te Stu­der fried­lich, »er hat sich auf­ge­hängt. Ihr scheint Euch sehr für den Bur­schen zu in­ter­es­sie­ren?«

      »Ah bah!« wehr­te der El­len­ber­ger ab. »Ich hab ihn nicht un­gern ge­se­hen. Er hat sich gut ge­hal­ten bei mir… Und jetzt ist er tot… So, so… Der Zwei­te, den die alte Hex’ auf dem Ge­wis­sen hat, sie und ihr… und ihr…« Der El­len­ber­ger un­ter­brach sich. »Also tot ist er?« frag­te er noch ein­mal.

      – Das habe er nicht ge­sagt, mein­te Stu­der und be­trach­te­te kri­tisch sei­ne Bris­sa­go. Er sei noch zur rech­ten Zeit ge­kom­men, um den Schlumpf – man kön­ne ja sa­gen: zu ret­ten, ob­wohl…

      »Also ist er nicht tot? Und wo ist er jetzt, der Schlumpf?«

      »In Thun«, sag­te Stu­der ge­müt­lich und ver­steck­te sei­ne Au­gen un­ter sei­nen Li­dern. »In Thun, in der Kisch­te.« Er, Stu­der, habe auch mit dem Un­ter­su­chungs­rich­ter ge­re­det, ein gä­bi­ger Mann, der Fall sei nicht hoff­nungs­los, aber dun­kel, dun­kel… Das sei das Elend.

      »Und das Ge­richt will kla­re Fäl­le, das gibt schö­ne Ver­hand­lun­gen… Aber der Schlumpf leug­net al­les ab, der Fall kommt vor die As­si­sen, na­tür­lich… Und man weiß ja, wie Ge­schwo­re­ne sin­d…« Das al­les un­ter­bro­chen von lan­gen Zü­gen, ab­wech­selnd am Bier­glas und an der Bris­sa­go.

      »Aber«, fuhr Stu­der fort, »Ihr habt da einen Satz nicht be­en­digt. Wen habt Ihr ge­meint mit der Hexe? Die Frau Wit­schi?«

      El­len­ber­ger wich der Fra­ge aus.

      »Wenn Ihr et­was wis­sen wollt, Wacht­meis­ter, müsst Ihr nach Ger­zen­stein kom­men, Euch das Kaff an­schau­en. Es lohnt sich…« Dann seuf­zend: »Ja, der Wit­schi hat’s nicht gut ge­habt. Hat mir oft ge­klagt, der alte Schnap­ser… Aber vie­le sau­fen… Hei­ra­tet nie, Wacht­meis­ter.«

      – Er sei schon ver­hei­ra­tet, sag­te Stu­der, und kön­ne nicht kla­gen. – So, ge­schnapst habe der Wit­schi? – Ja, mein­te der El­len­ber­ger, so arg, dass der Äsch­ba­cher, der Ge­mein­de­prä­si­dent – der Mann schaue aus wie eine Sau, die den Rot­lauf habe – den Wit­schi habe nach Han­sen ver­sen­ken wol­len… (Han­sen nennt man im Kan­ton Bern die Ar­beits­an­stalt St. Jo­hann­sen).

      Nach ei­ner Wei­le frag­te der El­len­ber­ger:

      »Hat er von mir ge­spro­chen, der Er­win?«

      Stu­der be­jah­te. Der Schlumpf habe sei­nen Meis­ter ge­rühmt. Seit wann denn der El­len­ber­ger der Für­sor­ge für ent­las­se­ne Sträf­lin­ge bei­ge­tre­ten sei?

      »Für­sor­ge?« Die Für­sor­ge kön­ne ihm ge­stoh­len wer­den. Er brau­che bil­li­ge Ar­beits­kräf­te, voilá tout. Und dass er die Bur­schen an­stän­dig be­hand­le, das ge­hö­re zum Ge­schäft, sonst wür­den sie ihm wie­der draus­lau­fen. Er, der El­len­ber­ger, sei zu viel in der Welt her­um­ge­kom­men, СКАЧАТЬ