Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Артур Конан Дойл
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СКАЧАТЬ dem dicken Buch unter dem Arm ging ich, von sehr widerstreitenden Gefühlen bewegt, in mein Hotel zurück. Einerseits war ich angestellt und trug meine Hundertpfundnote in der Tasche; andererseits aber hatten auf mich das armselige Aussehen des Büros, der fehlende Namen der Firma und noch einige Punkte, die einem Geschäftsmann befremdlich vorkommen mußten, einen recht schlechten Eindruck gemacht. Indessen, was auch daraus werden mochte, ich hatte das Geld und meine Aufgabe. Den ganzen Sonntag über blieb ich bei der Arbeit, und doch war ich am Montag nur bis zum H gelangt. Ich ging zu meinem Prinzipal, fand ihn in demselben kahlen Zimmer und erhielt die Anweisung, bis Mittwoch fortzuarbeiten und dann wiederzukommen. Beenden konnte ich die Liste auch bis zum Mittwoch nicht, und so trieb ich’s weiter bis Freitag – das heißt bis gestern. Dann brachte ich Herrn Harry Pinner das fertige Verzeichnis.

      »Ich danke Ihnen sehr«, sagte er, »vermutlich habe ich die Schwierigkeit der Aufgabe unterschätzt. Die Liste wird aber von wesentlichem Wert für mich sein.«

      »Sie hat viel Zeit gekostet«, bemerkte ich.

      »Nun bitte ich Sie, mir ein Verzeichnis der Möbelhandlungen anzufertigen, die zugleich auch Stahlwaren verkaufen.«

      »Sehr wohl.«

      »Sie können sich morgen abend um sieben Uhr hier einstellen und mir sagen, ob Sie gut vorwärts kommen. Strengen Sie sich aber nicht zu sehr an. Ein paar Abendstunden in einem Varieté werden Ihnen nach der Arbeit wohl tun.« Bei diesen Worten lachte er, und ich sah, daß sein zweiter Zahn auf der linken Seite schlecht mit Gold gefüllt war – das fuhr mir durch alle Glieder.«

      Sherlock Holmes rieb sich die Hände vor Vergnügen, während ich unsern Klienten verwundert anstarrte.

      »Ich begreife Ihr Erstaunen, Herr Doktor«, fuhr er fort; »die Sache verhält sich nämlich folgendermaßen: als der andere Herr in London während unserer Unterhandlung darüber lachte, daß ich nicht bei Mawson eintreten würde, hatte ich zufällig bemerkt, daß derselbe Zahn bei ihm ganz auf die nämliche Art plombiert war. Damals wie jetzt war mir das Blinken des Goldes aufgefallen. Bedachte ich nun, daß die beiden sich auch in Stimme und Gestalt genau glichen und nur in dem verschieden waren, was sich mit Hilfe von Rasiermesser und Perücke leicht verwandeln ließ, so mußte mir einleuchten, daß derselbe Mann vor mir stand. Zwei Brüder können sich freilich ähnlich sehen – aber doch kaum in der Füllung ihrer Zähne.

      »Als ich mich von ihm verabschiedet hatte und wieder auf der Straße war, wußte ich kaum noch, ob ich bei Sinnen sei. Im Hotel angekommen, goß ich mir einen Krug kaltes Wasser über den Kopf und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Weshalb hatte er mich nach Birmingham geschickt? Weshalb war er dort vor mir eingetroffen? – Weshalb hatte er einen Brief an sich selber geschrieben? – Es überstieg meine Fassungskraft; ich konnte weder Sinn noch Verstand darin finden. Da fiel mir plötzlich ein, daß, was mir unergründlich war, Herrn Holmes vielleicht ganz erklärlich sein könne. Ich hatte gerade noch Zeit, mit dem Nachtzug London zu erreichen, Sie am Morgen aufzusuchen und mit Ihnen beiden nach Birmingham zurückzufahren.«

      Als der Gehilfe mit dem Bericht über seine merkwürdigen Erlebnisse zu Ende war, entstand eine Pause. Holmes lehnte sich in die Kissen zurück und sah mich mit wohlgefälligem und doch prüfendem Blicke an, wie ein Kenner, der den ersten Becher eines Kometen-Jahrgangs kostet.

      »Prächtig, Watson, nicht wahr?« rief er. »Einige Punkte gefallen mir ganz besonders. Meinst du nicht auch, daß eine Zusammenkunft mit Herrn Arthur Harry Pinner in dem Büro der Anglofranzösischen Aktiengesellschaft für uns beide recht interessant sein würde?«

      »Aber wie ließe sich das ausführen?« fragte ich.

      »Oh, ganz bequem«, versicherte Pycroft vergnügt. »Sie sind ein paar Freunde von mir, die eine Stellung suchen, und was kann natürlicher sein, als daß ich Sie dem Direktor vorstelle?«

      »Jawohl! Selbstverständlich! –« rief Holmes. »Ich möchte den Herrn wohl von Angesicht sehen und versuchen, ob ich ihm nicht bei seinem Spiel in die Karten gucken kann. Nun, mein Freund, zu was für Diensten könnten wir uns denn etwa anbieten – oder wäre es möglich –?« Damit versank er in tiefes Nachdenken, kaute an seinen Nägeln und starrte aus dem Fenster. Wir bekamen kaum noch den Laut seiner Stimme zu hören, bevor wir Birmingham und das Hotel erreicht hatten.

      *

      Um sieben Uhr abends gingen wir alle drei zusammen in die Korporationsstraße nach dem Büro der Gesellschaft.

      »Es ist ganz unnütz«, bemerkte unser Klient, »wenn wir vor der Zeit dort sind. Er kommt offenbar nur meinetwegen hin, denn bis zu der von ihm bestimmten Stunde ist der Ort völlig verlassen.«

      »Das gibt zu denken«, meinte Holmes.

      »Meiner Treu«, rief jetzt Pycroft, »sagte ich’s nicht – da geht er vor uns.«

      Er zeigte auf einen schmächtigen, wohlgekleideten Mann mit hellbraunem Haar, der eilig auf der andern Seite der Straße hinschritt. Während wir ihn beobachteten, sah er nach einem Jungen hinüber, der gerade die neueste Abendzeitung ausrief. Rasch drängte er sich zwischen den Fahrzeugen und Omnibussen hindurch, kaufte ein Blatt, ergriff es hastig und verschwand damit in einem Torweg.

      »Jetzt geht er ins Büro«, sagte der Schreiber, »das ist der Eingang. Kommen Sie nur, ich will schon dafür sorgen, daß Sie keinerlei Schwierigkeiten haben.«

      Seiner Führung folgend, stiegen wir bis zum fünften Stock hinauf, wo unser Klient an eine halb offen stehende Tür klopfte. Eine Stimme rief »Herein!« und wir betraten das kahle, unmöblierte Zimmer, welches wir aus Pycrofts Beschreibung kannten.

      An dem einzigen Tisch saß der Mann, den wir auf der Straße gesehen hatten; die Abendzeitung lag vor ihm ausgebreitet. Als er den Kopf erhob, glaubte ich noch nie ein Gesicht gesehen zu haben, das solchen Kummer ausdrückte und ein Entsetzen verriet, wie es nur wenige Menschen einmal im Leben befällt. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, sein Gesicht war kreideweiß, und die Augen starrten wild umher. Er schien den Schreiber nicht gleich zu erkennen, und auch an Pycrofts verwunderter Miene merkte man leicht, daß dies keineswegs das gewöhnliche Aussehen seines Vorgesetzten war.

      »Was fehlt Ihnen, Herr Pinner?« rief er.

      »Ich fühle mich allerdings nicht ganz wohl«, erwiderte dieser, sich mit großer Anstrengung zusammenraffend; »wer sind denn die Fremden, die Sie mitbringen?«

      »Herr Harris aus Bermondsey, und Herr Price von hier«, stellte uns Pycroft mit geläufiger Zunge vor; »zwei meiner Freunde, sehr gewiegt im Geschäft, aber seit langer Zeit ohne Anstellung. Vielleicht ließe sich bei der Gesellschaft ein Platz für sie finden.«

      »Wohl möglich, wohl möglich! –« rief Pinner mit unheimlichem Lächeln, »kein Zweifel, wir werden etwas für Sie tun können. Was ist denn Ihr besonderes Fach, Herr Harris?«

      »Ich bin Buchhalter«, antwortete Holmes.

      »Gut – wir werden Ihre Dienste brauchen; und Sie, Herr Price?«

      »Korrespondent«, sagte ich.

      »Ich hoffe bestimmt, daß Sie bei der Gesellschaft eintreten können; sobald ein Beschluß darüber gefaßt ist, will ich Sie benachrichtigen. Aber bitte, nun gehen Sie wieder. – Lassen Sie mich um Gottes willen allein!« –

      Er stieß die letzten Worte heraus, als ob der Zwang, den er sich bisher angetan, plötzlich über seine СКАЧАТЬ