Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Артур Конан Дойл
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Читать онлайн книгу Die Memoiren des Sherlock Holmes: Holmes' erstes Abenteuer und andere Detektivgeschichten (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Артур Конан Дойл страница 13

СКАЧАТЬ daß ich mein Versprechen gebrochen habe, Jack,‹ sagte sie; ›aber wenn du alle Umstände wüßtest, würdest du mir, das glaube ich ganz gewiß, verzeihen.‹

      »›Dann sage mir alles!‹

      »›Ich kann nicht, Jack, ich kann nicht!‹ rief sie.

      »›Ehe du mir nicht sagst, wer in dem Hause drüben gewohnt hat, und wem du die Photographie gegeben hast, kann von Vertrauen zwischen uns keine Rede mehr sein.‹ sagte ich, riß mich von ihr los und verließ das Haus.

      »Das war gestern, Herr Holmes, und seitdem habe ich sie nicht wiedergesehen, und das ist auch alles, was ich von der ganzen seltsamen Geschichte weiß. Es ist der erste Schatten, der zwischen uns gefallen ist, und ich bin so erschüttert davon, daß ich nicht mehr aus und ein weiß. Da fuhr mir’s plötzlich heute morgen durch den Sinn, Sie seien der Mann, der mich beraten könnte in meiner Not; so bin ich hierher geeilt und gebe mich unbedenklich in Ihre Hände. Habe ich Ihnen irgend einen Punkt nicht deutlich genug beschrieben, so fragen Sie mich, bitte! Aber vor allem sagen Sie mir schnell, was ich tun soll! Denn dieses Elend ist mehr, als ich tragen kann.« – –

      Holmes und ich hatten mit größtem Interesse dem ungewöhnlichen Bericht gelauscht, der stoßweise und abgebrochen erstattet wurde, wie von einem Manne, der unter dem Einflusse der höchsten Aufregung steht. Jetzt saß mein Freund eine Weile schweigend, in Gedanken verloren, das Kinn auf die Hand stützend, da.

      »Wie ist es,« sagte er endlich, »können Sie beschwören, daß es ein Männergesicht war, das Sie am Fenster gesehen haben?«

      »Jedesmal, wenn ich es gesehen habe, war ich ziemlich weit weg, so daß ich es unmöglich sagen kann.«

      »Es hat aber einen unangenehmen Eindruck auf Sie gemacht?«

      »Es schien mir eine unnatürliche Farbe und sonderbare starre Züge zu haben. Trat ich näher, so verschwand es mit einem Ruck.«

      »Wie lange ist es her, daß Ihre Frau die hundert Pfund haben wollte?«

      »Fast zwei Monate.«

      »Haben Sie je ein Bild von ihrem ersten Gatten gesehen?«

      »Nein, kurz nach seinem Tode ist in Atlanta Feuer ausgebrochen, und alle ihre Papiere sind verbrannt.«

      »Und doch hatte sie eine Sterbeurkunde. Sie sagen, Sie haben sie gesehen?«

      »Ja, sie hat sich nach dem Brand ein Duplikat ausstellen lassen.«

      »Haben Sie einmal mit jemand gesprochen, der sie in Amerika gekannt hat?«

      »Nein.«

      »Hat sie selbst einmal davon geredet, daß sie ihren früheren Wohnplatz wiedersehen möchte?«

      »Nein.«

      »Kamen Briefe an sie von dort?«

      »Nicht; daß ich wüßte.«

      »Danke Ihnen. Jetzt möchte ich die Sache ein wenig überdenken. Bleibt das Häuschen dauernd verlassen, so wird es einiges Kopfzerbrechen kosten. Sind aber, was mir wahrscheinlicher dünkt, die Bewohner gestern von Ihrem Kommen verständigt worden und infolge dieser Warnung ausgerückt, dann sind sie jetzt vielleicht wieder da, und das Geheimnis läßt sich unschwer aufdecken. Ich gebe Ihnen daher den Rat, Sie kehren nach Norbury zurück und erkunden, ob an den Fenstern des Häuschens wieder etwas zu sehen ist. Haben Sie Grund zu der Annahme, es sei bewohnt, so dringen Sie nicht gewaltsam hinein, sondern drahten meinem Freunde und mir. Eine Stunde später sind wir bei Ihnen und werden dann bald sehen, was der ganzen Geschichte zugrunde liegt.«

      »Und wenn noch niemand drin ist?«

      »In diesem Falle komme ich morgen zu Ihnen und wir besprechen, was weiter in der Angelegenheit zu tun ist. Leben Sie wohl, und vor allem grämen Sie sich nicht, bevor Sie nicht wissen, daß Sie wirklich Ursache dazu haben!«

      »Ich fürchte, das ist ein schlimmer Handel, Watson!« sagte mein Gefährte, als er Herrn Grant Munro hinausbegleitet hatte und wieder zurückgekommen war. »Was machst du daraus?«

      »Es klingt nicht schön,« antwortete ich.

      »Ja. Es handelt sich um Erpressung, wenn ich mich nicht sehr irre.«

      »Und wer übt Erpressung?«

      »Nun, das kann einzig und allein das Wesen sein, das in dem einzigen gut ausgestatteten Zimmer dort wohnt und die Photographie der Frau auf dem Kaminsims stehen hat. Auf mein Wort, Watson, das fahle Gesicht am Fenster hat für mich etwas sehr Anziehendes, und ich würde den Fall nicht um alle Welt hingeben.«

      »Hast du eine Theorie?«

      »Ja, soweit dies meine bisherige Kenntnis der Tatsachen zulaßt. Aber es sollte mich wundern, wenn sie sich nicht als richtig erwiese. Der erste Ehemann von der Frau befindet sich in dem Häuschen.«

      »Warum denkst du das?«

      »Wie können wir uns sonst ihre wahnsinnige Angst erklären, als ihr zweiter Mann in das Haus dringen wollte? Wie ich die Sache auffasse, ist der Tatbestand etwa folgender: Die Frau war in Amerika verheiratet. Sie entdeckte an ihrem Mann irgendwelche verabscheuungswerten Angewohnheiten oder, sagen wir, er verfiel in eine scheußliche Krankheit und wurde ein Aussätziger oder Idiot. Sie floh schließlich von ihm fort, kehrte nach England zurück, nahm einen anderen Namen an und begann, wie sie dachte, ein neues Leben. Sie war drei Jahre verheiratet und glaubte, außer aller Gefahr der Entdeckung zu sein, da sie ihrem zweiten Manne die Sterbeurkunde irgend eines Mannes vorgezeigt hatte, dessen Namen sie angenommen, als plötzlich ihr Aufenthalt von ihrem ersten Mann oder, können wir auch annehmen, von irgend einem gewissenlosen Weibe, das sich mit dem Kranken verbunden hat, ausfindig gemacht wird. Sie schreiben an die Frau und drohen ihr, sie würden kommen und die Wahrheit enthüllen. Sie läßt sich hundert Pfund geben und sucht ihr Schweigen zu erkaufen. Sie kommen trotzdem, und als ihr zweiter Mann gelegentlich erwähnt, es seien neue Mieter in dem Häuschen, erkennt sie aus irgend einem Umstände, daß es ihre Verfolger seien. Sie wartet, bis ihr Gatte eingeschlafen ist, dann eilt sie hin und will sie überreden, sie in Frieden zu lassen. Da ihr Flehen vergeblich ist, geht sie am nächsten Morgen noch einmal hin, und ihr Mann trifft sie beim Fortgehen, wie er uns erzählt hat. Sie verspricht ihm dann, nicht mehr hinzugehen, aber nach zwei Tagen ist der Wunsch, die entsetzliche Nachbarschaft loszuwerden, zu mächtig in ihr, und sie macht einen neuen Versuch, wobei sie ihre Photographie, die man wahrscheinlich von ihr verlangt hatte, mitnimmt. Während sie noch miteinander verhandeln, stürzt das Mädchen herein mit der Meldung, der Herr sei heimgekommen, worauf die Frau, welche weiß, ihr Mann werde sofort am Platze erscheinen, die Insassen augenblicklich zur Hintertüre hinausgehen heißt, in das Kiefernwäldchen wahrscheinlich, das dicht dabei stehen soll. So findet er das Haus verlassen. Es sollte mich aber sehr wundern. Wenn er es heute abend noch ebenso fände. Was denkst du von meiner Theorie?«

      »Das ist alles bloße Vermutung.«

      »Aber es stimmt doch mit den uns bekannten Tatsachen. Werden uns neue bekannt, mit denen sich meine Theorie nicht vereinigen läßt, dann, aber nur dann, müssen wir sie eben einer Revision unterziehen. Zur Zeit können wir nichts weiter tun, bis wir von unserem Freunde in Norbury eine neue Botschaft erhalten.«

      Wir brauchten nicht lange zu warten. Die Nachricht kam, als wir gerade mit dem Tee fertig waren. Sie lautete:

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