Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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      Der Wanderer

      Um Mit­ter­nacht war es, da nahm Za­ra­thustra sei­nen Weg über den Rücken der In­sel, dass er mit dem frü­hen Mor­gen an das and­re Ge­sta­de käme: denn dort woll­te er zu Schiff stei­gen. Es gab näm­lich all­da eine gute Rhe­de, an der auch frem­de Schif­fe gern vor An­ker gien­gen; die nah­men Man­chen mit sich, der von den glück­se­li­gen In­seln über das Meer woll­te. Als nun Za­ra­thustra so den Berg hin­an­stieg, ge­dach­te er un­ter­wegs des vie­len ein­sa­men Wan­derns von Ju­gend an, und wie vie­le Ber­ge und Rücken und Gip­fel er schon ge­stie­gen sei.

      Ich bin ein Wan­de­rer und ein Berg­stei­ger, sag­te er zu sei­nem Her­zen, ich lie­be die Ebe­nen nicht und es scheint, ich kann nicht lan­ge still sit­zen.

      Und was mir nun auch noch als Schick­sal und Er­leb­niss kom­me, – ein Wan­dern wird dar­in sein und ein Berg­stei­gen: man er­lebt end­lich nur noch sich sel­ber.

      Die Zeit ist ab­ge­flos­sen, wo mir noch Zu­fäl­le be­geg­nen durf­ten; und was könn­te jetzt noch zu mir fal­len, was nicht schon mein Ei­gen wäre!

      Es kehrt nur zu­rück, es kommt mir end­lich heim – mein ei­gen Selbst, und was von ihm lan­ge in der Frem­de war und zer­streut un­ter alle Din­ge und Zu­fäl­le.

      Und noch Eins weiss ich: ich ste­he jetzt vor mei­nem letz­ten Gip­fel und vor dem, was mir am längs­ten auf­ge­spart war. Ach, mei­nen här­tes­ten Weg muss ich hin­an! Ach, ich be­gann mei­ne ein­sams­te Wan­de­rung!

      Wer aber mei­ner Art ist, der ent­geht ei­ner sol­chen Stun­de nicht: der Stun­de, die zu ihm re­det: »Jet­zo erst gehst du dei­nen Weg der Grös­se! Gip­fel und Ab­grund – das ist jetzt in Eins be­schlos­sen!

      Du gehst dei­nen Weg der Grös­se: nun ist dei­ne letz­te Zuf­lucht wor­den, was bis­her dei­ne letz­te Ge­fahr hiess!

      Du gehst dei­nen Weg der Grös­se: das muss nun dein bes­ter Muth sein, dass es hin­ter dir kei­nen Weg mehr giebt!

      Du gehst dei­nen Weg der Grös­se; hier soll dir Kei­ner nach­schlei­chen! Dein Fuss sel­ber lösch­te hin­ter dir den Weg aus, und über ihm steht ge­schrie­ben: Un­mög­lich­keit.

      Und wenn dir nun­mehr alle Lei­tern feh­len, so musst du ver­ste­hen, noch auf dei­nen ei­ge­nen Kopf zu stei­gen: wie woll­test du an­ders auf­wärts stei­gen?

      Auf dei­nen ei­ge­nen Kopf und hin­weg über dein ei­ge­nes Herz! Jetzt muss das Mil­des­te an dir noch zum Här­tes­ten wer­den.

      Wer sich stets viel ge­schont hat, der krän­kelt zu­letzt an sei­ner vie­len Scho­nung. Ge­lobt sei, was hart macht! Ich lobe das Land nicht, wo But­ter und Ho­nig – fliesst!

      Von sich ab­sehn ler­nen ist nö­thig, um Viel zu sehn: – die­se Här­te thut je­dem Ber­ge-Stei­gen­den Noth.

      Wer aber mit den Au­gen zu­dring­lich ist als Er­ken­nen­der, wie soll­te der von al­len Din­gen mehr als ihre vor­de­ren Grün­de sehn!

      Du aber, oh Za­ra­thustra, woll­test al­ler Din­ge Grund schaun und Hin­ter­grund: so musst du schon über dich sel­ber stei­gen, – hin­an, hin­auf, bis du auch dei­ne Ster­ne noch un­ter dir hast!

      Ja! Hin­ab auf mich sel­ber sehn und noch auf mei­ne Ster­ne: das erst hies­se mir mein Gip­fel, das blieb mir noch zu­rück als mein letz­ter Gip­fel! –

      Also sprach Za­ra­thustra im Stei­gen zu sich, mit har­ten Sprüch­lein sein Herz trös­tend: denn er war wund am Her­zen wie noch nie­mals zu­vor. Und als er auf die Höhe des Ber­grückens kam, sie­he, da lag das an­de­re Meer vor ihm aus­ge­brei­tet: und er stand still und schwieg lan­ge. Die Nacht aber war kalt in die­ser Höhe und klar und hell­ge­stirnt.

      Ich er­ken­ne mein Loos, sag­te er end­lich mit Trau­er. Wohl­an! Ich bin be­reit. Eben be­gann mei­ne letz­te Ein­sam­keit.

      Ach, die­se schwar­ze trau­ri­ge See un­ter mir! Ach, die­se schwan­ge­re nächt­li­che Ver­dros­sen­heit! Ach, Schick­sal und See! Zu euch muss ich nun hinab stei­gen!

      Vor mei­nem höchs­ten Ber­ge ste­he ich und vor mei­ner längs­ten Wan­de­rung: dar­um muss ich erst tiefer hin­ab als ich je­mals stieg:

      – tiefer hin­ab in den Schmerz als ich je­mals stieg, bis hin­ein in sei­ne schwär­zes­te Fluth! So will es mein Schick­sal: Wohl­an! Ich bin be­reit.

      Wo­her kom­men die höchs­ten Ber­ge? so frag­te ich einst. Da lern­te ich, dass sie aus dem Mee­re kom­men.

      Diess Zeug­niss ist in ihr Ge­stein ge­schrie­ben und in die Wän­de ih­rer Gip­fel. Aus dem Tiefs­ten muss das Höchs­te zu sei­ner Höhe kom­men. –

      Also sprach Za­ra­thustra auf der Spit­ze des Ber­ges, wo es kalt war; als er aber in die Nähe des Mee­res kam und zu­letzt al­lein un­ter den Klip­pen stand, da war er un­ter­wegs müde ge­wor­den und sehn­süch­ti­ger als noch zu­vor.

      Es schläft jetzt Al­les noch, sprach er; auch das Meer schläft. Schlaf­trun­ken und fremd blickt sein Auge nach mir.

      Aber es ath­met warm, das füh­le ich. Und ich füh­le auch, dass es träumt. Es win­det sieh träu­mend auf har­ten Kis­sen.

      Horch! Horch! Wie es stöhnt von bö­sen Erin­ne­run­gen! Oder bö­sen Er­war­tun­gen?

      Ach, ich bin trau­rig mit dir, du dunkles Un­ge­heu­er, und mir sel­ber noch gram um dei­net­wil­len.

      Ach, dass mei­ne Hand nicht Stär­ke ge­nug hat! Ger­ne, wahr­lich, möch­te ich dich von bö­sen Träu­men er­lö­sen! –

      Und in­dem Za­ra­thustra so sprach, lach­te er mit Schwer­muth und Bit­ter­keit über sich sel­ber. »Wie! Za­ra­thustra! sag­te er, willst du noch dem Mee­re Trost sin­gen?

      Ach, du lieb­rei­cher Narr Za­ra­thustra, du Ver­trau­ens-Über­se­li­ger! Aber so warst du im­mer: im­mer kamst du ver­trau­lich zu al­lem Furcht­ba­ren.

      Je­des Un­get­hüm woll­test du noch strei­cheln. Ein Hauch war­men Athems, ein We­nig wei­ches Ge­zot­tel an der Tat­ze –: und gleich warst du be­reit, es zu lie­ben und zu lo­cken.

      Die Lie­be ist die Ge­fahr des Ein­sams­ten, die Lie­be zu Al­lem, wenn es nur leb­t! Zum La­chen ist wahr­lich mei­ne Narr­heit und mei­ne Be­schei­den­heit in der Lie­be!« –

      Also sprach Za­ra­thustra und lach­te da­bei zum an­dern Male: da aber ge­dach­te er sei­ner ver­las­se­nen Freun­de –, und wie als ob er sich mit sei­nen Ge­dan­ken an ih­nen ver­gan­gen habe, zürn­te er sich ob sei­ner Ge­dan­ken. Und als­bald ge­sch­ah es, dass der La­chen­de wein­te: – vor Zorn und Sehn­sucht wein­te Za­ra­thustra bit­ter­lich.

      Vom Gesicht СКАЧАТЬ