Название: Gesammelte Werke
Автор: Фридрих Вильгельм Ðицше
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962815295
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Begehren – das heisst mir schon: mich verloren haben. Ich habe euch, meine Kinder! In diesem Haben soll Alles Sicherheit und Nichts Begehren sein.
Aber brütend lag die Sonne meiner Liebe auf mir, im eignen Safte kochte Zarathustra, – da flogen Schatten und Zweifel über mich weg.
Nach Frost und Winter gelüstete mich schon: »oh dass Frost und Winter mich wieder knacken und knirschen machten!« seufzte ich: – da stiegen eisige Nebel aus mir auf.
Meine Vergangenheit brach ihm Gräber, manch lebendig begrabner Schmerz wachte auf –: ausgeschlafen hatte er sich nur, versteckt in Leichen-Gewänder.
Also rief mir Alles in Zeichen zu: »es ist Zeit!« – Aber ich – hörte nicht: bis endlich mein Abgrund sich rührte und mein Gedanke mich biss.
Ach, abgründlicher Gedanke, der du mein Gedanke bist! Wann finde ich die Stärke, dich graben zu hören und nicht mehr zu zittern?
Bis zur Kehle hinauf klopft mir das Herz, wenn ich dich graben höre! Dein Schweigen noch will mich würgen, du abgründlich Schweigender!
Noch wagte ich niemals, dich herauf zu rufen: genug schon, dass ich dich mit mir – trug! Noch war ich nicht stark genug zum letzten Löwen-Übermuthe und –Muthwillen.
Genug des Furchtbaren war mir immer schon deine Schwere: aber einst soll ich noch die Stärke finden und die Löwen-Stimme, die dich herauf ruft!
Wenn ich mich dessen erst überwunden habe, dann will ich mich auch des Grösseren noch überwinden; und ein Sieg soll meiner Vollendung Siegel sein! –
Inzwischen treibe ich noch auf ungewissen Meeren; der Zufall schmeichelt mir, der glattzüngige; vorwärts und rückwärts schaue ich –, noch schaue ich kein Ende.
Noch kam mir die Stunde meines letzten Kampfes nicht, – oder kommt sie wohl mir eben? Wahrlich, mit tückischer Schönheit schaut mich rings Meer und Leben an!
Oh Nachmittag meines Lebens! Oh Glück vor Abend! Oh Hafen auf hoher See! Oh Friede im Ungewissen! Wie misstraue ich euch Allen!
Wahrlich, misstrauisch bin ich gegen eure tückische Schönheit! Dem Liebenden gleiche ich, der allzusammtenem Lächeln misstraut.
Wie er die Geliebteste vor sich her stösst, zärtlich noch in seiner Härte, der Eifersüchtige –, also stosse ich diese selige Stunde vor mir her.
Hinweg mit dir, du selige Stunde! Mit dir kam mir eine Seligkeit wider Willen! Willig zu meinem tiefsten Schmerze stehe ich hier: – zur Unzeit kamst du!
Hinweg mit dir, du selige Stunde! Lieber nimm Herberge dort – bei meinen Kindern! Eile! und segne sie vor Abend noch mit meinem Glücke!
Da naht schon der Abend: die Sonne sinkt. Dahin – mein Glück! –
Also sprach Zarathustra. Und er wartete auf sein Unglück die ganze Nacht: aber er wartete umsonst. Die Nacht blieb hell und still, und das Glück selber kam ihm immer näher und näher. Gegen Morgen aber lachte Zarathustra zu seinem Herzen und sagte spöttisch: »das Glück läuft mir nach. Das kommt davon, dass ich nicht den Weibern nachlaufe. Das Glück aber ist ein Weib.«
Vor Sonnen-Aufgang
Oh Himmel über mir, du Reiner! Tiefer! Du Licht-Abgrund! Dich schauend schaudere ich vor göttlichen Begierden.
In deine Höhe mich zu werfen – das ist meine Tiefe! In deine Reinheit mich zu bergen – das ist meine Unschuld!
Den Gott verhüllt seine Schönheit: so verbirgst du deine Sterne. Du redest nicht: so kündest du mir deine Weisheit.
Stumm über brausendem Meere bist du heut mir aufgegangen, deine Liebe und deine Scham redet Offenbarung zu meiner brausenden Seele.
Dass du schön zu mir kamst, verhüllt in deine Schönheit, dass du stumm zu mir sprichst, offenbar in deiner Weisheit:
Oh wie erriethe ich nicht alles Schamhafte deiner Seele! Vor der Sonne kamst du zu mir, dem Einsamsten.
Wir sind Freunde von Anbeginn: uns ist Gram und Grauen und Grund gemeinsam; noch die Sonne ist uns gemeinsam.
Wir reden nicht zu einander, weil wir zu Vieles wissen –: wir schweigen uns an, wir lächeln uns unser Wissen zu.
Bist du nicht das Licht zu meinem Feuer? Hast du nicht die Schwester-Seele zu meiner Einsicht?
Zusammen lernten wir Alles; zusammen lernten wir über uns zu uns selber aufsteigen und wolkenlos lächeln: –
– wolkenlos hinab lächeln aus lichten Augen und aus meilenweiter Ferne, wenn unter uns Zwang und Zweck und Schuld wie Regen dampfen.
Und wanderte ich allein: wes hungerte meine Seele in Nächten und Irr-Pfaden? Und stieg ich Berge, wen suchte ich je, wenn nicht dich, auf Bergen?
Und all mein Wandern und Bergsteigen: eine Noth war’s nur und ein Behelf des Unbeholfenen: – fliegen allein will mein ganzer Wille, in dich hinein fliegen!
Und wen hasste ich mehr, als ziehende Wolken und Alles, was dich befleckt? Und meinen eignen Hass hasste ich noch, weil er dich befleckte!
Den ziehenden Wolken bin ich gram, diesen schleichenden Raub-Katzen: sie nehmen dir und mir, was uns gemein ist, – das ungeheure unbegrenzte Ja- und Amen-sagen.
Diesen Mittlern und Mischern sind wir gram, den ziehenden Wolken: diesen Halb- und Halben, welche weder segnen lernten, noch von Grund aus fluchen.
Lieber will ich noch unter verschlossnem Himmel in der Tonne sitzen, lieber ohne Himmel im Abgrund sitzen, als dich, Licht-Himmel, mit Zieh-Wolken befleckt sehn!
Und oft gelüstete mich, sie mit zackichten Blitz-Golddrähten festzuheften, dass ich, gleich dem Donner, auf ihrem Kessel-Bauche die Pauke schlüge: –
– ein zorniger Paukenschläger, weil sie mir dein Ja! und Amen! rauben, du Himmel über mir, du Reiner! Lichter! Du Licht-Abgrund! – weil sie dir mein Ja! und Amen! rauben.
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