Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 222

СКАЧАТЬ auch alle ihre Ein­sich­ten und Kennt­nis­se wie­der zu ei­ner Per­son zu­sam­men, zu ei­nem le­ben­di­gen Viel­fa­chen, des­sen ein­zel­ne Tei­le von­ein­an­der ab­hän­gen, in­ein­an­der grei­fen, ge­mein­sam er­nährt wer­den, das als Gan­zes eine eig­ne Luft und einen eig­nen Ge­ruch hat. – Sol­che Na­tu­ren brin­gen, mit die­sen ih­ren per­so­nen­haf­ten Er­kennt­nis-Ge­bil­den, jene Täu­schung her­vor, daß eine Wis­sen­schaft (oder gar die gan­ze Phi­lo­so­phie) fer­tig sei und am Zie­le ste­he; das Le­ben in ih­rem Ge­bil­de übt die­sen Zau­ber aus: als wel­cher zu­zei­ten sehr ver­häng­nis­voll für die Wis­sen­schaft und ir­re­füh­rend für jene vor­hin be­schrie­be­nen, ei­gent­lich tüch­ti­gen Ar­bei­ter des Geis­tes ge­we­sen ist, zu an­dern Zei­ten wie­der­um, als die Dür­re und die Er­mat­tung herrsch­ten, wie ein Lab­sal und gleich dem An­hau­che ei­ner küh­len, er­quick­li­chen Rast­stät­te ge­wirkt hat. – Ge­wöhn­lich nennt man sol­che Men­schen Phi­lo­so­phen.

      A­ner­ken­nung des Tal­ents. – Als ich durch das Dorf S. ging, fing ein Kna­be aus Lei­bes­kräf­ten an, mit der Peit­sche zu knal­len, – er hat­te es schon weit in die­ser Kunst ge­bracht und wuß­te es. Ich warf ihm einen Blick der Aner­ken­nung zu, – im Grun­de tat mir’s bit­ter wehe. – So ma­chen wir es bei der Aner­ken­nung vie­ler Ta­len­te. Wir tun ih­nen wohl, wenn sie uns wehe tun.

      La­chen und Lä­cheln. – Je freu­di­ger und si­che­rer der Geist wird, um so mehr ver­lernt der Mensch das lau­te Ge­läch­ter; da­ge­gen quillt ihm ein geis­ti­ges Lä­cheln fort­wäh­rend auf, ein Zei­chen sei­nes Ver­wun­derns über die zahl­lo­sen ver­steck­ten An­nehm­lich­kei­ten des gu­ten Da­seins.

      Un­ter­hal­tung der Kran­ken. – Wie man bei see­li­schem Kum­mer sich die Haa­re rauft, sich vor die Stirn schlägt, die Wan­ge zer­fleischt oder gar wie Ödi­pus die Au­gen aus­bohrt: so ruft man ge­gen hef­ti­ge kör­per­li­che Schmer­zen mit­un­ter eine hef­ti­ge bit­te­re Emp­fin­dung zu Hil­fe, durch Erin­ne­rung an Ver­leum­der und Ver­däch­ti­ger, durch Ver­düs­te­rung un­se­rer Zu­kunft, durch Bos­hei­ten und Dolch­sti­che, wel­che man im Geis­te ge­gen Ab­we­sen­de schleu­dert. Und es ist bis­wei­len da­bei wahr: daß ein Teu­fel den an­dern aus­treibt, – aber man hat dann den an­dern. – Da­rum sei den Kran­ken jene an­de­re Un­ter­hal­tung an­emp­foh­len, bei der sich die Schmer­zen zu mil­dern schei­nen: über Wohl­ta­ten und Ar­tig­kei­ten nach­zu­den­ken, wel­che man Freund und Feind er­wei­sen kann.

      Me­dio­kri­tät als Mas­ke. – Die Me­dio­kri­tät ist die glück­lichs­te Mas­ke, die der über­le­ge­ne Geist tra­gen kann, weil sie die große Men­ge, das heißt die Me­dio­kren, nicht an Mas­kie­rung den­ken läßt –: und doch nimmt er sie ge­ra­de ih­ret­we­gen vor, – um sie nicht zu rei­zen, ja nicht sel­ten aus Mit­leid und Güte.

      Die Ge­dul­di­gen. – Die Pi­nie scheint zu hor­chen, die Tan­ne zu war­ten: und bei­de ohne Un­ge­duld: – sie den­ken nicht an den klei­nen Men­schen un­ter sich, den sei­ne Un­ge­duld und sei­ne Neu­gier­de auf­fres­sen.

      Die bes­ten Scher­ze. – Der Scherz ist mir am will­kom­mens­ten, der an Stel­le ei­nes schwe­ren, nicht un­be­denk­li­chen Ge­dan­kens steht, zu­gleich als Wink mit dem Fin­ger und Blin­zeln des Au­ges.

      Zu­be­hör al­ler Ver­eh­rung. – Über­all, wo die Ver­gan­gen­heit ver­ehrt wird, soll man die Säu­ber­li­chen und Säu­bern­den nicht ein­las­sen. Der Pie­tät wird ohne ein we­nig Staub, Un­rat und Un­flat nicht wohl.

      Die große Ge­fahr der Ge­lehr­ten. – Gera­de die tüch­tigs­ten und gründ­lichs­ten Ge­lehr­ten sind in der Ge­fahr, ihr Le­bens­ziel im­mer nied­ri­ger ge­steckt zu se­hen und, im Ge­fühl da­von, in der zwei­ten Hälf­te ih­res Le­bens im­mer miß­mu­ti­ger und un­ver­träg­li­cher zu wer­den. Zu­erst schwim­men sie mit brei­ten Hoff­nun­gen in ihre Wis­sen­schaft hin­ein und mes­sen sich küh­ne­re Auf­ga­ben zu, de­ren Zie­le mit­un­ter durch ihre Phan­ta­sie schon vor­weg­ge­nom­men wer­den: dann gibt es Au­gen­bli­cke wie im Le­ben der großen ent­de­cken­den Schif­fah­rer, – Wis­sen, Ah­nung und Kraft he­ben ein­an­der im­mer hö­her, bis eine fer­ne neue Küs­te zum ers­ten Male dem Auge auf­däm­mert. Nun er­kennt aber der stren­ge Mensch von Jahr zu Jahr mehr, wie viel dar­an ge­le­gen ist, daß die Ein­zel­auf­ga­be des For­schers so be­schränkt wie mög­lich ge­nom­men wer­de, da­mit sie ohne Rest ge­löst wer­den kön­ne und jene un­er­träg­li­che Ver­geu­dung von Kraft ver­mie­den wer­de, an wel­cher frü­he­re Pe­ri­oden der Wis­sen­schaft lit­ten: alle Ar­bei­ten wur­den zehn­mal ge­macht, und dann hat­te im­mer noch der elf­te das letz­te und bes­te Wort zu sa­gen. Je mehr aber der Ge­lehr­te die­ses Rät­sel-Lö­sen ohne Rest ken­nen lernt und übt, um so grö­ßer wird auch sei­ne Lust dar­an: aber eben­so wächst auch die Stren­ge sei­ner An­sprü­che in be­zug auf das, was hier "ohne Rest" ge­nannt ist. Er legt al­les bei­sei­te, was in die­sem Sin­ne un­voll­stän­dig blei­ben muß, er ge­winnt einen Wi­der­wil­len und eine Wit­te­rung ge­gen das Halb-Lös­ba­re, – ge­gen al­les, was nur im Gan­zen und Un­be­stimm­te­ren eine Art Si­cher­heit er­ge­ben kann. Sei­ne Ju­gend­plä­ne zer­fal­len vor sei­nem Bli­cke: kaum blei­ben ei­ni­ge Kno­ten und Knöt­chen dar­aus üb­rig, an de­ren Ent­knüp­fung jetzt der Meis­ter sei­ne Lust hat, sei­ne Kraft zeigt. Und nun, mit­ten in die­ser so nütz­li­chen, so rast­lo­sen Tä­tig­keit über­fällt ihn, den Äl­ter­ge­wor­de­nen, plötz­lich und dann öf­ter wie­der ein tiefer Miß­mut, eine Art Ge­wis­sens-Qual: er sieht auf sich hin, wie auf einen Ver­wan­del­ten, als ob er ver­klei­nert, er­nied­rigt, zum kunst­fer­ti­gen Zwer­gen um­ge­schaf­fen wäre, er be­un­ru­higt sich dar­über, ob nicht das meis­ter­li­che Wal­ten im klei­nen eine Be­quem­lich­keit sei, eine Aus­flucht vor der Mah­nung zur Grö­ße des Le­bens und Ge­stal­tens. Aber er kann nicht mehr hin­über, – die Zeit ist um.

      Die Leh­rer im Zeit­al­ter der Bü­cher. – Da­durch, daß die Selbst-Er­zie­hung und Ver­brü­de­rungs- Er­zie­hung all­ge­mei­ner wird, muß der Leh­rer in sei­ner jetzt ge­wöhn­li­chen Form fast ent­behr­lich wer­den. Lern­be­gie­ri­ge Freun­de, die sich zu­sam­men ein Wis­sen an­eig­nen wol­len, fin­den in un­se­rer Zeit der Bü­cher einen kür­ze­ren und na­tür­li­che­ren Weg, als "Schu­le" und "Leh­rer" sind.

      Die Ei­tel­keit als die große Nütz­lich­keit. – Ur­sprüng­lich be­han­delt der star­ke Ein­zel­ne nicht nur die Na­tur, СКАЧАТЬ