Название: Gesammelte Werke
Автор: Фридрих Вильгельм Ðицше
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962815295
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Dein Selbst lacht über dein Ich und seine stolzen Sprünge. »Was sind mir diese Sprünge und Flüge des Gedankens? sagt es sich. Ein Umweg zu meinem Zwecke. Ich bin das Gängelband des Ich’s und der Einbläser seiner Begriffe.«
Das Selbst sagt zum Ich: »hier fühle Schmerz!« Und da leidet es und denkt nach, wie es nicht mehr leide – und dazu eben soll es denken.
Das Selbst sagt zum Ich: »hier fühle Lust!« Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue – und dazu eben soll es denken.
Den Verächtern des Leibes will ich ein Wort sagen. Dass sie verachten, das macht ihr Achten. Was ist es, das Achten und Verachten und Werth und Willen schuf?
Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Verachten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens.
Noch in eurer Thorheit und Verachtung, ihr Verächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich vom Leben ab.
Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten wilI: – über sich hinaus zu schaffen. Das will es am liebsten, das ist seine ganze Inbrunst.
Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: – so will euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes.
Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr vermögt ihr über euch hinaus zu schaffen.
Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der Erde. Ein ungewusster Neid ist im scheelen Blick eurer Verachtung.
Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Übermenschen! –
Also sprach Zarathustra.
Von den Freuden- und Leidenschaften
Mein Bruder, wenn du eine Tugend hast, und es deine Tugend ist, so hast du sie mit Niemandem gemeinsam.
Freilich, du willst sie bei Namen nennen und liebkosen; du willst sie am Ohre zupfen und Kurzweil mit ihr treiben.
Und siehe! Nun hast du ihren Namen mit dem Volke gemeinsam und bist Volk und Heerde geworden mit deiner Tugend!
Besser thätest du, zu sagen: »unaussprechbar ist und namenlos, was meiner Seele Qual und Süsse macht und auch noch der Hunger meiner Eingeweide ist.«
Deine Tugend sei zu hoch für die Vertraulichkeit der Namen: und musst du von ihr reden, so schäme dich nicht, von ihr zu stammeln.
So sprich und stammle: »Das ist mein Gutes, das liebe ich, so gefällt es mir ganz, so allein will ich das Gute.
Nicht will ich es als eines Gottes Gesetz, nicht will ich es als eine Menschen-Satzung und –Nothdurft: kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und Paradiese.
Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig Klugheit ist darin und am wenigsten die Vernunft Aller.
Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest: darum liebe und herze ich ihn, – nun sitze er bei mir auf seinen goldnen Eiern.«
So sollst du stammeln und deine Tugend loben.
Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie böse. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden: die wuchsen aus deinen Leidenschaften.
Du legtest dein höchstes Ziel diesen Leidenschaften an’s Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freudenschaften.
Und ob du aus dem Geschlechte der Jähzornigen wärest oder aus dem der Wollüstigen oder der Glaubens-Wüthigen oder der Rachsüchtigen:
Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln.
Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller: aber am Ende verwandelten sie sich zu Vögeln und lieblichen Sängerinnen.
Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam; deine Kuh Trübsal melktest du, – nun trinkst du die süsse Milch ihres Euters.
Und nichts Böses wächst mehr fürderhin aus dir, es sei denn das Böse, das aus dem Kampfe deiner Tugenden wächst.
Mein Bruder, wenn du Glück hast, so hast du Eine Tugend und nicht mehr: so gehst du leichter über die Brücke.
Auszeichnend ist es, viele Tugenden zu haben, aber ein schweres Loos; und Mancher gieng in die Wüste und tödtete sich, weil er müde war, Schlacht und Schlachtfeld von Tugenden zu sein.
Mein Bruder, ist Krieg und Schlacht böse? Aber nothwendig ist diess Böse, nothwendig ist der Neid und das Misstrauen und die Verleumdung unter deinen Tugenden.
Siehe, wie jede deiner Tugenden begehrlich ist nach dem Höchsten: sie will deinen ganzen Geist, dass er ihr Herold sei, sie will deine ganze Kraft in Zorn, Hass und Liebe.
Eifersüchtig ist jede Tugend auf die andre, und ein furchtbares Ding ist Eifersucht. Auch Tugenden können an der Eifersucht zu Grunde gehn.
Wen die Flamme der Eifersucht umringt, der wendet zuletzt, gleich dem Scorpione, gegen sich selber den vergifteten Stachel.
Ach, mein Bruder, sahst du noch nie eine Tugend sich selber verleumden und erstechen?
Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden muss: und darum sollst du deine Tugenden lieben, – denn du wirst an ihnen zu Grunde gehn. –
Also sprach Zarathustra.
Vom bleichen Verbrecher
Ihr wollt nicht tödten, ihr Richter und Opferer, bevor das Thier nicht genickt hat? Seht, der bleiche Verbrecher hat genickt: aus seinem Auge redet die grosse Verachtung.
»Mein Ich ist Etwas, das überwunden werden soll: mein Ich ist mir die grosse Verachtung des Menschen«: so redet es aus diesem Auge.
Dass er sich selber richtete, war sein höchster Augenblick: lasst den Erhabenen nicht wieder zurück in sein Niederes!
Es giebt keine Erlösung für Den, der so an sich selber leidet, es sei denn der schnelle Tod.
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