Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 22

СКАЧАТЬ sollt ihr sa­gen, aber nicht »Bö­se­wicht«; »Kran­ker« sollt ihr sa­gen, aber nicht »Schuft«; »Thor« sollt ihr sa­gen, aber nicht »Sün­der«.

      Und du, ro­ther Rich­ter, wenn du laut sa­gen woll­test, was du Al­les schon in Ge­dan­ken gethan hast: so wür­de Je­der­mann schrei­en: »Weg mit die­sem Un­flath und Gift­wurm!«

      Aber ein An­de­res ist der Ge­dan­ke, ein An­de­res die That, ein An­de­res das Bild der That. Das Rad des Grun­des rollt nicht wi­schen ih­nen.

      Ein Bild mach­te die­sen blei­chen Men­schen bleich. Gleich­wüch­sig war er sei­ner That, als er sie that: aber ihr Bild er­trug er nicht, als sie gethan war.

      Im­mer sah er sich nun als Ei­ner That Thä­ter. Wahn­sinn heis­se ich diess: die Aus­nah­me ver­kehr­te sich ihm zum We­sen.

      Der Strich bannt die Hen­ne; der Streich, den er führ­te, bann­te sei­ne arme Ver­nunft – den Wahn­sinn nach der That heis­se ich diess.

      Hört, ihr Rich­ter! Ei­nen an­de­ren Wahn­sinn giebt es noch: und der ist vor der That. Ach, ihr krocht mir nicht tief ge­nug in die­se See­le!

      So spricht der ro­the Rich­ter: »was mor­de­te doch die­ser Ver­bre­cher? Er woll­te rau­ben.« Aber ich sage euch: sei­ne See­le woll­te Blut, nicht Raub: er dürs­te­te nach dem Glück des Mes­sers!

      Sei­ne arme Ver­nunft aber be­griff die­sen Wahn­sinn nicht und über­re­de­te ihn. »Was liegt an Blut! sprach sie; willst du nicht zum min­des­ten einen Raub da­bei ma­chen? Eine Ra­che neh­men?«

      Und er horch­te auf sei­ne arme Ver­nunft: wie Blei lag ihre Rede auf ihm, – da raub­te er, als er mor­de­te. Er woll­te sich nicht sei­nes Wahn­sinns schä­men.

      Und nun wie­der liegt das Blei sei­ner Schuld auf ihm, und wie­der ist sei­ne arme Ver­nunft so steif, so ge­lähmt, so schwer.

      Wenn er nur den Kopf schüt­teln könn­te, so wür­de sei­ne Last her­ab­rol­len: aber wer schüt­telt die­sen Kopf?

      Was ist die­ser Mensch? Ein Hau­fen von Krank­hei­ten, wel­che durch den Geist in die Welt hin­aus­grei­fen: da wol­len sie ihre Beu­te ma­chen.

      Was ist die­ser Mensch? Ein Knäu­el wil­der Schlan­gen, wel­che sel­ten bei ein­an­der Ruhe ha­ben, – da gehn sie für sich fort und su­chen Beu­te in der Welt.

      Seht die­sen ar­men Leib! Was er litt und be­gehr­te, das deu­te­te sich die­se arme See­le, – sie deu­te­te es als mör­de­ri­sche Lust und Gier nach dem Glück des Mes­sers.

      Wer jetzt krank wird, den über­fällt das Böse, das jetzt böse ist: wehe will er thun, mit dem, was ihm wehe thut. Aber es gab and­re Zei­ten und ein andres Bö­ses und Gu­tes.

      Einst war der Zwei­fel böse und der Wil­le zum Selbst. Da­mals wur­de der Kran­ke zum Ket­zer und zur Hege: als Ket­zer und Hexe litt er und woll­te lei­den ma­chen.

      Aber diess will nicht in eure Ohren: eu­ren Gu­ten scha­de es, sagt ihr mir. Aber was liegt mir an eu­ren Gu­ten!

      Vie­les an eu­ren Gu­ten macht mir Ekel, und wahr­lich nicht ihr Bö­ses. Woll­te ich doch, sie hät­ten einen Wahn­sinn, an dem sie zu Grun­de gien­gen, gleich die­sem blei­chen Ver­bre­cher!

      Wahr­lich, ich woll­te, ihr Wahn­sinn hies­se Wahr­heit oder Treue oder Ge­rech­tig­keit: aber sie ha­ben ihre Tu­gend, um lan­ge zu le­ben und in ei­nem er­bärm­li­chen Be­ha­gen.

      Ich bin ein Ge­län­der am Stro­me: fas­se mich, wer mich fas­sen kann! Eure Krücke aber bin ich nicht. –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Lesen und Schreiben

      Von al­lem Ge­schrie­be­nen lie­be ich nur Das, was Ei­ner mit sei­nem Blu­te schreibt. Schrei­be mit Blut: und du wirst er­fah­ren, dass Blut Geist ist.

      Es ist nicht leicht mög­lich, frem­des Blut zu ver­ste­hen: ich has­se die le­sen­den Müs­sig­gän­ger.

      Wer den Le­ser kennt, der thut Nichts mehr für den Le­ser. Noch ein Jahr­hun­dert Le­ser – und der Geist sel­ber wird stin­ken.

      Dass Je­der­mann le­sen ler­nen darf, verdirbt auf die Dau­er nicht al­lein das Schrei­ben, son­dern auch das Den­ken.

      Einst war der Geist Gott, dann wur­de er zum Men­schen und jetzt wird er gar noch Pö­bel.

      Wer in Blut und Sprü­chen schreibt, der will nicht ge­le­sen, son­dern aus­wen­dig ge­lernt wer­den.

      Im Ge­bir­ge ist der nächs­te Weg von Gip­fel zu Gip­fel: aber dazu musst du lan­ge Bei­ne ha­ben. Sprü­che sol­len Gip­fel sein: und Die, zu de­nen ge­spro­chen wird, Gros­se und Hoch­wüch­si­ge.

      Die Luft dünn und rein, die Ge­fahr nahe und der Geist voll ei­ner fröh­li­chen Bos­heit: so passt es gut zu ein­an­der.

      Ich will Ko­bol­de um mich ha­ben, denn ich bin muthig. Muth, der die Ge­s­pens­ter ver­scheucht, schafft sich sel­ber Ko­bol­de, – der Muth will la­chen.

      Ich emp­fin­de nicht mehr mit euch: die­se Wol­ke, die ich un­ter mir sehe, die­se Schwär­ze und Schwe­re, über die ich la­che, – ge­ra­de das ist eure Ge­wit­ter­wol­ke.

      Ihr seht nach Oben, wenn ihr nach Er­he­bung ver­langt. Und ich sehe hin­ab, weil ich er­ho­ben bin.

      Wer von euch kann zu­gleich la­chen und er­ho­ben sein?

      Wer auf den höchs­ten Ber­gen steigt, der lacht über alle Trau­er-Spie­le und Trau­er-Erns­te.

      Muthig, un­be­küm­mert, spöt­tisch, ge­waltt­hä­tig – so will uns die Weis­heit: sie ist ein Weib und liebt im­mer nur einen Kriegs­mann.

      Ihr sagt mir: »das Le­ben ist schwer zu tra­gen.« Aber wozu hät­tet ihr Vor­mit­tags eu­ren Stolz und Abends eure Er­ge­bung?

      Das Le­ben ist schwer zu tra­gen: aber so thut mir doch nicht so zärt­lich! Wir sind al­le­sammt hüb­sche last­ba­re Esel und Ese­lin­nen.

      Was ha­ben wir ge­mein mit der Ro­sen­knos­pe, wel­che zit­tert, weil ihr ein Trop­fen Thau auf dem Lei­be liegt?

      Es ist wahr: wir lie­ben das Le­ben, nicht, weil wir an’s Le­ben, son­dern weil wir an’s Lie­ben ge­wöhnt sind.

      Es ist im­mer et­was Wahn­sinn in der Lie­be. Es ist aber im­mer auch et­was Ver­nunft im Wahn­sinn.

      Und auch mir, der ich dem Le­ben gut bin, schei­nen Schmet­ter­lin­ge und Sei­fen­bla­sen und was ih­rer Art un­ter Men­schen ist, am meis­ten vom Glücke zu wis­sen.

      Die­se leich­ten thö­rich­ten zier­li­chen be­weg­li­chen Seel­chen flat­tern СКАЧАТЬ