Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше страница 16

СКАЧАТЬ sie’s, es zeich­net sie aus vor den Zie­gen­hir­ten.

      Drum hö­ren sie un­gern von sich das Wort »Ver­ach­tung«. So will ich denn zu ih­rem Stol­ze re­den.

      So will ich ih­nen vom Verächt­lichs­ten spre­chen: das aber ist der letz­te Men­sch

      Und also sprach Za­ra­thustra zum Vol­ke:

      Es ist an der Zeit, dass der Mensch sich sein Ziel ste­cke. Es ist an der Zeit, dass der Mensch den Keim sei­ner höchs­ten Hoff­nung pflan­ze.

      Noch ist sein Bo­den dazu reich ge­nug. Aber die­ser Bo­den wird einst arm und zahm sein, und kein ho­her Baum wird mehr aus ihm wach­sen kön­nen.

      Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch nicht mehr den Pfeil sei­ner Sehn­sucht über den Men­schen hin­aus wirft, und die Seh­ne sei­nes Bo­gens ver­lernt hat, zu schwir­ren!

      Ich sage euch: man muss noch Cha­os in sich ha­ben, um einen tan­zen­den Stern ge­bä­ren zu kön­nen. Ich sage euch: ihr habt noch Cha­os in euch.

      Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch kei­nen Stern mehr ge­bä­ren wird. Wehe! Es kommt die Zeit des ver­ächt­lichs­ten Men­schen, der sich sel­ber nicht mehr ver­ach­ten kann.

      Seht! Ich zei­ge euch den letz­ten Men­schen.

      »Was ist Lie­be? Was ist Schöp­fung? Was ist Sehn­sucht? Was ist Stern« – so fragt der letz­te Mensch und blin­zelt.

      Die Erde ist dann klein ge­wor­den, und auf ihr hüpft der letz­te Mensch, der Al­les klein macht. Sein Ge­schlecht ist un­au­stilg­bar, wie der Erd­floh; der letz­te Mensch lebt am längs­ten.

      »Wir ha­ben das Glück er­fun­den« – sa­gen die letz­ten Men­schen und blin­zeln.

      Sie ha­ben den Ge­gen­den ver­las­sen, wo es hart war zu le­ben: denn man braucht Wär­me. Man liebt noch den Nach­bar und reibt sich an ihm: denn man braucht Wär­me.

      Krank­wer­den und Miss­trau­en-ha­ben gilt ih­nen sünd­haft: man geht acht­sam ein­her. Ein Thor, der noch über Stei­ne oder Men­schen stol­pert!

      Ein we­nig Gift ab und zu: das macht an­ge­neh­me Träu­me. Und viel Gift zu­letzt, zu ei­nem an­ge­neh­men Ster­ben.

      Man ar­bei­tet noch, denn Ar­beit ist eine Un­ter­hal­tung. Aber man sorgt dass die Un­ter­hal­tung nicht an­grei­fe.

      Man wird nicht mehr arm und reich: Bei­des ist zu be­schwer­lich. Wer will noch re­gie­ren? Wer noch ge­hor­chen? Bei­des ist zu be­schwer­lich.

      Kein Hirt und Eine He­er­de! Je­der will das Glei­che, Je­der ist gleich: wer an­ders fühlt, geht frei­wil­lig in’s Ir­ren­haus.

      »Ehe­mals war alle Welt irre« – sa­gen die Feins­ten und blin­zeln.

      Man ist klug und weiss Al­les, was ge­schehn ist: so hat man kein Ende zu spot­ten. Man zankt sich noch, aber man ver­söhnt sich bald – sonst verdirbt es den Ma­gen.

      Man hat sein Lüst­chen für den Tag und sein Lüst­chen für die Nacht: aber man ehrt die Ge­sund­heit.

      »Wir ha­ben das Glück er­fun­den« – sa­gen die letz­ten Men­schen und blin­zeln –

      Und hier en­de­te die ers­te Rede Za­ra­thustra’s, wel­che man auch »die Vor­re­de« heisst: denn an die­ser Stel­le un­ter­brach ihn das Ge­schrei und die Lust der Men­ge. »Gieb uns die­sen letz­ten Men­schen, oh Za­ra­thustra, – so rie­fen sie – ma­che uns zu die­sen letz­ten Men­schen! So schen­ken wir dir den Über­menschen!« Und al­les Volk ju­bel­te und schnalz­te mit der Zun­ge. Za­ra­thustra aber wur­de trau­rig und sag­te zu sei­nem Her­zen:

      Sie ver­ste­hen mich nicht: ich bin nicht den Mund für die­se Ohren.

      Zu lan­ge wohl leb­te ich im Ge­bir­ge, zu viel horch­te ich auf Bä­che und Bäu­me: nun rede ich ih­nen gleich den Zie­gen­hir­ten.

      Un­be­wegt ist mei­ne See­le und hell wie das Ge­bir­ge am Vor­mit­tag. Aber sie mei­nen, ich sei kalt und ein Spöt­ter in furcht­ba­ren Späs­sen.

      Und nun bli­cken sie mich an und la­chen: und in­dem sie la­chen, has­sen sie mich noch. Es ist Eis in ih­rem La­chen.

      6

      Da aber ge­sch­ah Et­was, das je­den Mund stumm und je­des Auge starr mach­te. In­zwi­schen näm­lich hat­te der Seil­tän­zer sein Werk be­gon­nen: er war aus ei­ner klei­ner Thür hin­aus­ge­tre­ten und gieng über das Seil, wel­ches zwi­schen zwei Thür­men ge­spannt war, also, dass es über dem Mark­te und dem Vol­ke hieng. Als er eben in der Mit­te sei­nes We­ges war, öff­ne­te sich die klei­ne Thür noch ein­mal, und ein bun­ter Ge­sell, ei­nem Pos­sen­reis­ser gleich, sprang her­aus und gieng mit schnel­len Schrit­ten dem Ers­ten nach. »Vor­wärts, Lahm­fuss, rief sei­ne fürch­ter­li­che Stim­me, vor­wärts Faul­thier, Schleich­händ­ler, Bleich­ge­sicht! Dass ich dich nicht mit mei­ner Fer­se kitz­le! Was treibst du hier zwi­schen Thür­men? In den Thurm ge­hörst du, ein­sper­ren soll­te man dich, ei­nem Bes­sern, als du bist, sperrst du die freie Bahn!« – Und mit je­dem Wor­te kam er ihm nä­her und nä­her: als er aber nur noch einen Schritt hin­ter ihm war, da ge­sch­ah das Er­schreck­li­che, das je­den Mund stumm und je­des Auge starr mach­te: – er stiess ein Ge­schrei aus wie ein Teu­fel und sprang über Den hin­weg, der ihm im Wege war. Die­ser aber, als er so sei­nen Ne­ben­buh­ler sie­gen sah, ver­lor da­bei den Kopf und das Seil; er warf sei­ne Stan­ge weg und schoss schnel­ler als die­se, wie ein Wir­bel von Ar­men und Bei­nen, in die Tie­fe. Der Markt und das Volk glich dem Mee­re, wenn der Sturm hin­ein­fährt: Al­les floh aus ein­an­der und über­ein­an­der, und am meis­ten dort, wo der Kör­per nie­der­schla­gen muss­te.

      Za­ra­thustra aber blieb ste­hen, und ge­ra­de ne­ben ihn fiel der Kör­per hin, übel zu­ge­rich­tet und zer­bro­chen, aber noch nicht todt. Nach ei­ner Wei­le kam dem Zer­schmet­ter­ten das Be­wusst­sein zu­rück, und er sah Za­ra­thustra ne­ben sich knie­en. »Was machst du da? sag­te er end­lich, ich wuss­te es lan­ge, dass mir der Teu­fel ein Bein stel­len wer­de. Nun schleppt er mich zur Höl­le: willst du’s ihm weh­ren?«

      »Bei mei­ner Ehre, Freund, ant­wor­te­te Za­ra­thustra, das giebt es Al­les nicht, wo­von du sprichst: es giebt kei­nen Teu­fel und kei­ne Höl­le. Dei­ne See­le wird noch schnel­ler todt sein als dein Leib: fürch­te nun Nichts mehr!«

      Der Mann blick­te miss­trau­isch auf. »Wenn du die Wahr­heit sprichst, sag­te er dann, so ver­lie­re ich Nichts, wenn ich das Le­ben ver­lie­re. Ich bin nicht viel mehr als ein Thier, das man tan­zen ge­lehrt hat, durch Schlä­ge und schma­le Bis­sen.«

      »Nicht doch, sprach Za­ra­thustra; du hast aus der Ge­fahr dei­nen Be­ruf ge­macht, dar­an ist Nichts zu ver­ach­ten. Nun gehst du an dei­nem Be­ruf zu Grun­de: da­für will ich dich mit mei­nen Hän­den be­gra­ben.«

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