Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke - Heinrich Zschokke страница 17

Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

isbn:

СКАЧАТЬ den Schädel gespalten! Du warst ihm zu spät auf den Fersen.«

      »Es währte kein Vaterunser lang,« antwortete Gideon, »sobald Addrichs Hund anschlug, war ich aus dem Bette, auf den Beinen, in den Kleidern und mit blankem Degen zum Zimmer hinaus. Die arme Bestie thut mir leid; sie wurde in dem Augenblicke geopfert, als ich sie anhetzte und der verdächtige Bursch in Wald und Nebel entsprang.«

      »Und Du setztest ihm nicht nach, Gideon Renold?« fragte der Alte im weißen Haar.

      »Es herrschte eine solche Dunkelheit,« antwortete Gideon, »daß ich die Gestalt des Menschen nur gleichsam wie einen Schatten im Nebel sah. Ich verfolgte allerdings lange Zeit das Geräusch, welches durch die Zweige entstand, die sich dem Flüchtlinge entgegenstellten, doch mochte ich ohne die Unterstützung des erstochenen Hundes beim Nachsehen durchaus nichts unternehmen.«

      »Lasset es dabei bewenden, liebe Nachbarn und Freunde,« fiel Addrich den Redenden ins Wort. »Wir haben heute noch größere Sachen zu überlegen, als umher zu raten, wer die tapfere Faust des Gideon gezeichnet und meinen alten Packan getötet habe? Heute oder morgen rücken die Städte mit ihrer Macht in den Aargau ein; dann gilts Entschlossenheit, wenn Ihr nicht übermorgen gefangen und gehangen sein wollt. Ulli Schad, Du hast den Aufbruch der Mannschaft von Basel selbst, mit eigenen Augen gesehen?«

      Der Alte im weißen Haar antwortete: »Würde ichs sagen, wenn es anders wäre? Ich machte mich auf den Weg von Waldenburg nach Basel. Vorgestern sind vierhundert Mann in der Stadt angeworbenes Volk und die Ausschüsse von der Landschaft mit klingendem Spiele aus den Thoren gezogen. Hauptmann Ludwig Krug und Hauptmann Paul Bekel ritten gar stolz vor dem Zuge her, mit ellenhohen Federbüschen auf ihren Helmdeckeln, so daß sie sich – wahrhaftig! – unter der St. Albanpforte bücken mußten. Voran marschiertem hundert Mann von Mühlhausen, die auch nicht danach aussahen, als wollten sie Euch die Krautstöcke zerhacken. Man erzählte, daß zu gleicher Zeit, von Zürich her, fünfzehnhundert Mann ins Berner Gebiet einrücken würden.«

      »Mich dünkt, Gideon, der Leuenberg läßt uns im Stich,« sagte Addrich darauf zu dem schwedischen Hauptmann, »oder es hat ihn unterwegs ein Unfall betroffen. Nach Deiner Angabe wollte er schon gestern Nacht bei uns sein.«

      Gideon Renold erwiderte: »Leuenberg hält Wort, obwohl er durch wichtige Beschäftigungen zurückgehalten worden sein kann. Allstündlich langen Abgesandte aus den Gemeinden und Ämtern des gesamten Kantons bei ihm an, so daß er links und rechts Bescheid erteilen muß. Es ist bei ihm wie im Hauptquartier des obersten Befehlshabers vor der Schlacht, wenn derselbe nach allen Punkten Befehle verschickt. Lasset uns mittlerweile unsere Beratung eröffnen; er wird sich Euren Beschlüssen gewiß nicht widersetzen,«

      »Hole ihn der Henker!« rief Schybi. »Ich hatte daheim, bei meinen Leuten, alle Hände voll zu schaffen, und rannte dennoch hierher. Nun läßt er uns stecken, Wir Entlebucher und übrigen vom Luzerner Gebiet mögen den Anfang Eures Lärmens ruhig erwarten. Wir haben unser Schäflein vor der Hand ins Trockene gebracht, wenn ihm das Fell auch noch tropfet, haben den Vergleich und Schieds- oder Schandspruch angenommen; entrichten durchs ganze Land vom Saum nur zehn Luzerner Schilling Ohmgeld, und erfreuen uns noch vieler anderer Vorteile. Keinen Kreuzer zollen wir zu den Unkosten, welche die Stadt gehabt hat. Im Notfall können wir uns zufrieden erklären; wollet Ihr andern aber zum Teufel fahren, meinethalben; wir Luzerner sind dabei nicht verpflichtet, für Euch den Fuhrlohn zu bezahlen.«

      »Ich will hoffen, Du sprichst nicht im Ernst,« fiel ihm Renold in die Rede, »Schybi, Du magst wissen, daß Niklaus Leuenberg ein Eidgenoß ist, so ehrbar, wie irgend einer. Bei allen Unternehmungen leuchtet er mit Wahrheit, Treue und Glauben allen andern vor und ist von mannhafter Gesinnung und standhafter Seele. Hätte er nicht das weite Oberland bis an die Walliser Schneeberge zu Eurem Vorteil in Harnisch gebracht, so wäre zweifelsohne Euer Ruin schon längst vollendet gewesen; und statt des Schiedsspruches der katholischen Orte, der Euch Pardon gewährt, hätte der Scharfrichter von Luzern Eure und anderer Patrioten Köpfe vom Rumpfe getrennt.«

      »Überhebe Dich nicht, Hauptmann Renold, Du wirst davon kreuzlahm,« antwortete der Entlebucher. »Unsere zehn Ämter hatten die Fahnen erhoben und den Bund zu Wollhausen beschworen, ohne vom Leuenberg und den Bernern zu wissen, und ohne sie haben wir mit der Regierung Frieden geschlossen. Der Leuenberg ist mir übrigens ganz recht, wenn er nicht links sein will, und er wird vollauf Gelegenheit haben, zu zeigen, ob er mehr versteht, als den Karren bergab zu schieben.«

      Hier fiel ihm Addrich ins Wort, als er sah, daß sich Gideon die Stirn rieb und heftig zu werden schien. »Ihr Männer,« sagte er, »wenn ich nicht irre, seid Ihr alle in dies sonst unbesuchte Thal gekommen, nicht um Euch zu entzweien, sondern um Euch für die gemeine Wohlfahrt des unterdrückten Landes zu vereinigen. Meines Erachtens aber fanget Ihr mit dem Wörteln und Zanken am unrechten Orte an, und zäumet das Roß beim Schwanze auf. Seid Ihr aber nicht Willens, alles einträchtig mit einander zu heben und zu legen, so stehet von Eurem Vorhaben lieber sogleich ab, denn es soll nicht um taube Nüsse, sondern um Köpfe gespielt werden, unter denen auch die Eurigen sind. Steht nicht das Landvolk aus den gesamten Kantonen Mann für Mann zusammen wider die Gewalt der Städte, so geht alles verloren.«

      »Gut gesprochen, Addrich!« sagte Gideon. »Ein Schlag aller Orten zugleich geführt, bricht das Joch und entwaffnet die Städte! Wir müssen uns darauf gefaßt halten, daß es rauhe Stöße absetze, denn eher wird der Bär sein Fell, als das Patriziat seine Ehr- und Herrschsucht fahren lassen. Aber siehe da . . . ich glaube, der Leuenberg kommt in Begleitung eines andern.«

      Addrich ging den Neuankommenden vor das Haus entgegen und führte sie hinein. Alle Anwesenden standen grüßend von ihren Sitzen auf, boten den Fremden die Hand und betrachteten besonders den Leuenberg, der, schon damals ein vielbesprochener Mann, mit Gideon sogleich ein Gespräch anknüpfte. Es lag in seiner kräftigen Gestalt und Haltung etwas Gebieterisches und ein Ausdruck von Ernst, Festigkeit und Klugheit in seinem Gesichte, das sich durch ein Paar große, helle Augen unter schöngewölbten Augenbrauen, und eine starke, römisch-gebogene Nase auszeichnete. Er schien ein Mann in den Fünfzigen zu sein und einigen Wert auf sein Äußeres zu legen. Das schwarze Haupthaar und den Knebelbart trug er kurz geschoren, am Kinn nur ein Zwicklein. Ein schmaler, schneeweißer Halskragen lag über das feintuchene, schwarze Oberwamms, dessen Öffnungen an den Achseln, wo die Ärmel des Leibröckchens begannen, mit Samtstreifen und Fransen besetzt waren. Eine dichte Reihe gesponnener Knöpfe verzierte den Vorderteil des Wammses.

      »Liebwerte Herren und Freunde,« sagte Leuenberg, »erlaubet, daß ich Euch meinen Reisegefährten vorstelle. Es ist Herr Adam Zeltner, Untervogt von Buchsiten, ein treuer und eifriger Bundesgenosse, der uns das ganze Solothurner Gebiet zuführt. Ich hoffe, Ihr werdet ihm Euer Vertrauen nicht versagen.«

      Die Anwesenden boten dem Untervogt, der vielen Anstand in seinem Wesen zeigte, noch einmal und freundlicher die Hand zum Willkommen.

      »Nun aber,« fuhr Leuenburg fort, »stellt uns auch die Eurigen vor. Den tapfern Schybi von Eschlismatt und meinen Landsmann Gideon Renold kenne ich gar wohl, aber nennet mir den Namen dieses wackern Schweizermannes, den sein weißes Haar zum Oberälteren unter uns macht.«

      »Das ist Ulli Schad von Waldenburg im Baseler Gebiet,« sagte Gideon, »ein wegen seiner Klugheit und Erfahrung in dortiger Gegend wohl bekannter Mann.«

      »Ei, ei!« rief Leuenberg und schüttelte dabei des Greises Hand. »Vater Ulli, so lasset uns hören, wie die Dinge bei Euch stehen? Ich vernehme mit Leidwesen, daß Oberst Zörnli von Basel im Anzuge gegen Aargau sei und viel von Eurem Landvolke mit sich führe.«

      »Das mag sein,« antwortete Ulli, »aber verlasse Dich darauf, Herr Leuenberg, unsere Leute schießen im Berner Gebiete keinen Spatz tot. Keiner der Unsrigen will gegen seine Landsleute fechten, welche die gleiche Not von dem Drucke ihrer Obrigkeit leiden, wie wir. Bratteln, Muttenz und wenige СКАЧАТЬ