Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ ihrer Mutter. Doch kenne ich ihren Sitz in der Kirche und den Sonntagsspaziergang, den sie gewöhnlich mit ihre Mutter vor das Ulmentor macht. Auch habe ich schon ausgespürt, daß ein junger, hübscher Kerl, ein Gärtner, ihr den Hof macht. Er kann sie aber nicht heiraten, weil er ein armer Teufel ist, und das Mädchen hat auch nichts. Die Mutter ist Witwe eines an der Auszehrung gestorbenen Leinewebers.«

      »Wie heißt die Mutter?«

      »Witwe Bittner im Milchgäßchen, und ihre Tochter, schön wie eine Rose, heißt, was sie in der Tat ist, Röschen.«

      Dem guten Philipp wurde es bei diesem Namen kalt und warm. Er hätte die beste Lust gehabt, dem Erzähler die geballte Faust auf den Kopf zu geben. »Sind Sie des Teufels?« rief Philipp.

      »Gelt!« sagte der Holländer. »Ich habe schon gut gekundschaftet. Sie müssen das niedliche Ding erst sehen. Oder wie, mein Prinz, sollte Ihr Scharfblick schon die köstliche Perle entdeckt haben? Kennen Sie sie wirklich?«

      »Ich kenne sie allerdings.«

      »Desto besser. Habe ich zuviel gelobt? Stimmen Sie nicht bei? Die soll uns nicht entgehen. Wir wandern miteinander zur Mutter. Sie spielen den Menschenfreund. Die Armut der Witwe ist Ihnen bekannt geworden. Sie mögen keine Notleidende sehen. Sie erkundigen sich teilnehmend nach den Umständen der guten Frau, lassen ein Geschenk zurück, wiederholen die Besuche, fahren in Mildtätigkeit fort, werden mit Röschen bekannter. Das andere gibt sich. Der Gärtner-Lümmel ist halb beseitigt; der hilft vielleicht noch, wenn man ihm ein Dutzend harte Taler in die Hand drückt.«

      Philipp wußte vor Grimm nicht was sagen. »Der Donner soll dreinschlagen – –« rief er.

      »Wenn der Schlingel, der Gärtner, Umstände macht?« unterbrach ihn der Holländer: »O dafür lassen Sie mich sorgen. Königliche Hoheit, bekomm' ich durch Ihr Fürwort den Kammerherrnschlüssel, so gehört Ihnen das Mädchen. Den Gärtner stecke ich unter die Soldaten und schicke ihn zur Armee. Da kann er sich für das Vaterland schlagen. Unterdessen sind Sie Meister im Felde; denn das Mädchen hängt, glaube ich, doch mit bürgerlicher Steifheit dem Burschen etwas an. Es wird überhaupt nicht leicht sein, dem Mädchen die Vorurteile aus dem Kopf zu bringen, die es unter der bürgerlichen Canaille eingesogen hat. Ich will es aber schon in die Schule nehmen.«

      »Ich breche Ihnen den Hals dafür.«

      »Allzu gütig. Nur Ihre Verwendung beim König, und der Kammerherrnschlüssel ...«

      »Herr, ich wollte, ich könnte Sie auf der Stelle ...«

      »O sagen Sie mir keine Schmeicheleien, gnädigster Herr! Sie wissen, jeden Augenblick ist mir das Leben für Sie feil. Hätte ich geahnt, daß Ihnen das süße Geschöpf bekannt, daß es Ihnen nicht gleichgültig wäre, es läge längst schon in Ihren Armen.«

      »Kein Wort mehr davon!« rief Philipp grimmig, so grimmig er mit gedämpfter Stimme an diesem Orte und in der Nähe der tanzenden, lärmenden, schwärmenden und lauernden Masken rufen durfte, um sich nicht zu verraten. »Kein Wort mehr!«

      »Nein, Taten!« fiel der Holländer fröhlich ein. »Schon morgen sollen die Laufgraben gegen die Festung eröffnet werden. Dann rücken Sie vor, Sie sind gewohnt, zu siegen. Mit dem lauersamen Vorposten werden wir bald fertig. Den Gärtner nehme ich auf mich; das Mütterlein geht zu Ihren goldenen Fahnen über. Dann Sturmschritt!«

      Philipp konnte sich kaum mehr mäßigen. Er packte mit seiner Faust den Arm des Holländers und sagte: »Herr, wenn Sie sich unterstehen –«

      »Um Gottes willen, gnädigster Herr, mäßigen Sie sich in Ihrer Freude. Ich muß laut aufschreien. Sie zerquetschen mir den Arm.«

      »Wenn Sie sich unterstehen,« fuhr Philipp fort, »und stellen diesem unschuldigen Mädchen nach, so zerquetsche ich Ihnen, so wahr ich lebe, alle Knochen im Leibe.«

      »Gut, gut!« seufzte der Holländer in schmerzlicher Angst. »Geruhen Sie nur, mich loszulassen.«

      »Finde ich Sie jemals auf das Mädchen hinschielend, nur in der Nähe des Milchgäßchens, so sind Sie ein Kind des Todes von meiner Hand. Danach richten Sie sich.«

      Der Holländer stand ganz verblüfft da. »Königliche Hoheit,« sagten er zitternd, »ich konnte nicht wissen, daß Sie das herrliche Mädchen so ernsthaft liebten, wie es scheint.«

      »Sehr ernsthaft, das will ich vor der ganzen Welt gestehen.«

      »Und werden wieder geliebt?« »Was geht Sie das an? Reden Sie mir nie wieder davon. Denken Sie nie wieder an das Mädchen; Ihr Gedanke schon besudelt. – Nun wissen Sie meine Meinung. Packen Sie sich.«

      Mit diesen Worten wandte ihm Philipp den Rücken, und der Holländer ging, sich hinter den Ohren kratzend, davon.

      8.

       Inhaltsverzeichnis

      Unterdessen hatten auch Philipps Substitut, als Nachtwächter, auf den Straßen der Stadt seine Rolle gespielt. Es ist wohl nicht nötig, erst zu sagen, was jeder von selbst weiß, daß dies kein anderer als Prinz Julian war, der, des süßen Weines voll, auf den Einfall gekommen war, in die Nachtwächterei hineinzupfuschen. – Sobald er den Philipp verlassen hatte, rief und blies er von Straßenecke zu Straßenecke die Stunden nach Herzenslust, machte zu seinem Gesang allerlei komische Zusätze und bekümmerte sich wenig um das vorgeschriebene Revier, das er zu behüten und zu beblasen hatte.

      Indem er auf einen neuen Vers sann, ging seitwärts eine Haustür auf, ein wohlgekleidetes Mädchen trat hervor und winkte mit einem lockenden: Bst! bst! Dann zog es sich in die Dunkelheit des Hausgangs zurück.

      Der Prinz ließ seine Verse fahren und folgte der angenehmen Erscheinung. In der Finsternis ergriff ihn eine zarte Hand, und eine weiche Stimme lispelte: »Guten Abend, lieber Philipp! Sprich leise, daß uns niemand hört. Ich bin nur auf ein Augenblickchen von der Gesellschaft weggeschlichen, dich im Vorbeigehen zu grüßen. Bist du vergnügt?«

      »Wie ein Gott vergnügt, du Engel!« sagte Julian. »Wer könnte bei dir auch traurig sein?«

      »Philipp, ich habe dir etwas Gutes zu sagen. Du sollst morgen abend bei uns essen. Die Mutter hat es erlaubt. Kommst du auch?«

      »Alle Abend, alle Abend!« rief Julian, »und so lange du willst. Ich wollte, du könntest beständig bei mir sein, oder ich bei dir, bis an der Welt Ende. Das wäre ein Götterleben!«

      »Höre, Philipp, in einer halben Stunde bin ich bei der Gregorienkirche. Da erwarte ich dich. Du fehlst doch nicht? Laß mich nicht lange warten. Dann machen wir noch, einen Gang durch die Stadt. Nun geh, damit uns niemand überrascht.« Sie wollte gehen. Julian aber zog sie zurück in seinen Arm. »Willst du mich so kalt von dir scheiden lassen?« fragte er und drückte seinen Mund auf ihre Lippen.

      Röschen wußte nicht, was zu Philipps Keckheit sagen. Denn Philipp war immer so bescheiden und zärtlich gewesen, daß er höchstens einen Kuß auf ihre Hand gewagt hatte, ausgenommen einmal, da ihnen beiden die Mutter allen und jeden Umgang hatte verbieten wollen. Damals war von ihnen im Gefühl der höchsten Liebe und des höchsten Schmerzes der erste Kuß gewechselt worden; seitdem nie wieder. Röschen sträubte sich: aber der vermeinte Philipp war so ungestüm, daß man, um kein verräterisches Geräusch, zu machen, wohl das Sträuben aufgeben mußte. Sie СКАЧАТЬ