Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ halten zu Gnaden, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Der Kammerjunker des Herzogs – er ist mein alter Freund – vertraute mir diesen Augenblick, die Marschallin sei, vom Teufel geplagt, erst vor wenigen Minuten zum Herzog getreten und habe ihm gesagt: die Komödie im Haus des Bäckers hat Ihnen Prinz Julian gestiftet, der Ihnen seine Schwester nicht gönnte. Die Hexe, die Sie sahen, war ich selbst, als Abgeordnete der Prinzessin, um Zeugin Ihres Aberglaubens zu sein. Prinz Julian hat das Verzeichnis Ihrer Schulden, das Sie in die Gruft warfen, aus welcher Sie die Schätze heben sollten, sowie Ihren Revers gegen das Bäckermädchen, das Sie, nach der Vermählung mit der Prinzessin, als Mätresse zu sich nehmen, und adeln lassen wollten. Und der Geist, der Sie abprügelte, war Oberst Kalt, der Handlanger des Prinzen. Darum ging es mit Ihrer Vermählung dem Krebsgang. Machen Sie sich keine Hoffnung länger; Sie warten vergebens. – So hat die Marschallin dem Herzog gesagt und ist verschwunden.«

      Philipp schüttelte den Kopf und brummte: »Das sind mir auch saubere Geschichten! Solcher Streiche schämt man sich ja im gemeinsten Pöbel. Was Teufeleien und kein Ende!

      »Nein,« rief der Oberst, »Rasenderes, Pöbelhafteres kann man nicht tun als die Marschallin. Das Weib muß eine Furie sein. – Gnädigster Herr, retten Sie mich.«

      »Wo ist denn der Herzog?« fragte Philipp.

      »Der Kammerjunker sagte, er sei schnell aufgestanden und habe bloß gerufen: Ich gehe zum König! Denken Sie, Prinz, wenn der zum König geht und unsere Historie nach seiner Art malt.«

      »Ist denn der König hier?«

      »Allerdings. Er spielt im Nebenzimmer mit dem Erzbischof und dem Polizeiminister l'Hombre.«

      Philipp ging mit großen Schritten durch das Kabinett. Hier war guter Rat teuer.

      »Königliche Hoheit,« sagte der Neger, »retten Sie mich. Es gilt Ihre eigene Ehre. Es wird Ihnen leicht sein. Uebrigens bin ich auf alles gefaßt und beim ersten bösen Wind über die Grenze. Ich packe ein. Morgen erwarte ich Ihre letzten Befehle über mein Verhalten.« – Mit diesen Worten verschwand der Neger.

      6.

       Inhaltsverzeichnis

      »Es ist hohe Zeit, daß du wieder Nachtwächter wirst, Philipp!« dachte Philipp bei sich selber. »Du verwickelst dich und deinen Substitut in gottlose Händel, aus denen dich und ihn weder seine noch meine Klugheit rettet. – Das also wäre der Unterschied zwischen einem Nachtwächter und einem Prinzen? Dafür wend' ich keine Hand um. Lieber Himmel, wieviel tolle Dinge geschehen bei den Erdengöttern hier unterm Hofhimmel, wovon wir uns bei Nachtwächterhorn und Webstuhl, bei Spaten und Leisten nichts träumen lassen! Man bildet sich ein, die Götter führen ein Leben wie die Engel, ohne Sünde, ohne Sorgen. Saubere Wirtschaft! ich habe in einer Viertelstunde hier mehr Bübereien gutzumachen, als ich in meinem ganzen Leben begangen habe.«

      »So einsam, mein Prinz?« flüsterte hinter ihm eine Stimme: »Ich preise mich glücklich, Ihre königliche Hoheit einen Augenblick allein zu treffen.«

      Philipp sah sich um. Es war ein Bergknappe in Gold und Seiden und Juwelen. »Was wollen Sie?« fragte Philipp.

      »Nur einen Augenblick gnädigstes Gehör!« antwortete der Knappe. »Es ist dringend, das Resultat Ihnen vielleicht lieb.«

      »Wer sind Sie denn, Maske, wenn ich fragen darf?«

      »Graf Bodenlos, der Finanzminister, Ihrer königlichen Hoheit zu dienen!« versetzte der Knappe und lüpfte die Larve, um ein Gesicht zu zeigen, das mit den kleinen Augen und der großen kupferroten Nase eine neue Larve zu sein schien.

      »Nun, Herr Graf, was steht zu Befehl?« fragte Philipp weiter.

      »Darf ich freimütig reden? Ich ließ mich schon dreimal bei Ihrer königlichen Hoheit melden und genoß nicht die Gnade, vorgelassen zu werden. Und doch – Gott ist Zeuge! – nimmt am ganzen Hofe niemand an Ihrer königlichen Hoheit Wohl und Weh so lebhaften Anteil wie ich.«

      »Herr Graf, ich bin Ihnen verbunden!« versetzte Philipp. »Aber was wollen Sie! Machen Sie's kurz.«

      »Darf ich vom Handelshaus Abraham Levi reden?« fragte der Bergknappe.

      »Soviel Sie wollen.«

      »Es hat sich an mich wegen der fünfzigtausend Gulden gewendet, die Sie ihm schuldig geworden sind. Er droht, sich an den König zu wenden. Und Sie wissen, welches Wort Sie dem Könige gaben, als er Ihre letzten Schulden zu zahlen befahl?«

      »Können die Leute nicht warten?« fragte Philipp.

      »So wenig, wie die Gebrüder Goldschmidt warten wollen, die an Ihnen fünfundsiebzigtausend Gulden fordern.«

      »Mir gleich. Wenn die Menschen nicht warten wollen, so muß ich ...«

      »Keine verzweifelten Entschlüsse, gnädigster Herr! Ich bin imstande, alles wieder ins Geleis zu bringen, wenn ...«

      »Was denn, wenn?«

      »Wenn Sie mir Ihre Gnade schenken, wenn Sie mich nur einen Augenblick anzuhören geruhen. Ich hoffe, alle Ihre Schulden ohne Mühe zu decken. Das Haus Abraham Levi hat ungeheure Aufkäufe von Getreide veranstaltet, so daß dasselbe sehr im Preise gestiegen ist. Ein Verbot der Kornausfuhr gegen die benachbarten Staaten wird den Preis um das Doppelte und Dreifache in die Höhe schnellen. Dann gibt man dem Abraham Levi Lizenzen, und alles ist in der Ordnung. Das Haus streicht die Schulden, übernimmt für Sie die Zahlung der fünfundsiebenzigtausend Gulden, und ich überreiche Ihnen die Quittungen. Alles aber hängt von dem Umstande ab, daß ich noch einige Jahre an der Spitze der Finanzen bleibe. Gelingt es dem Baron Greifensack, mich aus dem Ministerium zu verdrängen, so bin ich ohnmächtig, für Sie zu handeln, wie es mein heißester Wunsch wäre. Es steht bei Ihrer königlichen Hoheit, daß Sie die Partei des Greifensack verlassen, und unser Spiel ist gewonnen. Für mich ist es einerlei, ob ich im Ministerium bleibe oder nicht. Ich sehne mich nach Ruhe. Aber es ist mir für Ihre königliche Hoheit nicht gleichgültig. Kann ich die Karten nicht nach Gefallen mischen, so habe ich verloren.«

      Philipp wußte eine Weile nicht, was auf den Antrag erwidern. Endlich, während der Finanzminister, auf Antwort wartend, eine Brillantdose hervorzog und eine Prise nahm, sagte Philipp: »Wenn ich Sie recht verstehe, Herr Graf, wollen Sie das Land ein wenig aushungern, um meine Schulden zu zahlen. Denken Sie auch, wieviel Elend Sie anrichten! Und wird es der König zugeben?«

      »Wenn ich an den Geschäften bleibe, so lassen Sie das meine Sache sein, gnädigster Herr. Sobald die Preise der Lebensmittel steigen, wird der König sogleich von selbst an eine Kornsperre denken und die Getreideausfuhr mit schweren Zöllen hemmen. Dann gibt man dem Haus Abraham Levi Ausfuhrbewilligungen für zehn Säcke, und es führt hundert aus. Nichts leichter als das. Allein, wie gesagt, kommt der Greifensack ans Ruder, wird daraus nichts. Ehe er sich ins Fach hineinstudiert, vergehen Jahre. So lange wird er aus Not den ehrlichen Mann spielen, um nachher den König und das Land desto ärger zu prellen. Er muß erst sein Terrain kennen. Es gibt keinen ärgeren Juden als den Greifensack. Sein Geiz ist stinkend.

      »Schöne Aussichten!« sagte Philipp. »Wie lange glauben Sie, muß ein Finanzminister auf seinem Posten stehen, ehe er die Schere an das Volk legen kann, um für sich und Unsereins etwas zu schneiden?«

      »Hm, wenn er Kopf hat, bringt er's in einem Jahre weit.«

      »So СКАЧАТЬ