Название: Das Amulett Staffel 2 – Liebesroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Das Amulett Staffel
isbn: 9783740919504
isbn:
Daniel wußte später nicht mehr zu sagen, ob er alles Folgende im Wachen oder Träumen erlebt hatte. Jene Mrs. Baker war an sein Bett getreten, so groß und üppig, daß es ihm einen Augenblick lang ganz bange geworden war. Aber als er dann in ihre lieben Augen blickte und die weiche liebevolle Stimme vernahm, schwand seine Angst. Sie hatte ihm gesagt, daß sie eine Granny sei, und da er niemals eine Großmutter kennengelernt hatte, konnte er es gar nicht glauben.
Aber jetzt hielt er das Amulett in den Händen, das sie ihm gegeben hatte, und er wußte, daß sie tatsächlich bei ihm gewesen war. Eine Granny! Sie war so lieb zu ihm gewesen, daß er für Minuten seinen Kummer um Tammy vergessen hatte.
»Du darfst es jetzt behalten«, hatte sie gesagt, während sie ihm das Amulett gab, das er wunderschön fand, »und wenn du dir etwas wünschst, wird es in Erfüllung gehen«, hatte sie mit geheimnisvoller Stimme hinzugefügt.
Er wußte genau, was er sich wünschen wollte. Daß Tammy wieder gesund würde und Mr. Larsen auch. Aber am meisten dachte er an Tammy, die so lieb zu ihm gewesen war, und die ihm wie eine Märchenprinzessin vorkam, so schön war sie. Er wünschte sich nur noch, daß sie immer bei ihm bleiben möge.
Er war ein kleiner Junge von sechs Jahren und ahnte nicht, daß dieses Amulett, das Mrs. Baker ihm geschenkt hatte, Zauberkräfte besaß. Schon oft hatte es sich in Situationen bewährt, die ausweglos schienen. Mrs. Baker hatte es erfahren wie viele andere vor ihr, daß dieses Amulett eine Macht besaß, die sich in den Händen eines guten Menschen als glücksbringend, bei einem schlechten, unwürdigen Besitzer aber unheilvoll entfaltete. Aus dem Orient kommend, hatte es seinen Weg über viele Länder genommen, da es seine Bestimmung war, seine jeweiligen Besitzer zu verlassen, sobald sie seine Macht erfahren hatten. Zuletzt hatte es Mrs. Baker, jener reichen alten Amerikanerin, und ihrer Familie Glück gebracht.
Aber Mrs. Baker war sich ihrer Pflicht bewußt. Man durfte das Amulett nicht behalten. Wenn man den Höhepunkt des Glücks erreicht hatte, sollte man es weitergeben.
Für Mrs. Baker hätte es nichts mehr zu wünschen gegeben. Doch dieser kleine Junge hatte ihr weiches Herz gerührt.
Und Daniel betrachtete nun andächtig das Amulett in seinen Händen. Ein herrlich schimmernder Opal, umgeben von sprühenden Diamanten. Er wußte nichts von dem materiellen Wert dieses Amulettes, aber er glaubte an das, was Mrs. Baker, die Granny, zu ihm gesagt hatte. Er durfte sich etwas wünschen, und es würde in Erfüllung gehen. Mit einem seligen Lächeln schlief Daniel ein.
*
»Dr. Melian, Herr Dr. Melian, bitte zur Information!« Noch ein paar andere Namen wurden aufgerufen, aber Fabian Melian hörte es nicht mehr.
Die Maschine aus New York war überfällig. Seit Stunden wartete er nun schon hier in der Halle auf ein Kind, das er zum letztenmal gesehen hatte, als es knapp ein Jahr alt war.
An jenem Tag hatte Grace ihm eröffnet, daß sie nach Amerika zurückkehren wollte, weil sie des Lebens an seiner Seite überdrüssig sei, dieses langweiligen unbefriedigenden Lebens.
Daß er ihr damals gestattet hatte, seinen Sohn mitzunehmen, war einer momentanen Kurzschlußreaktion zuzuschreiben. Er stand noch am Anfang seiner Karriere. Was sollte er da mit einem Baby, das noch nicht einmal laufen konnte?
Während Dr. Melian mechanisch dem Aufruf folgte und zum Informationsbüro ging, überstürzten sich seine Gedanken. Die Nachricht von Graces Tode hatte ihn nicht mehr treffen können. Seine Briefe hatte sie nie beantwortet. Seine Fragen nach seinem Sohn waren erfolglos geblieben. Er wußte, daß sie berühmt geworden war, viel Geld verdiente und auch ausgab. Er selbst hatte hart gearbeitet, bis er sich als Architekt einen Namen gemacht hatte. Aber die Liebe, die er einstmals für die junge schöne Grace empfunden hatte, war gestorben. Zeitweise hatte er sogar vergessen, daß er ein Kind hatte.
Von Frauen und von der Liebe glaubte er sich geheilt. Hätte ihm seine Schwester Stella nicht zugeredet, den Jungen zu sich zu nehmen, hätte er sich auch nicht zu diesem Entschluß durchgerungen.
Dr. Fabian Melian, groß, schlank, dunkelhaarig, mit klugen grauen Augen und jener Lässigkeit, die Frauen faszinierte, betrat nach kurzem Suchen das Büro.
Ein junges Mädchen in blauem Kostüm blickte auf. Ein älterer Angestellter, ebenfalls in blauer Uniform, nickte ernst, als er seinen Namen nannte.
»Der Herr Direktor möchte Sie sprechen«, sagte er leise.
Warum schauen sie nur so mitleidvoll, dachte Fabian und ging rasch auf die Tür zu, die ihm das Mädchen bereitwillig öffnete.
Eine halbe Stunde später verließ er das Büro wieder, ein ganz fatales Gefühl im Magen. Sehr vorsichtig, sehr verständnisvoll hatte man ihm mitgeteilt, daß die Maschine, mit der Daniel kommen sollte, abgestürzt sei, und daß der Junge das Unglück überlebt hätte.
Er konnte sich zunächst nicht konzentrieren. Er hatte für diesen Tag alle Termine abgesagt, Stellas Drängen nachgegeben, und wollte den Jungen selbst abholen. Ganz langsam hatte er sich an den Gedanken gewöhnt, daß ein kleiner Junge auf ihn zukommen würde, der »Vater« zu ihm sagte, und der für ihn fremd war, wie er für ihn.
Der Gedanke, daß dieses Kind nun allein in einem Krankenhaus irgendwo in Amerika lag, erschütterte ihn.
Drei Überlebende, dachte er, und darunter Daniel. Sicher hinterließ mancher von den Toten eine große Lücke im Leben eines anderen Menschen. Und hier…
*
Zwei Tage vergingen, ehe Daniel Tammy besuchen durfte. Obgleich sie verhältnismäßig glimpflich davongekommen war, hatte sie der Blutverlust so geschwächt, daß sie nur ganz langsam ins Bewußtsein zurückfinden konnte.
Auch ihr erster Gedanke hatte Daniel gegolten. Dann allerdings fiel ihr ein, daß nun ihre Karriere gefährdet war und damit ihre Existenz. Auf ihre bange Frage, wann sie aus dem Hospital entlassen werden könnte, hatte Dr. Wilkens, der die drei Verletzten aufopfernd betreute, nur mit einem Achselzucken geantwortet. Was nützte es, wenn er ihr falsche Hoffnungen machte? Mr. van Straaten hatte ihm bereits einen Besuch gemacht und ihm erklärt, was für Tammy auf dem Spiel stand.
Mr. van Straaten war zutiefst erschüttert. Die Unruhe, die ihn vor dem Abflug gequält hatte, war also doch begründet gewesen.
Er hatte aus den Zeitungsberichten wie viele andere erfahren, daß es sich um einen Sabotageakt handelte. Aber er kam nicht im entferntesten auf die Idee, die Bombenexplosion im Flugzeug mit Daniel in Verbindung zu bringen. Natürlich wurde viel geschrieben, auch Daniels Mutter wurde noch einmal von allen Seiten beleuchtet, wie das bei solchen Gelegenheiten üblich war. Von ihr wurde mehr geschrieben als von Tammy, die ja die Sprossen des Ruhms erst erklimmen wollte.
Jedenfalls konnten die Dreharbeiten nicht aufgeschoben werden. Man suchte bereits Ersatz für die junge Darstellerin. Es ging um das Geschäft. Sentimentalitäten konnte man sich in dieser Branche nicht leisten. Jeder Tag Verzögerung kostete eine Unmenge Geld.
Dies alles Tammy zu sagen, brachte er bei dem kurzen Besuch, den man ihm gestattet hatte, nicht fertig. Natürlich würde sie die Versicherungssumme ausbezahlt bekommen, aber das war für Tammy vorerst nur ein schwacher Trost.
»Wird man mich noch haben wollen?« war die bange Frage, die sie sich immer wieder stellte. Aber als dann Daniel zu ihr kam, trat sie vorübergehend in den Hintergrund.
»Ich СКАЧАТЬ