Название: Gesetz und Frau
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Ist es eine Uebereilung, zum Major Fitz-David zu gehen?« fragte ich.
»Wenn Sie allein gehen, ja; Sie können nicht wissen, was für ein Mann es ist, und wie Sie von ihm empfangen werden. Lassen Sie mich jetzt versuchen, Ihnen den Weg zu bahnen.«
Ich überlegte einen Augenblick. Dann faßte ich aber einen entscheidenden Entschluß. Ich wollte die ganze Verantwortung auf meine eigenen Schultern nehmen. Gut oder schlecht, theilnehmend oder grausam, der Major konnte sich immerhin gegen eine Frau nicht vergessen.
Es war nicht leicht, Benjamin dies mitzutheilen, weil es ihn kränken konnte. Ich bat deshalb den alten Mann, am andern Morgen zu mir in’s Hotel zu kommen, damit wir die Angelegenheit noch einmal durchsprächen. Ich muß aber zu meiner Schande gestehen, daß ich bereits mit mir einig war, vorher dem Major meinen Besuch abzustatten.
»Noch einmal, keine Uebereilung, mein Kind,« sagte Benjamin, mir die Hand drückend. »In Ihrem eigenen Interesse, keine Uebereilung.«
Als ich zu Hause kam, wartete Eustace bereits auf mich. Er schien bedeutend besserer Laune, als er bei unserem Scheiden gewesen. Er trat mir freundlich mit einem offenen Bogen Papier in der Hand entgegen.
»Mein Geschäft ist abgethan Valeria,« begann er heiter. »Kannst Du dasselbe von Deinen Einkäufen sagen?«
Ich hatte bereits seiner heiteren Laune mißtrauen gelernt und war deshalb vorsichtig geworden. »Ich bin mit Allem fertig,« entgegnete ich.
»Dann steht unserer Abreise nichts entgegen,« rief er, seinen Arm um meine Taille schlingend, und mir das Blatt Papier zum Lesen vor die Augen haltend. Es war ein Telegramm an den Steuermann der Yacht des Inhalts, daß wir diesen Abend nach Ramsgate zurückkehren und mit Eintritt der nächsten Fluth nach dem mittelländischen Meer absegeln wollten.
»Es thut mir leid, ich kann heute Abend nicht nach Ramsgate zurückgehen,« sagte ich.
»Und weshalb nicht?« fragte er, plötzlich seinen Ton ändernd.
Als er darauf einen Kuß aus meine Stirn drückte, machte er den Entschluß wankend in meiner Seele, zu Major Fitz-David zu gehen. Es bedurfte nur einer einzigen Liebkosung seinerseits, ihm mein Herz wieder ohne Rückhalt zuzuwenden. Als ich aber die Augen zu ihm emporwandte, bemerkte ich ein ungeduldiges Lauern in seinem Blick. Ich wurde sofort wieder eine Andere. Ich fühlte deutlich, daß ich nicht stillstehen dürfe sondern auf meinem Wege vorwärts schreiten müsse.
»Ich sagte Dir ja schon in Ramsgate daß ich noch einer Frist bedürfe, bis wir absegelten,« entgegnete ich ihm.
»Zu welchem Zweck?«
Nicht allein der Ton, sondern auch der Blick, indem er diese Frage an mich that, ließen jeden Nerv in mir erzittern. Die ganze nächste Vergangenheit kam mir wieder frisch ins Gedächtniß. Um aber nichts Uebereiltes zu sagen, schwieg ich lieber. Frauen allein können verstehen, was mich dieses Schweigen kostete, und Männer allein können verstehen, wie dieses Schweigen meinen Gatten irritiren mußte.
»Du brauchst Frist?« wiederholte er.
»Ich frage Dich noch einmal, zu welchem Zweck?«
Meine Selbstbeherrschung bis an die äußerste Grenze getrieben, verließ mich hier. »Ich bedarf der Frist,« sagte ich, »um mich an meinen wahren Namen zu gewöhnen.«
Er trat mit finsterem Blick auf mich zu.
»Was verstehst Du unter Deinem wahren Namen?«
»Das weißt Du ja,« antwortete ich.
»Erst dachte ich, daß ich Mrs. Woodville wäre, jetzt habe ich erfahren, daß ich Mrs. Macallan bin.«
Er schreckte vor seinem eigenen Namen zurück, als wenn ich ihn geschlagen hätte – er wurde so tödtlich bleich, daß ich glaubte, er werde ohnmächtig zu meinen Füßen sinken. – O, meine Zunge, meine Zunge! Weshalb hatte ich meine unglückselige Zunge nicht bemeistert?«
»Ich wollte Dich nicht verletzen, Eustace,« sagte ich. »Verzeihe mir.«
Er winkte ungeduldig mit der Hand, als wenn meine Worte glühende Käfer wären, die er verjagen wollte.
»Was hast Du noch mehr entdeckt?« fragte er mit leiser, ernster Stimme.
»Nichts, Eustace?«
»Nichts?« wiederholte er, indem er seine Hand vor die Stirn preßte, wie um einen Schmerz zu betäuben. »Natürlich nichts,« fügte er noch leiser, wie zu sich selbst sprechend, hinzu, »sonst würde sie ja nicht hier sein.« Er warf einen langen forschenden Blick auf mich.
»Sage das nie wieder, was Du soeben gesagt,« fuhr er dann fort. »Um Deinet- und meinetwillen, Valeria; nie ein Wort mehr darüber.«
Dann sank er in den nächsten Stuhl und sprach nicht mehr.
Ich hatte die Warnung vollständig gehört; aber die einzigen Worte, welche einen wirklichen Eindruck auf mich machten, waren die vorhergehenden, die er zu sich selbst gesprochen hatte: »Natürlich nichts, sonst würde sie ja nicht hier sein.«
Wenn ich also noch etwas Anderes, außer dem falschen Namen, entdeckt hätte, würde es mich verhindert haben, zu meinem Gatten zurückzukehren? Was konnte das Schreckliche sein, das uns auf immer geschieden hätte? Ich stand schweigend an seinem Stuhl und suchte vergebens die Antwort auf meine Fragen in seinem Antlitz. Sonst war es so beredt wenn es mir von Liebe sprach; jetzt sagte es mir Nichts.
Er saß einige Zeit, ohne mich anzublicken, und in tiefe Gedanken versunken.
Dann stand er plötzlich auf und nahm seinen Hut »Der Freund, der mir die Yacht lieh, befindet sich in London,« sagte er, »ich will zu ihm gehen und ihm sagen, daß wir unseren Plan geändert haben.« Er zerriß das Blatt mit einer Art dumpfer Resignation. »Du suchst keinen Aufschub, Du willst überhaupt nicht mit mir zur See gehen,« fügte er hinzu, »es ist also besser, wenn wir es aufgeben.«
»Bestimme darüber, wie Du willst, Eustace,« entgegnete ich traurig. »Jeder Weg durch meine Zukunft scheint mir ein- trostloser. So lange ich von Deinem Vertrauen ausgeschlossen bin, ist es ganz gleich, ob wir auf dem Lande oder der See leben; glücklich werden wir nirgends sein.«
»Wenn Du im Stande wärst, Deine Neugier zu mäßigen,« entgegnete er ernst, »könnten wir glücklich genug leben. Ich glaubte ein Weib geheirathet zu haben, das über den Schwachheiten seines Geschlechtes erhaben wäre. Eine gute Frau sollte etwas Besseres thun, als sich in die Angelegenheiten ihres Gatten drängen, die sie nichts angehen.«
Das war gewiß schwer zu ertragen, aber ich ertrug es.
»Es geht mich also nichts an,« fragte ich freundlich, »wenn ich entdecke, daß mein Gatte mich unter falschem Namen geheirathet? Es geht mich nichts an, wenn ich Deine Mutter sagen höre, daß sie mich bemitleidete? Es ist hart, mich der Neugier zeihen zu hören, weil ich die unerträgliche Stellung nicht annehmen kann, in die Du mich versetzest. Dein grausames Schweigen vergiftet unser Glück und trennt uns von einander, nachdem wir kaum angefangen haben, gemeinsam zu leben. Und dieser Gefühle wegen tadelst Du mich? Du sagst, ich dränge mich in Deine Angelegenheiten? Bedenke daß Deine Angelegenheiten auch die meinen sind. O, Eustace, weshalb läßt Du mich im Dunkeln?«
»Um Deines eigenen Besten willen,« antwortete er mit mitleidsloser Kürze.
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